Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh. einheimischen Familien übertraf, und dieß Wesen aus demGebiete der Curiosität zu einer höhern Bedeutung für Ge- lehrsamkeit und Kunst erhob. Männer wie Spanheim und Havercamp haben es der Mühe werth gefunden ihre Mün- zen und Medaillen zu erläutern; ihren geschnittenen Steinen widmete Sante Bartolo seine kunstgeübte Hand. Die Correg- gios ihrer Gemähldesammlung sind immer der beste Schmuck der Bildergallerien gewesen, in welche der Wechsel der Zeiten sie geführt hat. Die Handschriften ihrer Bibliothek haben nicht wenig dazu beigetragen, den Ruhm der Vaticana, der sie später einverleibt worden sind, zu erhalten. Erwerbungen und Besitzthümer dieser Art erfüllen das tägliche Leben mit harmlosem Genuß. Auch an wissenschaftlichen Bestrebun- gen nahm sie lebendigen Antheil. Es gereicht ihr sehr zur Ehre daß sie sich des armen verjagten Borelli, der in hohen Jahren wieder genöthigt war Unterricht zu geben, nach Kräf- ten annahm, und sein ruhmwürdiges, noch immer unüber- troffenes Werk über die Mechanik der Thierbewegungen, das auch für die Entwickelung der Physiologie so große Bedeutung gehabt hat, auf ihre Kosten drucken ließ. Ja wir dürfen, denk ich, behaupten daß auch sie selbst, wie sie sich weiter ausbildete, ihr gereifter Geist einen nachwirkenden und unvergänglichen Einfluß ausgeübt hat; namentlich auf die italienische Literatur. Es ist bekannt, welchen Verirrun- gen in das Ueberladene, Gesuchte, Bedeutungslose sich ita- lienische Dichtkunst und Beredsamkeit damals hingab. Kö- nigin Christine war zu gut gebildet, zu geistreich, als daß sie von dieser Mode hätte bestrickt werden sollen: ihr war dieselbe ein Gräuel. Im Jahre 1680 stiftete sie eine Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. einheimiſchen Familien uͤbertraf, und dieß Weſen aus demGebiete der Curioſitaͤt zu einer hoͤhern Bedeutung fuͤr Ge- lehrſamkeit und Kunſt erhob. Maͤnner wie Spanheim und Havercamp haben es der Muͤhe werth gefunden ihre Muͤn- zen und Medaillen zu erlaͤutern; ihren geſchnittenen Steinen widmete Sante Bartolo ſeine kunſtgeuͤbte Hand. Die Correg- gios ihrer Gemaͤhldeſammlung ſind immer der beſte Schmuck der Bildergallerien geweſen, in welche der Wechſel der Zeiten ſie gefuͤhrt hat. Die Handſchriften ihrer Bibliothek haben nicht wenig dazu beigetragen, den Ruhm der Vaticana, der ſie ſpaͤter einverleibt worden ſind, zu erhalten. Erwerbungen und Beſitzthuͤmer dieſer Art erfuͤllen das taͤgliche Leben mit harmloſem Genuß. Auch an wiſſenſchaftlichen Beſtrebun- gen nahm ſie lebendigen Antheil. Es gereicht ihr ſehr zur Ehre daß ſie ſich des armen verjagten Borelli, der in hohen Jahren wieder genoͤthigt war Unterricht zu geben, nach Kraͤf- ten annahm, und ſein ruhmwuͤrdiges, noch immer unuͤber- troffenes Werk uͤber die Mechanik der Thierbewegungen, das auch fuͤr die Entwickelung der Phyſiologie ſo große Bedeutung gehabt hat, auf ihre Koſten drucken ließ. Ja wir duͤrfen, denk ich, behaupten daß auch ſie ſelbſt, wie ſie ſich weiter ausbildete, ihr gereifter Geiſt einen nachwirkenden und unvergaͤnglichen Einfluß ausgeuͤbt hat; namentlich auf die italieniſche Literatur. Es iſt bekannt, welchen Verirrun- gen in das Ueberladene, Geſuchte, Bedeutungsloſe ſich ita- lieniſche Dichtkunſt und Beredſamkeit damals hingab. Koͤ- nigin Chriſtine war zu gut gebildet, zu geiſtreich, als daß ſie von dieſer Mode haͤtte beſtrickt werden ſollen: ihr war dieſelbe ein Graͤuel. 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Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
einheimiſchen Familien uͤbertraf, und dieß Weſen aus dem
Gebiete der Curioſitaͤt zu einer hoͤhern Bedeutung fuͤr Ge-
lehrſamkeit und Kunſt erhob. Maͤnner wie Spanheim und
Havercamp haben es der Muͤhe werth gefunden ihre Muͤn-
zen und Medaillen zu erlaͤutern; ihren geſchnittenen Steinen
widmete Sante Bartolo ſeine kunſtgeuͤbte Hand. Die Correg-
gios ihrer Gemaͤhldeſammlung ſind immer der beſte Schmuck
der Bildergallerien geweſen, in welche der Wechſel der Zeiten
ſie gefuͤhrt hat. Die Handſchriften ihrer Bibliothek haben
nicht wenig dazu beigetragen, den Ruhm der Vaticana, der
ſie ſpaͤter einverleibt worden ſind, zu erhalten. Erwerbungen
und Beſitzthuͤmer dieſer Art erfuͤllen das taͤgliche Leben mit
harmloſem Genuß. Auch an wiſſenſchaftlichen Beſtrebun-
gen nahm ſie lebendigen Antheil. Es gereicht ihr ſehr zur
Ehre daß ſie ſich des armen verjagten Borelli, der in hohen
Jahren wieder genoͤthigt war Unterricht zu geben, nach Kraͤf-
ten annahm, und ſein ruhmwuͤrdiges, noch immer unuͤber-
troffenes Werk uͤber die Mechanik der Thierbewegungen,
das auch fuͤr die Entwickelung der Phyſiologie ſo große
Bedeutung gehabt hat, auf ihre Koſten drucken ließ. Ja wir
duͤrfen, denk ich, behaupten daß auch ſie ſelbſt, wie ſie ſich
weiter ausbildete, ihr gereifter Geiſt einen nachwirkenden und
unvergaͤnglichen Einfluß ausgeuͤbt hat; namentlich auf die
italieniſche Literatur. Es iſt bekannt, welchen Verirrun-
gen in das Ueberladene, Geſuchte, Bedeutungsloſe ſich ita-
lieniſche Dichtkunſt und Beredſamkeit damals hingab. Koͤ-
nigin Chriſtine war zu gut gebildet, zu geiſtreich, als
daß ſie von dieſer Mode haͤtte beſtrickt werden ſollen: ihr
war dieſelbe ein Graͤuel. Im Jahre 1680 ſtiftete ſie eine
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