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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 2. Ausbruch
wußt fahren ließ 1), und der nun der monarchisch-katholi-
schen Gesinnung die er hegte durch die epigrammatische Prä-
cision, die etwas prosaische aber dem Sinne der Franzosen
entsprechende Popularität und Eleganz, mit welcher er sie
aussprach, einen neuen Nachdruck verlieh. In den germa-
nischen Nationen konnte diese Richtung damals selbst auf
der katholischen Seite noch nicht zur Herrschaft gelangen: sie
ergriff nur erst die lateinische Poesie, wo sie aber doch wirk-
lich zuweilen, selbst bei unserm Balde, der sonst ein ausge-
zeichnetes Talent hat, wie eine Parodie herauskommt; in
der Muttersprache blieb noch alles der Ausdruck der Na-
tur. Noch viel weniger aber konnte sich die Nachahmung
der Antike in diesen Völkern auf der protestantischen Seite
durchsetzen. Shakespeare stellte den Inhalt und Geist der Ro-
mantik in unvergänglichen frei hervorgebrachten Formen
vor Augen: Alterthum und Historie mußten seinem Sinne
dienen. Aus einer deutschen Schuhmacherwerkstatt gingen,
dunkel, formlos und unergründlich, aber mit unwidersteh-
licher Kraft der Anziehung, Werke deutschen Tiefsinns und
religiöser Weltanschauung hervor die ihres Gleichen nicht
haben, freie Geburten der Natur.

Jedoch ich will nicht versuchen den Gegensatz dieser
beiden einander gegenüberstehenden geistigen Welten darzu-
stellen: um ihn ganz zu fassen, müßten wir der protestan-
tischen Seite eine größere Aufmerksamkeit gewidmet haben.

1) Ueber die Sinnesweise Malherbes und seine Art zu arbei-
ten finden sich neue bemerkenswerthe Zusätze zu der Lebensbeschrei-
bung des Dichters von Racan in den Memoires oder vielmehr Hi-
storiettes de Tallemant des Reaux,
herausgegeben von Monmerque
1834 I, p.
195.

Buch VII. Kap. 2. Ausbruch
wußt fahren ließ 1), und der nun der monarchiſch-katholi-
ſchen Geſinnung die er hegte durch die epigrammatiſche Praͤ-
ciſion, die etwas proſaiſche aber dem Sinne der Franzoſen
entſprechende Popularitaͤt und Eleganz, mit welcher er ſie
ausſprach, einen neuen Nachdruck verlieh. In den germa-
niſchen Nationen konnte dieſe Richtung damals ſelbſt auf
der katholiſchen Seite noch nicht zur Herrſchaft gelangen: ſie
ergriff nur erſt die lateiniſche Poeſie, wo ſie aber doch wirk-
lich zuweilen, ſelbſt bei unſerm Balde, der ſonſt ein ausge-
zeichnetes Talent hat, wie eine Parodie herauskommt; in
der Mutterſprache blieb noch alles der Ausdruck der Na-
tur. Noch viel weniger aber konnte ſich die Nachahmung
der Antike in dieſen Voͤlkern auf der proteſtantiſchen Seite
durchſetzen. Shakeſpeare ſtellte den Inhalt und Geiſt der Ro-
mantik in unvergaͤnglichen frei hervorgebrachten Formen
vor Augen: Alterthum und Hiſtorie mußten ſeinem Sinne
dienen. Aus einer deutſchen Schuhmacherwerkſtatt gingen,
dunkel, formlos und unergruͤndlich, aber mit unwiderſteh-
licher Kraft der Anziehung, Werke deutſchen Tiefſinns und
religioͤſer Weltanſchauung hervor die ihres Gleichen nicht
haben, freie Geburten der Natur.

Jedoch ich will nicht verſuchen den Gegenſatz dieſer
beiden einander gegenuͤberſtehenden geiſtigen Welten darzu-
ſtellen: um ihn ganz zu faſſen, muͤßten wir der proteſtan-
tiſchen Seite eine groͤßere Aufmerkſamkeit gewidmet haben.

1) Ueber die Sinnesweiſe Malherbes und ſeine Art zu arbei-
ten finden ſich neue bemerkenswerthe Zuſaͤtze zu der Lebensbeſchrei-
bung des Dichters von Racan in den Mémoires oder vielmehr Hi-
storiettes de Tallemant des Reaux,
herausgegeben von Monmerqué
1834 I, p.
195.
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[442/0454] Buch VII. Kap. 2. Ausbruch wußt fahren ließ 1), und der nun der monarchiſch-katholi- ſchen Geſinnung die er hegte durch die epigrammatiſche Praͤ- ciſion, die etwas proſaiſche aber dem Sinne der Franzoſen entſprechende Popularitaͤt und Eleganz, mit welcher er ſie ausſprach, einen neuen Nachdruck verlieh. In den germa- niſchen Nationen konnte dieſe Richtung damals ſelbſt auf der katholiſchen Seite noch nicht zur Herrſchaft gelangen: ſie ergriff nur erſt die lateiniſche Poeſie, wo ſie aber doch wirk- lich zuweilen, ſelbſt bei unſerm Balde, der ſonſt ein ausge- zeichnetes Talent hat, wie eine Parodie herauskommt; in der Mutterſprache blieb noch alles der Ausdruck der Na- tur. Noch viel weniger aber konnte ſich die Nachahmung der Antike in dieſen Voͤlkern auf der proteſtantiſchen Seite durchſetzen. Shakeſpeare ſtellte den Inhalt und Geiſt der Ro- mantik in unvergaͤnglichen frei hervorgebrachten Formen vor Augen: Alterthum und Hiſtorie mußten ſeinem Sinne dienen. Aus einer deutſchen Schuhmacherwerkſtatt gingen, dunkel, formlos und unergruͤndlich, aber mit unwiderſteh- licher Kraft der Anziehung, Werke deutſchen Tiefſinns und religioͤſer Weltanſchauung hervor die ihres Gleichen nicht haben, freie Geburten der Natur. Jedoch ich will nicht verſuchen den Gegenſatz dieſer beiden einander gegenuͤberſtehenden geiſtigen Welten darzu- ſtellen: um ihn ganz zu faſſen, muͤßten wir der proteſtan- tiſchen Seite eine groͤßere Aufmerkſamkeit gewidmet haben. 1) Ueber die Sinnesweiſe Malherbes und ſeine Art zu arbei- ten finden ſich neue bemerkenswerthe Zuſaͤtze zu der Lebensbeſchrei- bung des Dichters von Racan in den Mémoires oder vielmehr Hi- storiettes de Tallemant des Reaux, herausgegeben von Monmerqué 1834 I, p. 195.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/454>, abgerufen am 22.11.2024.