Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichstag zu Worms 1509.
Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze
einen Vorschlag machen, darauf würden sie eingehn. Die
Commissarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al-
ler Stände sey: die Stände erwiederten: so sey von ihnen
allen, ganz einhellig beschlossen worden. Die Commissa-
rien versetzten: so bleibe ihnen nichts übrig, als an den
Kaiser zu berichten und dessen Antwort abzuwarten.

Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer
und Flamme gerieth. Von den italienischen Grenzen, von
Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl
versiegelt. Zuerst rechtfertigte er darin sein eignes Betra-
gen, besonders den Abschluß des letzten Vertrags, wozu
er wohl Fug und Macht gehabt, "als regierender römi-
scher Kaiser, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho-
hem Rath und Erwägen;" dann warf er die Schuld der
bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll-
kommene Leistung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er
nicht gelten lassen. Sie müssen nicht Schätze sammeln
wollen, sondern den Eid bedenken mit dem sie ihm ge-
schworen und verpflichtet seyen. Auch sey das gar nicht
die Ursache ihrer abschläglichen Antwort, sondern allein der
Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge-
pflogen.

Ehe diese Antwort ankam, waren die Stände schon
aus einander gegangen. Ein Abschied war nicht verfaßt
worden.


Reichstag zu Worms 1509.
Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze
einen Vorſchlag machen, darauf würden ſie eingehn. Die
Commiſſarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al-
ler Stände ſey: die Stände erwiederten: ſo ſey von ihnen
allen, ganz einhellig beſchloſſen worden. Die Commiſſa-
rien verſetzten: ſo bleibe ihnen nichts übrig, als an den
Kaiſer zu berichten und deſſen Antwort abzuwarten.

Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer
und Flamme gerieth. Von den italieniſchen Grenzen, von
Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl
verſiegelt. Zuerſt rechtfertigte er darin ſein eignes Betra-
gen, beſonders den Abſchluß des letzten Vertrags, wozu
er wohl Fug und Macht gehabt, „als regierender römi-
ſcher Kaiſer, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho-
hem Rath und Erwägen;“ dann warf er die Schuld der
bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll-
kommene Leiſtung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er
nicht gelten laſſen. Sie müſſen nicht Schätze ſammeln
wollen, ſondern den Eid bedenken mit dem ſie ihm ge-
ſchworen und verpflichtet ſeyen. Auch ſey das gar nicht
die Urſache ihrer abſchläglichen Antwort, ſondern allein der
Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge-
pflogen.

Ehe dieſe Antwort ankam, waren die Stände ſchon
aus einander gegangen. Ein Abſchied war nicht verfaßt
worden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0207" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag zu Worms</hi> 1509.</fw><lb/>
Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze<lb/>
einen Vor&#x017F;chlag machen, darauf würden &#x017F;ie eingehn. Die<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;arien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al-<lb/>
ler Stände &#x017F;ey: die Stände erwiederten: &#x017F;o &#x017F;ey von ihnen<lb/>
allen, ganz einhellig be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en worden. Die Commi&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
rien ver&#x017F;etzten: &#x017F;o bleibe ihnen nichts übrig, als an den<lb/>
Kai&#x017F;er zu berichten und de&#x017F;&#x017F;en Antwort abzuwarten.</p><lb/>
          <p>Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer<lb/>
und Flamme gerieth. Von den italieni&#x017F;chen Grenzen, von<lb/>
Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl<lb/>
ver&#x017F;iegelt. Zuer&#x017F;t rechtfertigte er darin &#x017F;ein eignes Betra-<lb/>
gen, be&#x017F;onders den Ab&#x017F;chluß des letzten Vertrags, wozu<lb/>
er wohl Fug und Macht gehabt, &#x201E;als regierender römi-<lb/>
&#x017F;cher Kai&#x017F;er, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho-<lb/>
hem Rath und Erwägen;&#x201C; dann warf er die Schuld der<lb/>
bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll-<lb/>
kommene Lei&#x017F;tung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er<lb/>
nicht gelten la&#x017F;&#x017F;en. Sie mü&#x017F;&#x017F;en nicht Schätze &#x017F;ammeln<lb/>
wollen, &#x017F;ondern den Eid bedenken mit dem &#x017F;ie ihm ge-<lb/>
&#x017F;chworen und verpflichtet &#x017F;eyen. Auch &#x017F;ey das gar nicht<lb/>
die Ur&#x017F;ache ihrer ab&#x017F;chläglichen Antwort, &#x017F;ondern allein der<lb/>
Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge-<lb/>
pflogen.</p><lb/>
          <p>Ehe die&#x017F;e Antwort ankam, waren die Stände &#x017F;chon<lb/>
aus einander gegangen. Ein Ab&#x017F;chied war nicht verfaßt<lb/>
worden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0207] Reichstag zu Worms 1509. Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze einen Vorſchlag machen, darauf würden ſie eingehn. Die Commiſſarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al- ler Stände ſey: die Stände erwiederten: ſo ſey von ihnen allen, ganz einhellig beſchloſſen worden. Die Commiſſa- rien verſetzten: ſo bleibe ihnen nichts übrig, als an den Kaiſer zu berichten und deſſen Antwort abzuwarten. Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer und Flamme gerieth. Von den italieniſchen Grenzen, von Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl verſiegelt. Zuerſt rechtfertigte er darin ſein eignes Betra- gen, beſonders den Abſchluß des letzten Vertrags, wozu er wohl Fug und Macht gehabt, „als regierender römi- ſcher Kaiſer, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho- hem Rath und Erwägen;“ dann warf er die Schuld der bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll- kommene Leiſtung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er nicht gelten laſſen. Sie müſſen nicht Schätze ſammeln wollen, ſondern den Eid bedenken mit dem ſie ihm ge- ſchworen und verpflichtet ſeyen. Auch ſey das gar nicht die Urſache ihrer abſchläglichen Antwort, ſondern allein der Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge- pflogen. Ehe dieſe Antwort ankam, waren die Stände ſchon aus einander gegangen. Ein Abſchied war nicht verfaßt worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/207
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/207>, abgerufen am 21.11.2024.