Vergebens widersetzte sich der Herzog von Savoyen, der sich, wie gesagt, zu Spanien hielt; seine Pässe, die er bar- ricadiren lassen, wurden im ersten Anlauf gestürmt, Susa genommen: schon im Merz mußte er einen Vertrag eingehn: die Spanier sahen sich in der That genöthigt die Belage- rung von Casale aufzuheben 1).
Und so standen die beiden vorwaltenden Mächte der katholischen Christenheit aufs neue in den Waffen gegen einander. Richelieu nahm seine kühnsten Pläne gegen die spanisch-östreichische Macht wieder auf.
Vergleichen wir aber die Zeiten, so fußte er jetzt hiebei auf eine bei weitem gediegenere, haltbarere Grundlage, als früher bei seiner graubündtnerisch-pfälzischen Unternehmung. Damals hatten die Hugenotten den Augenblick ergreifen kön- nen um ihm den innern Krieg zu erneuern. Auch jetzt waren sie zwar nicht vollkommen unterdrückt, aber seit sie Ro- chelle verloren, flößten sie keine Besorgniß mehr ein: ihre Nie- derlagen und Verluste gingen ununterbrochen fort: auch nur eine Diversion zn machen waren sie nicht mehr fähig. Und vielleicht noch wichtiger ist es, daß Richelieu jetzt den Papst für sich hatte. Bei der früheren Unternehmung entsprang ihm aus dem Gegensatze, in den er dabei mit der römi- schen Politik gerieth, eine Gefahr selbst für seine Stellung im Innern von Frankreich; die jetzige war dagegen von Rom selbst hervorgerufen, in dem Interesse des päpstlichen Fürstenthums. Richelieu fand es überhaupt gerathen, sich so enge wie möglich an das Papstthum anzuschlie-
1)Recueil de diverses relations des guerres d'Italie 1629 --31. Bourg en Bresse 1632.
Päpste* 35
UrbanVIII.
Vergebens widerſetzte ſich der Herzog von Savoyen, der ſich, wie geſagt, zu Spanien hielt; ſeine Paͤſſe, die er bar- ricadiren laſſen, wurden im erſten Anlauf geſtuͤrmt, Suſa genommen: ſchon im Merz mußte er einen Vertrag eingehn: die Spanier ſahen ſich in der That genoͤthigt die Belage- rung von Caſale aufzuheben 1).
Und ſo ſtanden die beiden vorwaltenden Maͤchte der katholiſchen Chriſtenheit aufs neue in den Waffen gegen einander. Richelieu nahm ſeine kuͤhnſten Plaͤne gegen die ſpaniſch-oͤſtreichiſche Macht wieder auf.
Vergleichen wir aber die Zeiten, ſo fußte er jetzt hiebei auf eine bei weitem gediegenere, haltbarere Grundlage, als fruͤher bei ſeiner graubuͤndtneriſch-pfaͤlziſchen Unternehmung. Damals hatten die Hugenotten den Augenblick ergreifen koͤn- nen um ihm den innern Krieg zu erneuern. Auch jetzt waren ſie zwar nicht vollkommen unterdruͤckt, aber ſeit ſie Ro- chelle verloren, floͤßten ſie keine Beſorgniß mehr ein: ihre Nie- derlagen und Verluſte gingen ununterbrochen fort: auch nur eine Diverſion zn machen waren ſie nicht mehr faͤhig. Und vielleicht noch wichtiger iſt es, daß Richelieu jetzt den Papſt fuͤr ſich hatte. Bei der fruͤheren Unternehmung entſprang ihm aus dem Gegenſatze, in den er dabei mit der roͤmi- ſchen Politik gerieth, eine Gefahr ſelbſt fuͤr ſeine Stellung im Innern von Frankreich; die jetzige war dagegen von Rom ſelbſt hervorgerufen, in dem Intereſſe des paͤpſtlichen Fuͤrſtenthums. Richelieu fand es uͤberhaupt gerathen, ſich ſo enge wie moͤglich an das Papſtthum anzuſchlie-
1)Recueil de diverses relations des guerres d’Italie 1629 —31. Bourg en Bresse 1632.
Päpſte* 35
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Urban VIII.
Vergebens widerſetzte ſich der Herzog von Savoyen, der
ſich, wie geſagt, zu Spanien hielt; ſeine Paͤſſe, die er bar-
ricadiren laſſen, wurden im erſten Anlauf geſtuͤrmt, Suſa
genommen: ſchon im Merz mußte er einen Vertrag eingehn:
die Spanier ſahen ſich in der That genoͤthigt die Belage-
rung von Caſale aufzuheben 1).
Und ſo ſtanden die beiden vorwaltenden Maͤchte der
katholiſchen Chriſtenheit aufs neue in den Waffen gegen
einander. Richelieu nahm ſeine kuͤhnſten Plaͤne gegen die
ſpaniſch-oͤſtreichiſche Macht wieder auf.
Vergleichen wir aber die Zeiten, ſo fußte er jetzt hiebei
auf eine bei weitem gediegenere, haltbarere Grundlage, als
fruͤher bei ſeiner graubuͤndtneriſch-pfaͤlziſchen Unternehmung.
Damals hatten die Hugenotten den Augenblick ergreifen koͤn-
nen um ihm den innern Krieg zu erneuern. Auch jetzt waren
ſie zwar nicht vollkommen unterdruͤckt, aber ſeit ſie Ro-
chelle verloren, floͤßten ſie keine Beſorgniß mehr ein: ihre Nie-
derlagen und Verluſte gingen ununterbrochen fort: auch nur
eine Diverſion zn machen waren ſie nicht mehr faͤhig. Und
vielleicht noch wichtiger iſt es, daß Richelieu jetzt den Papſt
fuͤr ſich hatte. Bei der fruͤheren Unternehmung entſprang
ihm aus dem Gegenſatze, in den er dabei mit der roͤmi-
ſchen Politik gerieth, eine Gefahr ſelbſt fuͤr ſeine Stellung
im Innern von Frankreich; die jetzige war dagegen von
Rom ſelbſt hervorgerufen, in dem Intereſſe des paͤpſtlichen
Fuͤrſtenthums. Richelieu fand es uͤberhaupt gerathen,
ſich ſo enge wie moͤglich an das Papſtthum anzuſchlie-
1) Recueil de diverses relations des guerres d’Italie 1629
—31. Bourg en Bresse 1632.
Päpſte* 35
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/557>, abgerufen am 24.11.2024.
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