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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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der katholischen Restauration. Deutschland.
nicht allein den Magnaten, sondern auch den Städten, al-
len Ständen, ja selbst den Soldaten an den Grenzen auf
das feierlichste zugesichert 1). Nicht eher leisteten die Oest-
reicher die Huldigung als bis auch ihnen das Exercitium
Religionis in Schlössern und Dörfern, so wie in den Pri-
vathäusern der Städte freigegeben worden.

Was den Oestreichern und Ungarn der Angriff, ver-
schaffte den Böhmen die Vertheidigung. Gleich anfangs
hatte sich Rudolf zu großen Zugeständnissen bequemen müs-
sen, nur um seinem Bruder noch einigermaßen zu wider-
stehn: nachdem Ungarn und Oestreicher durch diesen zu so
großen Freiheiten gelangt, konnte auch er, was auch im-
mer der päpstliche Nuntius, der spanische Gesandte dazu
sagen mochten, den Böhmen ihre Forderungen nicht verwei-
gern. Er gewährte ihnen den Majestätsbrief, der nicht
allein die alten Concessionen wiederholte, die Maximilian II.
gegeben, sondern ihnen auch eine eigene Behörde zu deren
Vertheidigung zu gründen gestattete.

Wie so ganz anders standen nun plötzlich die deut-
schen, die erbländischen Angelegenheiten. Die Union breitete
sich in Deutschland aus, und wachte über jeden Angriff
des Katholicismus, den sie gewaltig zurücktrieb. Ihre al-
ten Ansprüche hatten die Stände der östreichischen Pro-
vinzen zu einer wohlgegründeten verfassungsmäßigen Ge-
walt ausgebildet. Es war dabei ein nicht unbedeutender
Unterschied. Im Reiche hatte der Katholicismus die Ter-
ritorien der katholischen Fürsten wieder erfüllt: erst als er
weiter ging, in die Reichssachen gewaltiger eingriff, die

1) Der Artikel steht bei Ribiny I, 358.
Päpste* 27

der katholiſchen Reſtauration. Deutſchland.
nicht allein den Magnaten, ſondern auch den Staͤdten, al-
len Staͤnden, ja ſelbſt den Soldaten an den Grenzen auf
das feierlichſte zugeſichert 1). Nicht eher leiſteten die Oeſt-
reicher die Huldigung als bis auch ihnen das Exercitium
Religionis in Schloͤſſern und Doͤrfern, ſo wie in den Pri-
vathaͤuſern der Staͤdte freigegeben worden.

Was den Oeſtreichern und Ungarn der Angriff, ver-
ſchaffte den Boͤhmen die Vertheidigung. Gleich anfangs
hatte ſich Rudolf zu großen Zugeſtaͤndniſſen bequemen muͤſ-
ſen, nur um ſeinem Bruder noch einigermaßen zu wider-
ſtehn: nachdem Ungarn und Oeſtreicher durch dieſen zu ſo
großen Freiheiten gelangt, konnte auch er, was auch im-
mer der paͤpſtliche Nuntius, der ſpaniſche Geſandte dazu
ſagen mochten, den Boͤhmen ihre Forderungen nicht verwei-
gern. Er gewaͤhrte ihnen den Majeſtaͤtsbrief, der nicht
allein die alten Conceſſionen wiederholte, die Maximilian II.
gegeben, ſondern ihnen auch eine eigene Behoͤrde zu deren
Vertheidigung zu gruͤnden geſtattete.

Wie ſo ganz anders ſtanden nun ploͤtzlich die deut-
ſchen, die erblaͤndiſchen Angelegenheiten. Die Union breitete
ſich in Deutſchland aus, und wachte uͤber jeden Angriff
des Katholicismus, den ſie gewaltig zuruͤcktrieb. Ihre al-
ten Anſpruͤche hatten die Staͤnde der oͤſtreichiſchen Pro-
vinzen zu einer wohlgegruͤndeten verfaſſungsmaͤßigen Ge-
walt ausgebildet. Es war dabei ein nicht unbedeutender
Unterſchied. Im Reiche hatte der Katholicismus die Ter-
ritorien der katholiſchen Fuͤrſten wieder erfuͤllt: erſt als er
weiter ging, in die Reichsſachen gewaltiger eingriff, die

1) Der Artikel ſteht bei Ribiny I, 358.
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[417/0429] der katholiſchen Reſtauration. Deutſchland. nicht allein den Magnaten, ſondern auch den Staͤdten, al- len Staͤnden, ja ſelbſt den Soldaten an den Grenzen auf das feierlichſte zugeſichert 1). Nicht eher leiſteten die Oeſt- reicher die Huldigung als bis auch ihnen das Exercitium Religionis in Schloͤſſern und Doͤrfern, ſo wie in den Pri- vathaͤuſern der Staͤdte freigegeben worden. Was den Oeſtreichern und Ungarn der Angriff, ver- ſchaffte den Boͤhmen die Vertheidigung. Gleich anfangs hatte ſich Rudolf zu großen Zugeſtaͤndniſſen bequemen muͤſ- ſen, nur um ſeinem Bruder noch einigermaßen zu wider- ſtehn: nachdem Ungarn und Oeſtreicher durch dieſen zu ſo großen Freiheiten gelangt, konnte auch er, was auch im- mer der paͤpſtliche Nuntius, der ſpaniſche Geſandte dazu ſagen mochten, den Boͤhmen ihre Forderungen nicht verwei- gern. Er gewaͤhrte ihnen den Majeſtaͤtsbrief, der nicht allein die alten Conceſſionen wiederholte, die Maximilian II. gegeben, ſondern ihnen auch eine eigene Behoͤrde zu deren Vertheidigung zu gruͤnden geſtattete. Wie ſo ganz anders ſtanden nun ploͤtzlich die deut- ſchen, die erblaͤndiſchen Angelegenheiten. Die Union breitete ſich in Deutſchland aus, und wachte uͤber jeden Angriff des Katholicismus, den ſie gewaltig zuruͤcktrieb. Ihre al- ten Anſpruͤche hatten die Staͤnde der oͤſtreichiſchen Pro- vinzen zu einer wohlgegruͤndeten verfaſſungsmaͤßigen Ge- walt ausgebildet. Es war dabei ein nicht unbedeutender Unterſchied. Im Reiche hatte der Katholicismus die Ter- ritorien der katholiſchen Fuͤrſten wieder erfuͤllt: erſt als er weiter ging, in die Reichsſachen gewaltiger eingriff, die 1) Der Artikel ſteht bei Ribiny I, 358. Päpſte* 27

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/429>, abgerufen am 22.11.2024.