derte man sich nur -- denn auch von dort zog er bedeutende Summen -- was er mit alle dem Gelde mache; aber wahr ist es: das Land war gehorsam: kein Mißvergnügter rührte sich: jede Spur des Protestantismus verschwand: die Ver- jagten in der Nachbarschaft hielten sich stille.
"Monsignore," sagte während dieser Ereignisse ein geheimer Rath Philipps II. zu dem päpstlichen Nuntius, "seyd ihr nun mit dem Verfahren des Königs zufrieden?" Der Nuntius erwiederte lächelnd: "ganz zufrieden."
Alba selbst glaubte ein Meisterstück ausgeführt zu ha- ben. Nicht ohne Verachtung blickte er auf die französische Regierung, welche in ihrem Lande niemals Herr zu wer- den vermochte.
In Frankreich war nemlich, nach jenem großen Auf- schwunge des Protestantismus, im Jahre 1562 vor allem in der Hauptstadt eine starke Reaction gegen denselben her- vorgetreten.
Was dem Protestantismus in Frankreich den größten Schaden that, war ohne Zweifel, daß er sich mit den Factionen des Hofes in so enges Verhältniß setzte. Eine Zeitlang schien sich alles zu dem Bekenntniß hinzuneigen; als aber seine Anhänger zu den Waffen griffen und Ge- waltsamkeiten begingen, wie sie nun einmal vom Kriege unzertrennlich sind, verloren sie die Gunst der öffentlichen Meinung. Was ist das für eine Religion? fragte man, wo hat Christus befohlen, den Nächsten zu berauben, sein Blut zu vergießen? Besonders als man sich in Paris ge-
Gewaltthaͤtigkeiten in Frankreich.
derte man ſich nur — denn auch von dort zog er bedeutende Summen — was er mit alle dem Gelde mache; aber wahr iſt es: das Land war gehorſam: kein Mißvergnuͤgter ruͤhrte ſich: jede Spur des Proteſtantismus verſchwand: die Ver- jagten in der Nachbarſchaft hielten ſich ſtille.
„Monſignore,“ ſagte waͤhrend dieſer Ereigniſſe ein geheimer Rath Philipps II. zu dem paͤpſtlichen Nuntius, „ſeyd ihr nun mit dem Verfahren des Koͤnigs zufrieden?“ Der Nuntius erwiederte laͤchelnd: „ganz zufrieden.“
Alba ſelbſt glaubte ein Meiſterſtuͤck ausgefuͤhrt zu ha- ben. Nicht ohne Verachtung blickte er auf die franzoͤſiſche Regierung, welche in ihrem Lande niemals Herr zu wer- den vermochte.
In Frankreich war nemlich, nach jenem großen Auf- ſchwunge des Proteſtantismus, im Jahre 1562 vor allem in der Hauptſtadt eine ſtarke Reaction gegen denſelben her- vorgetreten.
Was dem Proteſtantismus in Frankreich den groͤßten Schaden that, war ohne Zweifel, daß er ſich mit den Factionen des Hofes in ſo enges Verhaͤltniß ſetzte. Eine Zeitlang ſchien ſich alles zu dem Bekenntniß hinzuneigen; als aber ſeine Anhaͤnger zu den Waffen griffen und Ge- waltſamkeiten begingen, wie ſie nun einmal vom Kriege unzertrennlich ſind, verloren ſie die Gunſt der oͤffentlichen Meinung. Was iſt das fuͤr eine Religion? fragte man, wo hat Chriſtus befohlen, den Naͤchſten zu berauben, ſein Blut zu vergießen? Beſonders als man ſich in Paris ge-
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Gewaltthaͤtigkeiten in Frankreich.
derte man ſich nur — denn auch von dort zog er bedeutende
Summen — was er mit alle dem Gelde mache; aber wahr
iſt es: das Land war gehorſam: kein Mißvergnuͤgter ruͤhrte
ſich: jede Spur des Proteſtantismus verſchwand: die Ver-
jagten in der Nachbarſchaft hielten ſich ſtille.
„Monſignore,“ ſagte waͤhrend dieſer Ereigniſſe ein
geheimer Rath Philipps II. zu dem paͤpſtlichen Nuntius,
„ſeyd ihr nun mit dem Verfahren des Koͤnigs zufrieden?“
Der Nuntius erwiederte laͤchelnd: „ganz zufrieden.“
Alba ſelbſt glaubte ein Meiſterſtuͤck ausgefuͤhrt zu ha-
ben. Nicht ohne Verachtung blickte er auf die franzoͤſiſche
Regierung, welche in ihrem Lande niemals Herr zu wer-
den vermochte.
In Frankreich war nemlich, nach jenem großen Auf-
ſchwunge des Proteſtantismus, im Jahre 1562 vor allem
in der Hauptſtadt eine ſtarke Reaction gegen denſelben her-
vorgetreten.
Was dem Proteſtantismus in Frankreich den groͤßten
Schaden that, war ohne Zweifel, daß er ſich mit den
Factionen des Hofes in ſo enges Verhaͤltniß ſetzte. Eine
Zeitlang ſchien ſich alles zu dem Bekenntniß hinzuneigen;
als aber ſeine Anhaͤnger zu den Waffen griffen und Ge-
waltſamkeiten begingen, wie ſie nun einmal vom Kriege
unzertrennlich ſind, verloren ſie die Gunſt der oͤffentlichen
Meinung. Was iſt das fuͤr eine Religion? fragte man,
wo hat Chriſtus befohlen, den Naͤchſten zu berauben, ſein
Blut zu vergießen? Beſonders als man ſich in Paris ge-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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