Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Reichstag zu Worms 1495. war, bis sie zu den Jahren der Reife käme, schon französischerObhut anvertraut worden: er schickte sie jetzt zurück. Da- gegen hatte sich Maximilian mit der Prinzessin und Er- bin von Bretagne verlobt: schon mancherlei weitaussehende Plane gründete man in Deutschland auf diese Verbindung: man dachte auch dieses Land in die Einrichtungen zu zie- hen, die man für das Reich beabsichtigte; Carl VIII brachte die junge Fürstin in seine Gewalt und nöthigte ihr seine eigne Hand auf. 1 Und gleich darauf wurden die Rechte des Reichs unmittelbar von diesen Feindseligkeiten berührt. Indem Maximilian sich vorbereitete, zu seiner Krönung nach Rom zu gehen, und sich mit der Hofnung trug, das kai- serliche Ansehn überhaupt in Italien wiederherzustellen, dran- gen die Franzosen, ihm zuvorkommend, von der andern Seite her über die Alpen, durchzogen Italien unaufgehal- ten von dem Norden nach dem Süden, und eroberten Nea- pel. Es läßt sich nicht sagen, daß Carl VIII nun auch wirklich nach der kaiserlichen Krone gestrebt habe; aber un- leugbar ist es doch, daß eine Macht, wie er sie durch den Gang und das Gelingen dieser Unternehmung über ganz Italien hin erwarb, sich der Herstellung einer Autorität des deutschen Kaiserthums dort unmittelbar in den Weg stellen mußte. Gereizt durch so mannichfaltige Unbill, durchdrungen 1 Der alte Kaiser sagt in seinem Ausschreiben 4ten Juny 1492.
Wir -- lieber von dieser Welt seligklich scheiden, dann einen solchen unkristlichen snoden Handel ungestrafft beleiben und das heil. Reich und deutsche Nation in diesen lesterlichen und unwiederpringlichen Vall bei unserer Regierung wachsen lassen wolten. Reichstag zu Worms 1495. war, bis ſie zu den Jahren der Reife käme, ſchon franzöſiſcherObhut anvertraut worden: er ſchickte ſie jetzt zurück. Da- gegen hatte ſich Maximilian mit der Prinzeſſin und Er- bin von Bretagne verlobt: ſchon mancherlei weitausſehende Plane gründete man in Deutſchland auf dieſe Verbindung: man dachte auch dieſes Land in die Einrichtungen zu zie- hen, die man für das Reich beabſichtigte; Carl VIII brachte die junge Fürſtin in ſeine Gewalt und nöthigte ihr ſeine eigne Hand auf. 1 Und gleich darauf wurden die Rechte des Reichs unmittelbar von dieſen Feindſeligkeiten berührt. Indem Maximilian ſich vorbereitete, zu ſeiner Krönung nach Rom zu gehen, und ſich mit der Hofnung trug, das kai- ſerliche Anſehn überhaupt in Italien wiederherzuſtellen, dran- gen die Franzoſen, ihm zuvorkommend, von der andern Seite her über die Alpen, durchzogen Italien unaufgehal- ten von dem Norden nach dem Süden, und eroberten Nea- pel. Es läßt ſich nicht ſagen, daß Carl VIII nun auch wirklich nach der kaiſerlichen Krone geſtrebt habe; aber un- leugbar iſt es doch, daß eine Macht, wie er ſie durch den Gang und das Gelingen dieſer Unternehmung über ganz Italien hin erwarb, ſich der Herſtellung einer Autorität des deutſchen Kaiſerthums dort unmittelbar in den Weg ſtellen mußte. Gereizt durch ſo mannichfaltige Unbill, durchdrungen 1 Der alte Kaiſer ſagt in ſeinem Ausſchreiben 4ten Juny 1492.
