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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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der katholischen Restauration. Schweden.
die Behauptung der wahren Religion "gegen die Absich-
ten und Ränke der Jesuiten" an; 1595 ward auf dem
Reichstag von Südercöping ein Beschluß gefaßt, daß alle
Uebung des katholischen Ritus, wo ihn der König etwa
eingerichtet hatte, wieder abgeschafft werden sollte. "Ein-
müthig heißen wir gut", sagen die Stände, "daß alle Sec-
tirer, die der evangelischen Religion zuwider sind und ih-
ren Sitz im Lande aufgeschlagen haben, binnen 6 Wochen
aus dem ganzen Reiche entfernt werden" 1): und auf das
strengste wurden diese Beschlüsse ausgeführt. Das Kloster
Wadstena, das seit 211 Jahren bestanden und sich in der
Mitte so vieler Bewegungen noch immer erhalten, ward
nunmehr aufgelöst und zerstört. Angermannus hielt eine
Kirchenvisitation die ihres Gleichen nicht gehabt. Wer die
evangelische Kirche versäumte, ward mit Ruthen gepeischt:
der Erzbischof führte einige starke Schüler mit sich, welche
die Züchtigung unter seiner Aufsicht vollzogen: die Altäre
der Heiligen wurden zerstört, ihre Reliquien zerstreut, die
Ceremonien, welche man noch 1593 für gleichgültig er-
klärte, im Jahre 1597 an vielen Orten abgeschafft.

Das Verhältniß zwischen Siegmund und Carl gab
nun dieser Bewegung eine persönliche Gestalt.

Alles, was man that, lief dem wohlbekannten Willen
den Anordnungen des Königs entgegen: in allem hatte Her-
zog Carl einen überwiegenden Einfluß. Wider den aus-
drücklichen Befehl Siegmunds hielt der Herzog die Reichs-
tage: jeden Eingriff desselben in die Landesangelegenheiten
suchte er zu entfernen, er ließ einen Beschluß fassen, kraft

1) Acta ecclesiae in conventu Sudercop. bei Baaz 567.

der katholiſchen Reſtauration. Schweden.
die Behauptung der wahren Religion „gegen die Abſich-
ten und Raͤnke der Jeſuiten“ an; 1595 ward auf dem
Reichstag von Suͤdercoͤping ein Beſchluß gefaßt, daß alle
Uebung des katholiſchen Ritus, wo ihn der Koͤnig etwa
eingerichtet hatte, wieder abgeſchafft werden ſollte. „Ein-
muͤthig heißen wir gut“, ſagen die Staͤnde, „daß alle Sec-
tirer, die der evangeliſchen Religion zuwider ſind und ih-
ren Sitz im Lande aufgeſchlagen haben, binnen 6 Wochen
aus dem ganzen Reiche entfernt werden“ 1): und auf das
ſtrengſte wurden dieſe Beſchluͤſſe ausgefuͤhrt. Das Kloſter
Wadſtena, das ſeit 211 Jahren beſtanden und ſich in der
Mitte ſo vieler Bewegungen noch immer erhalten, ward
nunmehr aufgeloͤſt und zerſtoͤrt. Angermannus hielt eine
Kirchenviſitation die ihres Gleichen nicht gehabt. Wer die
evangeliſche Kirche verſaͤumte, ward mit Ruthen gepeiſcht:
der Erzbiſchof fuͤhrte einige ſtarke Schuͤler mit ſich, welche
die Zuͤchtigung unter ſeiner Aufſicht vollzogen: die Altaͤre
der Heiligen wurden zerſtoͤrt, ihre Reliquien zerſtreut, die
Ceremonien, welche man noch 1593 fuͤr gleichguͤltig er-
klaͤrte, im Jahre 1597 an vielen Orten abgeſchafft.

Das Verhaͤltniß zwiſchen Siegmund und Carl gab
nun dieſer Bewegung eine perſoͤnliche Geſtalt.

Alles, was man that, lief dem wohlbekannten Willen
den Anordnungen des Koͤnigs entgegen: in allem hatte Her-
zog Carl einen uͤberwiegenden Einfluß. Wider den aus-
druͤcklichen Befehl Siegmunds hielt der Herzog die Reichs-
tage: jeden Eingriff deſſelben in die Landesangelegenheiten
ſuchte er zu entfernen, er ließ einen Beſchluß faſſen, kraft

1) Acta ecclesiae in conventu Sudercop. bei Baaz 567.
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[383/0395] der katholiſchen Reſtauration. Schweden. die Behauptung der wahren Religion „gegen die Abſich- ten und Raͤnke der Jeſuiten“ an; 1595 ward auf dem Reichstag von Suͤdercoͤping ein Beſchluß gefaßt, daß alle Uebung des katholiſchen Ritus, wo ihn der Koͤnig etwa eingerichtet hatte, wieder abgeſchafft werden ſollte. „Ein- muͤthig heißen wir gut“, ſagen die Staͤnde, „daß alle Sec- tirer, die der evangeliſchen Religion zuwider ſind und ih- ren Sitz im Lande aufgeſchlagen haben, binnen 6 Wochen aus dem ganzen Reiche entfernt werden“ 1): und auf das ſtrengſte wurden dieſe Beſchluͤſſe ausgefuͤhrt. Das Kloſter Wadſtena, das ſeit 211 Jahren beſtanden und ſich in der Mitte ſo vieler Bewegungen noch immer erhalten, ward nunmehr aufgeloͤſt und zerſtoͤrt. Angermannus hielt eine Kirchenviſitation die ihres Gleichen nicht gehabt. Wer die evangeliſche Kirche verſaͤumte, ward mit Ruthen gepeiſcht: der Erzbiſchof fuͤhrte einige ſtarke Schuͤler mit ſich, welche die Zuͤchtigung unter ſeiner Aufſicht vollzogen: die Altaͤre der Heiligen wurden zerſtoͤrt, ihre Reliquien zerſtreut, die Ceremonien, welche man noch 1593 fuͤr gleichguͤltig er- klaͤrte, im Jahre 1597 an vielen Orten abgeſchafft. Das Verhaͤltniß zwiſchen Siegmund und Carl gab nun dieſer Bewegung eine perſoͤnliche Geſtalt. Alles, was man that, lief dem wohlbekannten Willen den Anordnungen des Koͤnigs entgegen: in allem hatte Her- zog Carl einen uͤberwiegenden Einfluß. Wider den aus- druͤcklichen Befehl Siegmunds hielt der Herzog die Reichs- tage: jeden Eingriff deſſelben in die Landesangelegenheiten ſuchte er zu entfernen, er ließ einen Beſchluß faſſen, kraft 1) Acta ecclesiae in conventu Sudercop. bei Baaz 567.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/395>, abgerufen am 21.11.2024.