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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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des Katholicismus. Rochelle.
nen günstigeren Zeitpunkt konnte es nicht geben: Louis
XIII. war gefährlich krank, und Richelieu im Kampfe mit
starken Factionen. Nach einigem Zögern erhoben die Huge-
notten in der That die Waffen aufs neue: ihre kühnen und
kriegskundigen Anführer erschienen noch einmal im Felde.

Nur hätte Buckingham nun auch den Krieg nachdrück-
licher führen, und besser unterstützt werden müssen. Kö-
nig Carl I. bekennt in allen seinen Briefen, daß dieß nicht
hinreichend geschehe. Wie man es trieb, war man dem
Cardinal Richelieu, dessen Genius in schwierigen Augenblicken
seine Mittel mit doppelter Kraft entwickelte, und der sich
nie entschlossener, standhafter, unermüdlicher bewiesen, in
kurzem nicht mehr gewachsen. Buckingham rettete sich
durch einen Rückzug. Sein Unternehmen, das die fran-
zösische Regierung in außerordentliche Gefahr hätte bringen
können, hatte dann keinen andern Erfolg, als daß sich die
gesammte Kraft des Landes mit erneuter Gewalt unter
der Leitung des Cardinals über die Hugenotten ergoß.

Der Mittelpunkt der hugenottischen Macht war ohne
Zweifel in Rochelle; schon in frühern Jahren hatte Riche-
lieu, wenn er sich in seinem Bisthume Lucon dort in der

lich. Denn wie selten ist ein Geheimniß so ganz geheim, daß nicht
etwas davon verlauten sollte. Wenigstens der venezianische Gesandte
Zorzo Zorzi, der um die Zeit daß jene Verabredungen im Gange
waren, nach Frankreich kam, hörte sogleich davon. Si aggiungeva
che le due corone tenevano insieme machinationi e trattati di
assalire con pari forze e dispositioni l'isola d'Inghilterra.
Da
ist nun sehr unwahrscheinlich, daß man es in England nicht erfah-
ren habe; die Venezianer standen im engsten Vernehmen mit Eng-
land: sie kamen selbst in Verdacht die Expedition gegen Rhe gera-
then zu haben. (Rel. di Francia 1628.)

des Katholicismus. Rochelle.
nen guͤnſtigeren Zeitpunkt konnte es nicht geben: Louis
XIII. war gefaͤhrlich krank, und Richelieu im Kampfe mit
ſtarken Factionen. Nach einigem Zoͤgern erhoben die Huge-
notten in der That die Waffen aufs neue: ihre kuͤhnen und
kriegskundigen Anfuͤhrer erſchienen noch einmal im Felde.

Nur haͤtte Buckingham nun auch den Krieg nachdruͤck-
licher fuͤhren, und beſſer unterſtuͤtzt werden muͤſſen. Koͤ-
nig Carl I. bekennt in allen ſeinen Briefen, daß dieß nicht
hinreichend geſchehe. Wie man es trieb, war man dem
Cardinal Richelieu, deſſen Genius in ſchwierigen Augenblicken
ſeine Mittel mit doppelter Kraft entwickelte, und der ſich
nie entſchloſſener, ſtandhafter, unermuͤdlicher bewieſen, in
kurzem nicht mehr gewachſen. Buckingham rettete ſich
durch einen Ruͤckzug. Sein Unternehmen, das die fran-
zoͤſiſche Regierung in außerordentliche Gefahr haͤtte bringen
koͤnnen, hatte dann keinen andern Erfolg, als daß ſich die
geſammte Kraft des Landes mit erneuter Gewalt unter
der Leitung des Cardinals uͤber die Hugenotten ergoß.

Der Mittelpunkt der hugenottiſchen Macht war ohne
Zweifel in Rochelle; ſchon in fruͤhern Jahren hatte Riche-
lieu, wenn er ſich in ſeinem Bisthume Luçon dort in der

lich. Denn wie ſelten iſt ein Geheimniß ſo ganz geheim, daß nicht
etwas davon verlauten ſollte. Wenigſtens der venezianiſche Geſandte
Zorzo Zorzi, der um die Zeit daß jene Verabredungen im Gange
waren, nach Frankreich kam, hoͤrte ſogleich davon. Si aggiungeva
che le due corone tenevano insieme machinationi e trattati di
assalire con pari forze e dispositioni l’isola d’Inghilterra.
Da
iſt nun ſehr unwahrſcheinlich, daß man es in England nicht erfah-
ren habe; die Venezianer ſtanden im engſten Vernehmen mit Eng-
land: ſie kamen ſelbſt in Verdacht die Expedition gegen Rhé gera-
then zu haben. (Rel. di Francia 1628.)
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[523/0535] des Katholicismus. Rochelle. nen guͤnſtigeren Zeitpunkt konnte es nicht geben: Louis XIII. war gefaͤhrlich krank, und Richelieu im Kampfe mit ſtarken Factionen. Nach einigem Zoͤgern erhoben die Huge- notten in der That die Waffen aufs neue: ihre kuͤhnen und kriegskundigen Anfuͤhrer erſchienen noch einmal im Felde. Nur haͤtte Buckingham nun auch den Krieg nachdruͤck- licher fuͤhren, und beſſer unterſtuͤtzt werden muͤſſen. Koͤ- nig Carl I. bekennt in allen ſeinen Briefen, daß dieß nicht hinreichend geſchehe. Wie man es trieb, war man dem Cardinal Richelieu, deſſen Genius in ſchwierigen Augenblicken ſeine Mittel mit doppelter Kraft entwickelte, und der ſich nie entſchloſſener, ſtandhafter, unermuͤdlicher bewieſen, in kurzem nicht mehr gewachſen. Buckingham rettete ſich durch einen Ruͤckzug. Sein Unternehmen, das die fran- zoͤſiſche Regierung in außerordentliche Gefahr haͤtte bringen koͤnnen, hatte dann keinen andern Erfolg, als daß ſich die geſammte Kraft des Landes mit erneuter Gewalt unter der Leitung des Cardinals uͤber die Hugenotten ergoß. Der Mittelpunkt der hugenottiſchen Macht war ohne Zweifel in Rochelle; ſchon in fruͤhern Jahren hatte Riche- lieu, wenn er ſich in ſeinem Bisthume Luçon dort in der 1) 1) lich. Denn wie ſelten iſt ein Geheimniß ſo ganz geheim, daß nicht etwas davon verlauten ſollte. Wenigſtens der venezianiſche Geſandte Zorzo Zorzi, der um die Zeit daß jene Verabredungen im Gange waren, nach Frankreich kam, hoͤrte ſogleich davon. Si aggiungeva che le due corone tenevano insieme machinationi e trattati di assalire con pari forze e dispositioni l’isola d’Inghilterra. Da iſt nun ſehr unwahrſcheinlich, daß man es in England nicht erfah- ren habe; die Venezianer ſtanden im engſten Vernehmen mit Eng- land: ſie kamen ſelbſt in Verdacht die Expedition gegen Rhé gera- then zu haben. (Rel. di Francia 1628.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/535>, abgerufen am 25.11.2024.