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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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des Katholicismus. Gregor XV.

Allein zur Seite dieses hinsterbenden Greises trat ein
junger Mann von 25 Jahren auf, sein Nepote Ludovico
Ludovisio, der sich sogleich in Besitz der päpstlichen Allge-
walt setzte, und so viel Geist und Kühnheit zeigte, als die
Lage der Dinge nur immer erforderte.

Ludovico Ludovisio war prächtig, glänzend, versäumte
nicht Reichthümer an sich zu bringen, vortheilhafte Fami-
lienverbindungen zu schließen, seine Freunde zu begünstigen,
zu befördern: er lebte und ließ leben: aber dabei hatte er
doch auch die großen Interessen der Kirche im Auge: selbst
seine Feinde gestehn ihm wahrhaftes Talent für die Lei-
tung der Geschäfte zu, einen richtig fühlenden Geist der
in den schwierigsten Verwickelungen eine befriedigende Aus-
kunft entdeckte, und alle den unbesorgten Muth der dazu
gehört ein mögliches Ergebniß in dem Dunkel der Zukunft
wahrzunehmen und darauf hinzusteuern 1). Hätte ihn nicht
die Schwächlichkeit des Oheims, die ihm keine lange Dauer
seiner Gewalt verhieß, in Schranken gehalten, so würde
keine Rücksicht auf der Welt Einfluß auf ihn gehabt haben.

Da ist nun sehr wichtig, daß der Nepote wie der
Papst von der Idee, in der Ausbreitung des Katholicismus

all'eta cadente una fiacchissima complessione in un corpiccivolo
stenuato e mal affetto.
1) Rainier Zeno: E d'ingegno vivacissimo: l'ha dimostrato
nel suo governo per l'abondanza dei partiti che in ogni grave
trattatione gli suggerivano suoi spiriti nati per comandare, i quali
se bene in molte parti aberravano dell'uopo della bona politica,
nondimeno l'intrepidezza, con la quale si mostrava pronto ad
abbracciare ogni ripiego appreso da lui per buono, poco curan-
dosi di consigli di chi gli haveria potuto esser maestro, davano
a credere che la sua natura sdegnava una privata conditione.
des Katholicismus. Gregor XV.

Allein zur Seite dieſes hinſterbenden Greiſes trat ein
junger Mann von 25 Jahren auf, ſein Nepote Ludovico
Ludoviſio, der ſich ſogleich in Beſitz der paͤpſtlichen Allge-
walt ſetzte, und ſo viel Geiſt und Kuͤhnheit zeigte, als die
Lage der Dinge nur immer erforderte.

Ludovico Ludoviſio war praͤchtig, glaͤnzend, verſaͤumte
nicht Reichthuͤmer an ſich zu bringen, vortheilhafte Fami-
lienverbindungen zu ſchließen, ſeine Freunde zu beguͤnſtigen,
zu befoͤrdern: er lebte und ließ leben: aber dabei hatte er
doch auch die großen Intereſſen der Kirche im Auge: ſelbſt
ſeine Feinde geſtehn ihm wahrhaftes Talent fuͤr die Lei-
tung der Geſchaͤfte zu, einen richtig fuͤhlenden Geiſt der
in den ſchwierigſten Verwickelungen eine befriedigende Aus-
kunft entdeckte, und alle den unbeſorgten Muth der dazu
gehoͤrt ein moͤgliches Ergebniß in dem Dunkel der Zukunft
wahrzunehmen und darauf hinzuſteuern 1). Haͤtte ihn nicht
die Schwaͤchlichkeit des Oheims, die ihm keine lange Dauer
ſeiner Gewalt verhieß, in Schranken gehalten, ſo wuͤrde
keine Ruͤckſicht auf der Welt Einfluß auf ihn gehabt haben.

Da iſt nun ſehr wichtig, daß der Nepote wie der
Papſt von der Idee, in der Ausbreitung des Katholicismus

all’età cadente una fiacchissima complessione in un corpiccivolo
stenuato e mal affetto.
1) Rainier Zeno: È d’ingegno vivacissimo: l’ha dimostrato
nel suo governo per l’abondanza dei partiti che in ogni grave
trattatione gli suggerivano suoi spiriti nati per comandare, i quali
se bene in molte parti aberravano dell’uopo della bona politica,
nondimeno l’intrepidezza, con la quale si mostrava pronto ad
abbracciare ogni ripiego appreso da lui per buono, poco curan-
dosi di consigli di chi gli haveria potuto esser maestro, davano
a credere che la sua natura sdegnava una privata conditione.
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[455/0467] des Katholicismus. Gregor XV. Allein zur Seite dieſes hinſterbenden Greiſes trat ein junger Mann von 25 Jahren auf, ſein Nepote Ludovico Ludoviſio, der ſich ſogleich in Beſitz der paͤpſtlichen Allge- walt ſetzte, und ſo viel Geiſt und Kuͤhnheit zeigte, als die Lage der Dinge nur immer erforderte. Ludovico Ludoviſio war praͤchtig, glaͤnzend, verſaͤumte nicht Reichthuͤmer an ſich zu bringen, vortheilhafte Fami- lienverbindungen zu ſchließen, ſeine Freunde zu beguͤnſtigen, zu befoͤrdern: er lebte und ließ leben: aber dabei hatte er doch auch die großen Intereſſen der Kirche im Auge: ſelbſt ſeine Feinde geſtehn ihm wahrhaftes Talent fuͤr die Lei- tung der Geſchaͤfte zu, einen richtig fuͤhlenden Geiſt der in den ſchwierigſten Verwickelungen eine befriedigende Aus- kunft entdeckte, und alle den unbeſorgten Muth der dazu gehoͤrt ein moͤgliches Ergebniß in dem Dunkel der Zukunft wahrzunehmen und darauf hinzuſteuern 1). Haͤtte ihn nicht die Schwaͤchlichkeit des Oheims, die ihm keine lange Dauer ſeiner Gewalt verhieß, in Schranken gehalten, ſo wuͤrde keine Ruͤckſicht auf der Welt Einfluß auf ihn gehabt haben. Da iſt nun ſehr wichtig, daß der Nepote wie der Papſt von der Idee, in der Ausbreitung des Katholicismus 2) 1) Rainier Zeno: È d’ingegno vivacissimo: l’ha dimostrato nel suo governo per l’abondanza dei partiti che in ogni grave trattatione gli suggerivano suoi spiriti nati per comandare, i quali se bene in molte parti aberravano dell’uopo della bona politica, nondimeno l’intrepidezza, con la quale si mostrava pronto ad abbracciare ogni ripiego appreso da lui per buono, poco curan- dosi di consigli di chi gli haveria potuto esser maestro, davano a credere che la sua natura sdegnava una privata conditione. 2) all’età cadente una fiacchissima complessione in un corpiccivolo stenuato e mal affetto.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/467>, abgerufen am 24.11.2024.