Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VII. Kap. 4.
König möge ein Heer ins Feld rücken lassen, selbst ehe Ro-
chelle noch genommen sey: eine Unternehmung in der man-
tuanischen Sache sey eben so gottgefällig, wie die Belage-
rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erscheine der
König nur erst in Lyon und erkläre sich für die Freiheit
von Italien, so werde auch er der Papst nicht säumen, ein
Heer ins Feld stellen und sich mit dem Könige vereinigen" 1).

Von dieser Seite hatte demnach Richelieu dießmal
nichts zu fürchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge-
schlagene Opposition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber
er wollte ganz sicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap-
stes: in jener Belagerung, die seinen Ehrgeiz fesselte, ließ
er sich nicht stören.

Desto entschlossener zeigte er sich, so wie nun Rochelle
gefallen war. "Monsignore," redete er den päpstlichen Nun-
tius an, den er sogleich rufen ließ, "nun wollen wir auch
keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kräften wird
sich der König der italienischen Sache annehmen" 2).

Dergestalt erhob sich jene Feindseligkeit gegen Spanien
und Oestreich, die sich schon so oft geregt, kräftiger als
jemals. Die Eifersucht von Italien rief noch einmal den
Ehrgeiz der Franzosen hervor. Die Lage der Dinge schien
so dringend, daß Ludwig XIII. das Frühjahr nicht abwar-
ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach
er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.

Ver-
1) Auszüge aus den Depeschen Bethunes vom 23. Sept. und
8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478.
2) Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.

Buch VII. Kap. 4.
Koͤnig moͤge ein Heer ins Feld ruͤcken laſſen, ſelbſt ehe Ro-
chelle noch genommen ſey: eine Unternehmung in der man-
tuaniſchen Sache ſey eben ſo gottgefaͤllig, wie die Belage-
rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erſcheine der
Koͤnig nur erſt in Lyon und erklaͤre ſich fuͤr die Freiheit
von Italien, ſo werde auch er der Papſt nicht ſaͤumen, ein
Heer ins Feld ſtellen und ſich mit dem Koͤnige vereinigen“ 1).

Von dieſer Seite hatte demnach Richelieu dießmal
nichts zu fuͤrchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge-
ſchlagene Oppoſition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber
er wollte ganz ſicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap-
ſtes: in jener Belagerung, die ſeinen Ehrgeiz feſſelte, ließ
er ſich nicht ſtoͤren.

Deſto entſchloſſener zeigte er ſich, ſo wie nun Rochelle
gefallen war. „Monſignore,“ redete er den paͤpſtlichen Nun-
tius an, den er ſogleich rufen ließ, „nun wollen wir auch
keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kraͤften wird
ſich der Koͤnig der italieniſchen Sache annehmen“ 2).

Dergeſtalt erhob ſich jene Feindſeligkeit gegen Spanien
und Oeſtreich, die ſich ſchon ſo oft geregt, kraͤftiger als
jemals. Die Eiferſucht von Italien rief noch einmal den
Ehrgeiz der Franzoſen hervor. Die Lage der Dinge ſchien
ſo dringend, daß Ludwig XIII. das Fruͤhjahr nicht abwar-
ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach
er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.