Wir — lieber von dieſer Welt ſeligklich ſcheiden, dann einen ſolchen unkriſtlichen ſnoden Handel ungeſtrafft beleiben und das heil. Reich und deutſche Nation in dieſen leſterlichen und unwiederpringlichen Vall bei unſerer Regierung wachſen laſſen wolten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0125" n="107"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag zu Worms</hi> 1495.</fw><lb/> war, bis ſie zu den Jahren der Reife käme, ſchon franzöſiſcher<lb/> Obhut anvertraut worden: er ſchickte ſie jetzt zurück. Da-<lb/> gegen hatte ſich Maximilian mit der Prinzeſſin und Er-<lb/> bin von Bretagne verlobt: ſchon mancherlei weitausſehende<lb/> Plane gründete man in Deutſchland auf dieſe Verbindung:<lb/> man dachte auch dieſes Land in die Einrichtungen zu zie-<lb/> hen, die man für das Reich beabſichtigte; Carl <hi rendition="#aq">VIII</hi> brachte<lb/> die junge Fürſtin in ſeine Gewalt und nöthigte ihr ſeine<lb/> eigne Hand auf. <note place="foot" n="1">Der alte Kaiſer ſagt in ſeinem Ausſchreiben 4ten Juny 1492.<lb/> Wir — lieber von dieſer Welt ſeligklich ſcheiden, dann einen ſolchen<lb/> unkriſtlichen ſnoden Handel ungeſtrafft beleiben und das heil. Reich<lb/> und deutſche Nation in dieſen leſterlichen und unwiederpringlichen<lb/> Vall bei unſerer Regierung wachſen laſſen wolten.</note> Und gleich darauf wurden die Rechte<lb/> des Reichs unmittelbar von dieſen Feindſeligkeiten berührt.<lb/> Indem Maximilian ſich vorbereitete, zu ſeiner Krönung nach<lb/> Rom zu gehen, und ſich mit der Hofnung trug, das kai-<lb/> ſerliche Anſehn überhaupt in Italien wiederherzuſtellen, dran-<lb/> gen die Franzoſen, ihm zuvorkommend, von der andern<lb/> Seite her über die Alpen, durchzogen Italien unaufgehal-<lb/> ten von dem Norden nach dem Süden, und eroberten Nea-<lb/> pel. Es läßt ſich nicht ſagen, daß Carl <hi rendition="#aq">VIII</hi> nun auch<lb/> wirklich nach der kaiſerlichen Krone geſtrebt habe; aber un-<lb/> leugbar iſt es doch, daß eine Macht, wie er ſie durch den<lb/> Gang und das Gelingen dieſer Unternehmung über ganz<lb/> Italien hin erwarb, ſich der Herſtellung einer Autorität<lb/> des deutſchen Kaiſerthums dort unmittelbar in den Weg<lb/> ſtellen mußte.</p><lb/> <p>Gereizt durch ſo mannichfaltige Unbill, durchdrungen<lb/> von der Nothwendigkeit den Franzoſen Widerſtand zu lei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0125]
Reichstag zu Worms 1495.
war, bis ſie zu den Jahren der Reife käme, ſchon franzöſiſcher
Obhut anvertraut worden: er ſchickte ſie jetzt zurück. Da-
gegen hatte ſich Maximilian mit der Prinzeſſin und Er-
bin von Bretagne verlobt: ſchon mancherlei weitausſehende
Plane gründete man in Deutſchland auf dieſe Verbindung:
man dachte auch dieſes Land in die Einrichtungen zu zie-
hen, die man für das Reich beabſichtigte; Carl VIII brachte
die junge Fürſtin in ſeine Gewalt und nöthigte ihr ſeine
eigne Hand auf. 1 Und gleich darauf wurden die Rechte
des Reichs unmittelbar von dieſen Feindſeligkeiten berührt.
Indem Maximilian ſich vorbereitete, zu ſeiner Krönung nach
Rom zu gehen, und ſich mit der Hofnung trug, das kai-
ſerliche Anſehn überhaupt in Italien wiederherzuſtellen, dran-
gen die Franzoſen, ihm zuvorkommend, von der andern
Seite her über die Alpen, durchzogen Italien unaufgehal-
ten von dem Norden nach dem Süden, und eroberten Nea-
pel. Es läßt ſich nicht ſagen, daß Carl VIII nun auch
wirklich nach der kaiſerlichen Krone geſtrebt habe; aber un-
leugbar iſt es doch, daß eine Macht, wie er ſie durch den
Gang und das Gelingen dieſer Unternehmung über ganz
Italien hin erwarb, ſich der Herſtellung einer Autorität
des deutſchen Kaiſerthums dort unmittelbar in den Weg
ſtellen mußte.
Gereizt durch ſo mannichfaltige Unbill, durchdrungen
von der Nothwendigkeit den Franzoſen Widerſtand zu lei-
1 Der alte Kaiſer ſagt in ſeinem Ausſchreiben 4ten Juny 1492.
Wir — lieber von dieſer Welt ſeligklich ſcheiden, dann einen ſolchen
unkriſtlichen ſnoden Handel ungeſtrafft beleiben und das heil. Reich
und deutſche Nation in dieſen leſterlichen und unwiederpringlichen
Vall bei unſerer Regierung wachſen laſſen wolten.
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