Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch VI. Innere Streitigkeiten. nuar 1607 zuerst zur Berathung kam, ward sie zwar imCollegium nicht geradezu, aber im Senate verworfen 1). Den Franzosen, die dem Papst ihr Wort gegeben, gelang es, sie im Merz noch einmal in Vorschlag zu bringen. Von den vier Opponenten im Collegium trat dann wenig- stens einer zurück: nachdem die Gründe für und wider in dem Senate zum zweiten Mal durchgesprochen worden, kam es zwar auch dießmal nicht zu förmlicher und ausdrück- licher Suspension: aber man faßte einen Beschluß, in wel- chem man sagte, "die Republik werde sich mit gewohnter Frömmigkeit betragen." So dunkel diese Worte auch lau- teten, so meinten doch der Gesandte und der Papst die Er- füllung ihres Wunsches darin zu erblicken. Auch der Papst suspendirte dann seine Censuren. Sogleich aber erhob sich eine andere, sehr unerwar- 1) Ger. Priuli: Cronica Veneta 20 Zener 1606 (1607): Dopo
lunga disputa di otto giorni e varie pendentie di giudicio deli- bero il senato rispondere agli ambasciatori di Francia e di Spa- gna che il devenir a qualsivoglia forma di sospensione non si puo accomodar la republica, essendo cosa di perpetuo pregiudi- cio: il che fu proposto da S. Bembo et Al. Zorzi savj del con- silio et A. Mula et S. Venier savj della terra ferma. Andere sind für eine gemäßigtere Auskunft. Auch ist es nicht unwahrschein- lich daß sie durchdringen. Jedoch es läuft die Nachricht ein, daß man von spanischen Waffen auch wegen der Irrungen in Neapel nichts zu befürchten habe. E fu percio preso la total negativa di sospensione. Mit 99 gegen 78, also einer Majorität von 21 Stim- men. -- Am 9. Merz jedoch ist Bembo von jenem Antrag selbst zu- rückgetreten. Es wird am 14 Merz dem Widerspruche des Zorzi, Mula und Venier zum Trotz die mildere Auskunft beliebt. Buch VI. Innere Streitigkeiten. nuar 1607 zuerſt zur Berathung kam, ward ſie zwar imCollegium nicht geradezu, aber im Senate verworfen 1). Den Franzoſen, die dem Papſt ihr Wort gegeben, gelang es, ſie im Merz noch einmal in Vorſchlag zu bringen. Von den vier Opponenten im Collegium trat dann wenig- ſtens einer zuruͤck: nachdem die Gruͤnde fuͤr und wider in dem Senate zum zweiten Mal durchgeſprochen worden, kam es zwar auch dießmal nicht zu foͤrmlicher und ausdruͤck- licher Suspenſion: aber man faßte einen Beſchluß, in wel- chem man ſagte, „die Republik werde ſich mit gewohnter Froͤmmigkeit betragen.“ So dunkel dieſe Worte auch lau- teten, ſo meinten doch der Geſandte und der Papſt die Er- fuͤllung ihres Wunſches darin zu erblicken. Auch der Papſt ſuspendirte dann ſeine Cenſuren. Sogleich aber erhob ſich eine andere, ſehr unerwar- 1) Ger. Priuli: Cronica Veneta 20 Zener 1606 (1607): Dopo
lunga disputa di otto giorni e varie pendentie di giudicio deli- berò il senato rispondere agli ambasciatori di Francia e di Spa- gna che il devenir a qualsivoglia forma di sospensione non si può accomodar la republica, essendo cosa di perpetuo pregiudi- cio: il che fu proposto da S. Bembo et Al. Zorzi savj del con- silio et A. Mula et S. Venier savj della terra ferma. Andere ſind fuͤr eine gemaͤßigtere Auskunft. Auch iſt es nicht unwahrſchein- lich daß ſie durchdringen. Jedoch es laͤuft die Nachricht ein, daß man von ſpaniſchen Waffen auch wegen der Irrungen in Neapel nichts zu befuͤrchten habe. E fu perciò preso la total negativa di sospensione. Mit 99 gegen 78, alſo einer Majoritaͤt von 21 Stim- men. — Am 9. Merz jedoch iſt Bembo von jenem Antrag ſelbſt zu- ruͤckgetreten. Es wird am 14 Merz dem Widerſpruche des Zorzi, Mula und Venier zum Trotz die mildere Auskunft beliebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0360" n="348"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw><lb/> nuar 1607 zuerſt zur Berathung kam, ward ſie zwar im<lb/> Collegium nicht geradezu, aber im Senate verworfen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Ger. Priuli: Cronica Veneta 20 Zener 1606 (1607): Dopo<lb/> lunga disputa di otto giorni e varie pendentie di giudicio deli-<lb/> berò il senato rispondere agli ambasciatori di Francia e di Spa-<lb/> gna che il devenir a qualsivoglia forma di sospensione non si<lb/> può accomodar la republica, essendo cosa di perpetuo pregiudi-<lb/> cio: il che fu proposto da S. Bembo et Al. Zorzi savj del con-<lb/> silio et A. Mula et S. Venier savj della terra ferma.