von Cölln beauftragt, mit den ihm nächstgesessenen Bischö- fen, von Utrecht Münster Osnabrück Paderborn und Bre- men, der Churfürst von Sachsen mit Lüneburg Gruben- hagen Dänemark zu unterhandeln, und es war nicht so unbedingt gewiß, was sie ausrichten würden. Es findet sich auch dieß Mal ein Artikel worin man die Möglich- keit voraussetzt daß Jemand nicht in dem Landfrieden seyn wolle. 1
Ein noch wichtigerer organischer Mangel war, daß die Ritterschaft an dem Reichstag keinen Theil nahm. Es ist offenbar, daß die großartige Entwickelung zu welcher die ständische Verfassung in England gediehen ist, großentheils auf der Vereinigung des niedern Adels und der Städte in dem Unterhause beruht. In Deutschland war es das Herkommen nicht, den Adel zu den Reichstagen zu be- rufen. Aber daher kam es nun auch, daß er sich den Be- schlüssen der Reichstage, vor allem wenn es, wie jetzt, eine Auflage betraf, nicht fügen mochte. Noch im Dezember versammelten sich die fränkischen Ritter in Schweinfurt, und erklärten, sie seyen freie Franken, des Reiches von Adel, verpflichtet ihr Blut zu vergießen, auf den Kriegszügen mit ihrer mannlichen Jugend des Kaisers Krone und Scepter zu bewachen, nicht aber Auflagen zu zahlen, was ihrer Freiheit zuwiderlaufe und eine unerhörte Neuerung sey. Sie hatten hierin die Beistimmung aller ihrer Standes- genossen. In den verschiedenen Bezirken schloß man Ver- bindungen in diesem Sinne. 2
1 Abschied und Bevehle bei Müller 459.
2 Müller Rth. 688, 9.
Erſtes Buch.
von Cölln beauftragt, mit den ihm nächſtgeſeſſenen Biſchö- fen, von Utrecht Münſter Osnabrück Paderborn und Bre- men, der Churfürſt von Sachſen mit Lüneburg Gruben- hagen Dänemark zu unterhandeln, und es war nicht ſo unbedingt gewiß, was ſie ausrichten würden. Es findet ſich auch dieß Mal ein Artikel worin man die Möglich- keit vorausſetzt daß Jemand nicht in dem Landfrieden ſeyn wolle. 1
Ein noch wichtigerer organiſcher Mangel war, daß die Ritterſchaft an dem Reichstag keinen Theil nahm. Es iſt offenbar, daß die großartige Entwickelung zu welcher die ſtändiſche Verfaſſung in England gediehen iſt, großentheils auf der Vereinigung des niedern Adels und der Städte in dem Unterhauſe beruht. In Deutſchland war es das Herkommen nicht, den Adel zu den Reichstagen zu be- rufen. Aber daher kam es nun auch, daß er ſich den Be- ſchlüſſen der Reichstage, vor allem wenn es, wie jetzt, eine Auflage betraf, nicht fügen mochte. Noch im Dezember verſammelten ſich die fränkiſchen Ritter in Schweinfurt, und erklärten, ſie ſeyen freie Franken, des Reiches von Adel, verpflichtet ihr Blut zu vergießen, auf den Kriegszügen mit ihrer mannlichen Jugend des Kaiſers Krone und Scepter zu bewachen, nicht aber Auflagen zu zahlen, was ihrer Freiheit zuwiderlaufe und eine unerhörte Neuerung ſey. Sie hatten hierin die Beiſtimmung aller ihrer Standes- genoſſen. In den verſchiedenen Bezirken ſchloß man Ver- bindungen in dieſem Sinne. 2
1 Abſchied und Bevehle bei Muͤller 459.
2 Muͤller Rth. 688, 9.
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Erſtes Buch.
von Cölln beauftragt, mit den ihm nächſtgeſeſſenen Biſchö-
fen, von Utrecht Münſter Osnabrück Paderborn und Bre-
men, der Churfürſt von Sachſen mit Lüneburg Gruben-
hagen Dänemark zu unterhandeln, und es war nicht ſo
unbedingt gewiß, was ſie ausrichten würden. Es findet
ſich auch dieß Mal ein Artikel worin man die Möglich-
keit vorausſetzt daß Jemand nicht in dem Landfrieden
ſeyn wolle. 1
Ein noch wichtigerer organiſcher Mangel war, daß
die Ritterſchaft an dem Reichstag keinen Theil nahm. Es
iſt offenbar, daß die großartige Entwickelung zu welcher die
ſtändiſche Verfaſſung in England gediehen iſt, großentheils
auf der Vereinigung des niedern Adels und der Städte
in dem Unterhauſe beruht. In Deutſchland war es das
Herkommen nicht, den Adel zu den Reichstagen zu be-
rufen. Aber daher kam es nun auch, daß er ſich den Be-
ſchlüſſen der Reichstage, vor allem wenn es, wie jetzt, eine
Auflage betraf, nicht fügen mochte. Noch im Dezember
verſammelten ſich die fränkiſchen Ritter in Schweinfurt,
und erklärten, ſie ſeyen freie Franken, des Reiches von Adel,
verpflichtet ihr Blut zu vergießen, auf den Kriegszügen mit
ihrer mannlichen Jugend des Kaiſers Krone und Scepter
zu bewachen, nicht aber Auflagen zu zahlen, was ihrer
Freiheit zuwiderlaufe und eine unerhörte Neuerung ſey.
Sie hatten hierin die Beiſtimmung aller ihrer Standes-
genoſſen. In den verſchiedenen Bezirken ſchloß man Ver-
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1 Abſchied und Bevehle bei Muͤller 459.
2 Muͤller Rth. 688, 9.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/136>, abgerufen am 21.11.2024.
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