Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Vorrede. die Reichsangelegenheiten in den Zeiten Maximi-lians I und Carls V zu benutzen. Das erste war mir als eine churfürstliche, das zweite als eine bis gegen Ende der Epoche fürstliche Sammlung von hohem Werth. Ich stieß nun wohl auf viele mir schon in Frankfurt vorgekommenen Actenstücke: aber zugleich auf eine große Anzahl neuer, die den Ge- sichtskreis nach andern noch dunkeln Seiten hin er- weiterten. Vollständig ist von diesen Sammlun- gen freilich keine: und manche Frage die man sich aufwirft, bleibt unerledigt; allein höchst ergiebig sind sie doch: auf die Thätigkeit so einflußreicher Fürsten, wie Joachim II von Brandenburg beson- ders Moritz von Sachsen waren, fällt ein neues Licht. Man bedaure den nicht, der sich mit diesen anscheinend trocknen Studien beschäftigt, und dar- über den Genuß manches heitern Tages versäumt. Es ist wahr, es sind todte Papiere, aber sie sind ein Residuum des Lebens, dessen Anschauung dem Geiste nach und nach aus ihnen emporsteigt. Für mich -- in einem Vorwort hat man nun einmal die Pflicht die man sonst vielleicht lieber vermiede von sich zu sprechen -- boten sie noch ein besondres Interesse dar. Als ich den ersten Theil meiner Geschichte der Vorrede. die Reichsangelegenheiten in den Zeiten Maximi-lians I und Carls V zu benutzen. Das erſte war mir als eine churfürſtliche, das zweite als eine bis gegen Ende der Epoche fürſtliche Sammlung von hohem Werth. Ich ſtieß nun wohl auf viele mir ſchon in Frankfurt vorgekommenen Actenſtücke: aber zugleich auf eine große Anzahl neuer, die den Ge- ſichtskreis nach andern noch dunkeln Seiten hin er- weiterten. Vollſtändig iſt von dieſen Sammlun- gen freilich keine: und manche Frage die man ſich aufwirft, bleibt unerledigt; allein höchſt ergiebig ſind ſie doch: auf die Thätigkeit ſo einflußreicher Fürſten, wie Joachim II von Brandenburg beſon- ders Moritz von Sachſen waren, fällt ein neues Licht. Man bedaure den nicht, der ſich mit dieſen anſcheinend trocknen Studien beſchäftigt, und dar- über den Genuß manches heitern Tages verſäumt. Es iſt wahr, es ſind todte Papiere, aber ſie ſind ein Reſiduum des Lebens, deſſen Anſchauung dem Geiſte nach und nach aus ihnen emporſteigt. Für mich — in einem Vorwort hat man nun einmal die Pflicht die man ſonſt vielleicht lieber vermiede von ſich zu ſprechen — boten ſie noch ein beſondres Intereſſe dar. Als ich den erſten Theil meiner Geſchichte der <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="VI"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> die Reichsangelegenheiten in den Zeiten Maximi-<lb/> lians <hi rendition="#aq">I</hi> und Carls <hi rendition="#aq">V</hi> zu benutzen. Das erſte war<lb/> mir als eine churfürſtliche, das zweite als eine bis<lb/> gegen Ende der Epoche fürſtliche Sammlung von<lb/> hohem Werth. Ich ſtieß nun wohl auf viele mir<lb/> ſchon in Frankfurt vorgekommenen Actenſtücke: aber<lb/> zugleich auf eine große Anzahl neuer, die den Ge-<lb/> ſichtskreis nach andern noch dunkeln Seiten hin er-<lb/> weiterten. Vollſtändig iſt von dieſen Sammlun-<lb/> gen freilich keine: und manche Frage die man ſich<lb/> aufwirft, bleibt unerledigt; allein höchſt ergiebig<lb/> ſind ſie doch: auf die Thätigkeit ſo einflußreicher<lb/> Fürſten, wie Joachim <hi rendition="#aq">II</hi> von Brandenburg beſon-<lb/> ders Moritz von Sachſen waren, fällt ein neues<lb/> Licht. Man bedaure den nicht, der ſich mit dieſen<lb/> anſcheinend trocknen Studien beſchäftigt, und dar-<lb/> über den Genuß manches heitern Tages verſäumt.<lb/> Es iſt wahr, es ſind todte Papiere, aber ſie ſind<lb/> ein Reſiduum des Lebens, deſſen Anſchauung dem<lb/> Geiſte nach und nach aus ihnen emporſteigt. Für<lb/> mich — in einem Vorwort hat man nun einmal<lb/> die Pflicht die man ſonſt vielleicht lieber vermiede<lb/> von ſich zu ſprechen — boten ſie noch ein beſondres<lb/> Intereſſe dar.</p><lb/> <p>Als ich den erſten Theil meiner Geſchichte der<lb/> Päpſte ſchrieb, faßte ich mich über den Urſprung<lb/> und Fortgang der Reformation abſichtlich ſo kurz<lb/> wie es die Sache nur immer zuließ: ich hegte die<lb/> Hofnung dieſem unſern wichtigſten vaterländiſchen<lb/> Ereigniß noch einmal tiefer gehende Forſchungen wid-<lb/> men zu können.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [VI/0012]
Vorrede.
die Reichsangelegenheiten in den Zeiten Maximi-
lians I und Carls V zu benutzen. Das erſte war
mir als eine churfürſtliche, das zweite als eine bis
gegen Ende der Epoche fürſtliche Sammlung von
hohem Werth. Ich ſtieß nun wohl auf viele mir
ſchon in Frankfurt vorgekommenen Actenſtücke: aber
zugleich auf eine große Anzahl neuer, die den Ge-
ſichtskreis nach andern noch dunkeln Seiten hin er-
weiterten. Vollſtändig iſt von dieſen Sammlun-
gen freilich keine: und manche Frage die man ſich
aufwirft, bleibt unerledigt; allein höchſt ergiebig
ſind ſie doch: auf die Thätigkeit ſo einflußreicher
Fürſten, wie Joachim II von Brandenburg beſon-
ders Moritz von Sachſen waren, fällt ein neues
Licht. Man bedaure den nicht, der ſich mit dieſen
anſcheinend trocknen Studien beſchäftigt, und dar-
über den Genuß manches heitern Tages verſäumt.
Es iſt wahr, es ſind todte Papiere, aber ſie ſind
ein Reſiduum des Lebens, deſſen Anſchauung dem
Geiſte nach und nach aus ihnen emporſteigt. Für
mich — in einem Vorwort hat man nun einmal
die Pflicht die man ſonſt vielleicht lieber vermiede
von ſich zu ſprechen — boten ſie noch ein beſondres
Intereſſe dar.
Als ich den erſten Theil meiner Geſchichte der
Päpſte ſchrieb, faßte ich mich über den Urſprung
und Fortgang der Reformation abſichtlich ſo kurz
wie es die Sache nur immer zuließ: ich hegte die
Hofnung dieſem unſern wichtigſten vaterländiſchen
Ereigniß noch einmal tiefer gehende Forſchungen wid-
men zu können.
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