Von Wien zunächst über die östreichischen Länder. Ferdinand I. brachte sie bereits im Jahre 1556 nach Prag, und gründete ihnen daselbst ein Pädagogium, vorzüglich für die adliche Jugend. Er schickte selbst seine Pagen dahin, und wenigstens bei dem katholisch gesinnten Theile des böhmi- schen Adels, den Rosenberg und Lobkowitz, fand der Or- den Wohlwollen und Unterstützung. -- Einer der bedeu- tendsten Männer in Ungarn war damals Nicolaus Olahus, Erzbischof von Gran. Sein Name bezeichnet, daß er ein Wlache von Herkunft ist. Sein Vater Stoia hatte ihn in dem Schrecken über die Ermordung eines Woiwoden aus seinem Hause der Kirche gewidmet; und auf das glück- lichste war er bei dieser Bestimmung gediehen. Schon unter den letzten einheimischen Königen bekleidete er die wichtige Stelle eines Geheimschreibers: seitdem war er im Dienste der östreichischen Partei noch höher gestiegen. Bei dem all- gemeinen Verfall des Katholicismus in Ungarn sah er die einzige Hoffnung, ihn zu behaupten, in dem gemeinen Volke, das noch nicht völlig abgefallen war. Nur fehlte es auch hier an katholisch gesinnten Lehrern. Um diese zu bilden, stiftete er im Jahre 1561 ein Collegium der Je- suiten in Tyrnau: er gab ihnen eine Pension aus seinen Einkünften: Kaiser Ferdinand schenkte eine Abtei dazu. Als die Jesuiten ankamen, war eben eine Versammlung des Clerus der Diöces veranstaltet; ihre erste Thätigkeit be- stand in dem Versuch, diese ungarischen Priester und Pfar- rer von den heterodoxen Lehren zurückzubringen, zu de- nen sie sich hinneigten. -- Und schon rief man sie auch nach Mähren. Wilhelm Prussinowski, Bischof von Ol-
Buch V. Gegenreformationen.
Von Wien zunaͤchſt uͤber die oͤſtreichiſchen Laͤnder. Ferdinand I. brachte ſie bereits im Jahre 1556 nach Prag, und gruͤndete ihnen daſelbſt ein Paͤdagogium, vorzuͤglich fuͤr die adliche Jugend. Er ſchickte ſelbſt ſeine Pagen dahin, und wenigſtens bei dem katholiſch geſinnten Theile des boͤhmi- ſchen Adels, den Roſenberg und Lobkowitz, fand der Or- den Wohlwollen und Unterſtuͤtzung. — Einer der bedeu- tendſten Maͤnner in Ungarn war damals Nicolaus Olahus, Erzbiſchof von Gran. Sein Name bezeichnet, daß er ein Wlache von Herkunft iſt. Sein Vater Stoia hatte ihn in dem Schrecken uͤber die Ermordung eines Woiwoden aus ſeinem Hauſe der Kirche gewidmet; und auf das gluͤck- lichſte war er bei dieſer Beſtimmung gediehen. Schon unter den letzten einheimiſchen Koͤnigen bekleidete er die wichtige Stelle eines Geheimſchreibers: ſeitdem war er im Dienſte der oͤſtreichiſchen Partei noch hoͤher geſtiegen. Bei dem all- gemeinen Verfall des Katholicismus in Ungarn ſah er die einzige Hoffnung, ihn zu behaupten, in dem gemeinen Volke, das noch nicht voͤllig abgefallen war. Nur fehlte es auch hier an katholiſch geſinnten Lehrern. Um dieſe zu bilden, ſtiftete er im Jahre 1561 ein Collegium der Je- ſuiten in Tyrnau: er gab ihnen eine Penſion aus ſeinen Einkuͤnften: Kaiſer Ferdinand ſchenkte eine Abtei dazu. Als die Jeſuiten ankamen, war eben eine Verſammlung des Clerus der Dioͤces veranſtaltet; ihre erſte Thaͤtigkeit be- ſtand in dem Verſuch, dieſe ungariſchen Prieſter und Pfar- rer von den heterodoxen Lehren zuruͤckzubringen, zu de- nen ſie ſich hinneigten. — Und ſchon rief man ſie auch nach Maͤhren. Wilhelm Pruſſinowski, Biſchof von Ol-
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Buch V. Gegenreformationen.
Von Wien zunaͤchſt uͤber die oͤſtreichiſchen Laͤnder.
Ferdinand I. brachte ſie bereits im Jahre 1556 nach Prag,
und gruͤndete ihnen daſelbſt ein Paͤdagogium, vorzuͤglich fuͤr
die adliche Jugend. Er ſchickte ſelbſt ſeine Pagen dahin, und
wenigſtens bei dem katholiſch geſinnten Theile des boͤhmi-
ſchen Adels, den Roſenberg und Lobkowitz, fand der Or-
den Wohlwollen und Unterſtuͤtzung. — Einer der bedeu-
tendſten Maͤnner in Ungarn war damals Nicolaus Olahus,
Erzbiſchof von Gran. Sein Name bezeichnet, daß er ein
Wlache von Herkunft iſt. Sein Vater Stoia hatte ihn
in dem Schrecken uͤber die Ermordung eines Woiwoden
aus ſeinem Hauſe der Kirche gewidmet; und auf das gluͤck-
lichſte war er bei dieſer Beſtimmung gediehen. Schon unter
den letzten einheimiſchen Koͤnigen bekleidete er die wichtige
Stelle eines Geheimſchreibers: ſeitdem war er im Dienſte
der oͤſtreichiſchen Partei noch hoͤher geſtiegen. Bei dem all-
gemeinen Verfall des Katholicismus in Ungarn ſah er die
einzige Hoffnung, ihn zu behaupten, in dem gemeinen
Volke, das noch nicht voͤllig abgefallen war. Nur fehlte
es auch hier an katholiſch geſinnten Lehrern. Um dieſe zu
bilden, ſtiftete er im Jahre 1561 ein Collegium der Je-
ſuiten in Tyrnau: er gab ihnen eine Penſion aus ſeinen
Einkuͤnften: Kaiſer Ferdinand ſchenkte eine Abtei dazu. Als
die Jeſuiten ankamen, war eben eine Verſammlung des
Clerus der Dioͤces veranſtaltet; ihre erſte Thaͤtigkeit be-
ſtand in dem Verſuch, dieſe ungariſchen Prieſter und Pfar-
rer von den heterodoxen Lehren zuruͤckzubringen, zu de-
nen ſie ſich hinneigten. — Und ſchon rief man ſie auch
nach Maͤhren. Wilhelm Pruſſinowski, Biſchof von Ol-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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