nern Momenten diese Beharrlichkeit, dieses unerschütterliche Festhalten des Hergebrachten bei so verschiedenartigen Bevöl- kerungen beruhte. In den Niederlanden wiederholte es sich in den wallonischen Provinzen.
Und jetzt nahm nun das Papstthum wieder eine Stel- lung ein, in der es sich aller dieser Hinneigungen aufs neue bemächtigen, sie unauflöslich an sich knüpfen konnte. Obwohl es sich auch umgewandelt, so kam ihm doch der unschätzbare Vortheil zu Gute, die Aeußerlichkeiten der Vergangenheit, die Gewohnheit des Gehorsams für sich zu haben. Es war den Päpsten gelungen, in dem Concilium, das sie glücklich beendigt, ihre Autorität, deren Vermin- derung beabsichtigt war, sogar zu vermehren, und sich ei- nen verstärkten Einfluß auf die Landeskirchen zu verschaf- fen. Ueberdieß ließen sie von jener weltlichen Politik ab, durch die sie bisher Italien und Europa in Verwirrung gesetzt: vertrauensvoll und ohne Rückhalt schlossen sie sich an Spanien an, und erwiederten diesem die Hingebung, die es der römischen Kirche widmete. Das italienische Für- stenthum, der erweiterte Staat diente vor allem zu einer Beförderung kirchlicher Unternehmungen: der gesammten ka- tholischen Kirche kam eine Zeitlang der Ueberschuß seiner Verwaltung zu Gute.
Dergestalt stark in sich selbst, gewaltig durch mäch- tige Anhänger und eine mit ihnen verbündete Idee, gin- gen die Päpste von der Vertheidigung, mit der sie sich bis- her begnügen müssen, zum Angriff über: einem Angriff, dessen Gang und Erfolge zu beobachten der vornehmste Ge- genstand dieser Arbeit ist.
Streitkraͤfte des Papſtthums.
nern Momenten dieſe Beharrlichkeit, dieſes unerſchuͤtterliche Feſthalten des Hergebrachten bei ſo verſchiedenartigen Bevoͤl- kerungen beruhte. In den Niederlanden wiederholte es ſich in den walloniſchen Provinzen.
Und jetzt nahm nun das Papſtthum wieder eine Stel- lung ein, in der es ſich aller dieſer Hinneigungen aufs neue bemaͤchtigen, ſie unaufloͤslich an ſich knuͤpfen konnte. Obwohl es ſich auch umgewandelt, ſo kam ihm doch der unſchaͤtzbare Vortheil zu Gute, die Aeußerlichkeiten der Vergangenheit, die Gewohnheit des Gehorſams fuͤr ſich zu haben. Es war den Paͤpſten gelungen, in dem Concilium, das ſie gluͤcklich beendigt, ihre Autoritaͤt, deren Vermin- derung beabſichtigt war, ſogar zu vermehren, und ſich ei- nen verſtaͤrkten Einfluß auf die Landeskirchen zu verſchaf- fen. Ueberdieß ließen ſie von jener weltlichen Politik ab, durch die ſie bisher Italien und Europa in Verwirrung geſetzt: vertrauensvoll und ohne Ruͤckhalt ſchloſſen ſie ſich an Spanien an, und erwiederten dieſem die Hingebung, die es der roͤmiſchen Kirche widmete. Das italieniſche Fuͤr- ſtenthum, der erweiterte Staat diente vor allem zu einer Befoͤrderung kirchlicher Unternehmungen: der geſammten ka- tholiſchen Kirche kam eine Zeitlang der Ueberſchuß ſeiner Verwaltung zu Gute.
Dergeſtalt ſtark in ſich ſelbſt, gewaltig durch maͤch- tige Anhaͤnger und eine mit ihnen verbuͤndete Idee, gin- gen die Paͤpſte von der Vertheidigung, mit der ſie ſich bis- her begnuͤgen muͤſſen, zum Angriff uͤber: einem Angriff, deſſen Gang und Erfolge zu beobachten der vornehmſte Ge- genſtand dieſer Arbeit iſt.
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Streitkraͤfte des Papſtthums.
nern Momenten dieſe Beharrlichkeit, dieſes unerſchuͤtterliche
Feſthalten des Hergebrachten bei ſo verſchiedenartigen Bevoͤl-
kerungen beruhte. In den Niederlanden wiederholte es ſich
in den walloniſchen Provinzen.
Und jetzt nahm nun das Papſtthum wieder eine Stel-
lung ein, in der es ſich aller dieſer Hinneigungen aufs
neue bemaͤchtigen, ſie unaufloͤslich an ſich knuͤpfen konnte.
Obwohl es ſich auch umgewandelt, ſo kam ihm doch der
unſchaͤtzbare Vortheil zu Gute, die Aeußerlichkeiten der
Vergangenheit, die Gewohnheit des Gehorſams fuͤr ſich zu
haben. Es war den Paͤpſten gelungen, in dem Concilium,
das ſie gluͤcklich beendigt, ihre Autoritaͤt, deren Vermin-
derung beabſichtigt war, ſogar zu vermehren, und ſich ei-
nen verſtaͤrkten Einfluß auf die Landeskirchen zu verſchaf-
fen. Ueberdieß ließen ſie von jener weltlichen Politik ab,
durch die ſie bisher Italien und Europa in Verwirrung
geſetzt: vertrauensvoll und ohne Ruͤckhalt ſchloſſen ſie ſich
an Spanien an, und erwiederten dieſem die Hingebung, die
es der roͤmiſchen Kirche widmete. Das italieniſche Fuͤr-
ſtenthum, der erweiterte Staat diente vor allem zu einer
Befoͤrderung kirchlicher Unternehmungen: der geſammten ka-
tholiſchen Kirche kam eine Zeitlang der Ueberſchuß ſeiner
Verwaltung zu Gute.
Dergeſtalt ſtark in ſich ſelbſt, gewaltig durch maͤch-
tige Anhaͤnger und eine mit ihnen verbuͤndete Idee, gin-
gen die Paͤpſte von der Vertheidigung, mit der ſie ſich bis-
her begnuͤgen muͤſſen, zum Angriff uͤber: einem Angriff,
deſſen Gang und Erfolge zu beobachten der vornehmſte Ge-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/35>, abgerufen am 02.02.2025.
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