Ver-
1) Auszuͤge aus den Depeſchen Bethunes vom 23. Sept. und
8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478.
2) Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0556" n="544"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#g">Kap</hi>. 4.</fw><lb/>
Ko&#x0364;nig mo&#x0364;ge ein Heer ins Feld ru&#x0364;cken la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;elb&#x017F;t ehe Ro-<lb/>
chelle noch genommen &#x017F;ey: eine Unternehmung in der man-<lb/>
tuani&#x017F;chen Sache &#x017F;ey eben &#x017F;o gottgefa&#x0364;llig, wie die Belage-<lb/>
rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: er&#x017F;cheine der<lb/>
Ko&#x0364;nig nur er&#x017F;t in Lyon und erkla&#x0364;re &#x017F;ich fu&#x0364;r die Freiheit<lb/>
von Italien, &#x017F;o werde auch er der Pap&#x017F;t nicht &#x017F;a&#x0364;umen, ein<lb/>
Heer ins Feld &#x017F;tellen und &#x017F;ich mit dem Ko&#x0364;nige vereinigen&#x201C; <note place="foot" n="1)">Auszu&#x0364;ge aus den Depe&#x017F;chen Bethunes vom 23. Sept. und<lb/>
8. Oct. 1628 bei Siri: <hi rendition="#aq">Memorie VI, p.</hi> 478.</note>.</p><lb/>
            <p>Von die&#x017F;er Seite hatte demnach Richelieu dießmal<lb/>
nichts zu fu&#x0364;rchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge-<lb/>
&#x017F;chlagene Oppo&#x017F;ition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber<lb/>
er wollte ganz &#x017F;icher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap-<lb/>
&#x017F;tes: in jener Belagerung, die &#x017F;einen Ehrgeiz fe&#x017F;&#x017F;elte, ließ<lb/>
er &#x017F;ich nicht &#x017F;to&#x0364;ren.</p><lb/>
            <p>De&#x017F;to ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener zeigte er &#x017F;ich, &#x017F;o wie nun Rochelle<lb/>
gefallen war. &#x201E;Mon&#x017F;ignore,&#x201C; redete er den pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Nun-<lb/>
tius an, den er &#x017F;ogleich rufen ließ, &#x201E;nun wollen wir auch<lb/>
keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kra&#x0364;ften wird<lb/>
&#x017F;ich der Ko&#x0364;nig der italieni&#x017F;chen Sache annehmen&#x201C; <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Dispaccio Bagni 2 Nov.</hi> 1628.</note>.</p><lb/>
            <p>Derge&#x017F;talt erhob &#x017F;ich jene Feind&#x017F;eligkeit gegen Spanien<lb/>
und Oe&#x017F;treich, die &#x017F;ich &#x017F;chon &#x017F;o oft geregt, kra&#x0364;ftiger als<lb/>
jemals. Die Eifer&#x017F;ucht von Italien rief noch einmal den<lb/>
Ehrgeiz der Franzo&#x017F;en hervor. Die Lage der Dinge &#x017F;chien<lb/>
&#x017F;o dringend, daß Ludwig <hi rendition="#aq">XIII.</hi> das Fru&#x0364;hjahr nicht abwar-<lb/>
ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach<lb/>
er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[544/0556] Buch VII. Kap. 4. Koͤnig moͤge ein Heer ins Feld ruͤcken laſſen, ſelbſt ehe Ro- chelle noch genommen ſey: eine Unternehmung in der man- tuaniſchen Sache ſey eben ſo gottgefaͤllig, wie die Belage- rung jenes Hauptbollwerkes der Hugenotten: erſcheine der Koͤnig nur erſt in Lyon und erklaͤre ſich fuͤr die Freiheit von Italien, ſo werde auch er der Papſt nicht ſaͤumen, ein Heer ins Feld ſtellen und ſich mit dem Koͤnige vereinigen“ 1). Von dieſer Seite hatte demnach Richelieu dießmal nichts zu fuͤrchten, wenn er die vor drei Jahren fehlge- ſchlagene Oppoſition gegen Spanien wieder aufnahm. Aber er wollte ganz ſicher gehn: er hatte nicht die Eile des Pap- ſtes: in jener Belagerung, die ſeinen Ehrgeiz feſſelte, ließ er ſich nicht ſtoͤren. Deſto entſchloſſener zeigte er ſich, ſo wie nun Rochelle gefallen war. „Monſignore,“ redete er den paͤpſtlichen Nun- tius an, den er ſogleich rufen ließ, „nun wollen wir auch keinen Augenblick weiter verlieren, aus allen Kraͤften wird ſich der Koͤnig der italieniſchen Sache annehmen“ 2). Dergeſtalt erhob ſich jene Feindſeligkeit gegen Spanien und Oeſtreich, die ſich ſchon ſo oft geregt, kraͤftiger als jemals. Die Eiferſucht von Italien rief noch einmal den Ehrgeiz der Franzoſen hervor. Die Lage der Dinge ſchien ſo dringend, daß Ludwig XIII. das Fruͤhjahr nicht abwar- ten wollte. Noch in der Mitte des Januar 1629 brach er von Paris auf und nahm den Weg gegen die Alpen. Ver- 1) Auszuͤge aus den Depeſchen Bethunes vom 23. Sept. und 8. Oct. 1628 bei Siri: Memorie VI, p. 478. 2) Dispaccio Bagni 2 Nov. 1628.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/556
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/556>, abgerufen am 21.11.2024.