</hi> Andere<lb/> ſind fuͤr eine gemaͤßigtere Auskunft. Auch iſt es nicht unwahrſchein-<lb/> lich daß ſie durchdringen. Jedoch es laͤuft die Nachricht ein, daß<lb/> man von ſpaniſchen Waffen auch wegen der Irrungen in Neapel<lb/> nichts zu befuͤrchten habe. <hi rendition="#aq">E fu perciò preso la total negativa di<lb/> sospensione.</hi> Mit 99 gegen 78, alſo einer Majoritaͤt von 21 Stim-<lb/> men. — Am 9. Merz jedoch iſt Bembo von jenem Antrag ſelbſt zu-<lb/> ruͤckgetreten. Es wird am 14 Merz dem Widerſpruche des Zorzi,<lb/> Mula und Venier zum Trotz die mildere Auskunft beliebt.</note>.<lb/> Den Franzoſen, die dem Papſt ihr Wort gegeben, gelang<lb/> es, ſie im Merz noch einmal in Vorſchlag zu bringen.<lb/> Von den vier Opponenten im Collegium trat dann wenig-<lb/> ſtens einer zuruͤck: nachdem die Gruͤnde fuͤr und wider in<lb/> dem Senate zum zweiten Mal durchgeſprochen worden, kam<lb/> es zwar auch dießmal nicht zu foͤrmlicher und ausdruͤck-<lb/> licher Suspenſion: aber man faßte einen Beſchluß, in wel-<lb/> chem man ſagte, „die Republik werde ſich mit gewohnter<lb/> Froͤmmigkeit betragen.“ So dunkel dieſe Worte auch lau-<lb/> teten, ſo meinten doch der Geſandte und der Papſt die Er-<lb/> fuͤllung ihres Wunſches darin zu erblicken. Auch der Papſt<lb/> ſuspendirte dann ſeine Cenſuren.</p><lb/> <p>Sogleich aber erhob ſich eine andere, ſehr unerwar-<lb/> tete Schwierigkeit. Die Venezianer weigerten ſich die Je-<lb/> ſuiten, die nach ihrer Entfernung durch ein feierliches De-<lb/> cret ausgeſchloſſen worden, wieder aufzunehmen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0360]
Buch VI. Innere Streitigkeiten.
nuar 1607 zuerſt zur Berathung kam, ward ſie zwar im
Collegium nicht geradezu, aber im Senate verworfen 1).
Den Franzoſen, die dem Papſt ihr Wort gegeben, gelang
es, ſie im Merz noch einmal in Vorſchlag zu bringen.
Von den vier Opponenten im Collegium trat dann wenig-
ſtens einer zuruͤck: nachdem die Gruͤnde fuͤr und wider in
dem Senate zum zweiten Mal durchgeſprochen worden, kam
es zwar auch dießmal nicht zu foͤrmlicher und ausdruͤck-
licher Suspenſion: aber man faßte einen Beſchluß, in wel-
chem man ſagte, „die Republik werde ſich mit gewohnter
Froͤmmigkeit betragen.“ So dunkel dieſe Worte auch lau-
teten, ſo meinten doch der Geſandte und der Papſt die Er-
fuͤllung ihres Wunſches darin zu erblicken. Auch der Papſt
ſuspendirte dann ſeine Cenſuren.
Sogleich aber erhob ſich eine andere, ſehr unerwar-
tete Schwierigkeit. Die Venezianer weigerten ſich die Je-
ſuiten, die nach ihrer Entfernung durch ein feierliches De-
cret ausgeſchloſſen worden, wieder aufzunehmen.
1) Ger. Priuli: Cronica Veneta 20 Zener 1606 (1607): Dopo
lunga disputa di otto giorni e varie pendentie di giudicio deli-
berò il senato rispondere agli ambasciatori di Francia e di Spa-
gna che il devenir a qualsivoglia forma di sospensione non si
può accomodar la republica, essendo cosa di perpetuo pregiudi-
cio: il che fu proposto da S. Bembo et Al. Zorzi savj del con-
silio et A. Mula et S. Venier savj della terra ferma. Andere
ſind fuͤr eine gemaͤßigtere Auskunft. Auch iſt es nicht unwahrſchein-
lich daß ſie durchdringen. Jedoch es laͤuft die Nachricht ein, daß
man von ſpaniſchen Waffen auch wegen der Irrungen in Neapel
nichts zu befuͤrchten habe. E fu perciò preso la total negativa di
sospensione. Mit 99 gegen 78, alſo einer Majoritaͤt von 21 Stim-
men. — Am 9. Merz jedoch iſt Bembo von jenem Antrag ſelbſt zu-
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