Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze einen Vorschlag machen, darauf würden sie eingehn. Die Commissarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al- ler Stände sey: die Stände erwiederten: so sey von ihnen allen, ganz einhellig beschlossen worden. Die Commissa- rien versetzten: so bleibe ihnen nichts übrig, als an den Kaiser zu berichten und dessen Antwort abzuwarten.
Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer und Flamme gerieth. Von den italienischen Grenzen, von Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl versiegelt. Zuerst rechtfertigte er darin sein eignes Betra- gen, besonders den Abschluß des letzten Vertrags, wozu er wohl Fug und Macht gehabt, "als regierender römi- scher Kaiser, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho- hem Rath und Erwägen;" dann warf er die Schuld der bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll- kommene Leistung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er nicht gelten lassen. Sie müssen nicht Schätze sammeln wollen, sondern den Eid bedenken mit dem sie ihm ge- schworen und verpflichtet seyen. Auch sey das gar nicht die Ursache ihrer abschläglichen Antwort, sondern allein der Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge- pflogen.
Ehe diese Antwort ankam, waren die Stände schon aus einander gegangen. Ein Abschied war nicht verfaßt worden.
Reichstag zu Worms 1509.
Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze einen Vorſchlag machen, darauf würden ſie eingehn. Die Commiſſarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al- ler Stände ſey: die Stände erwiederten: ſo ſey von ihnen allen, ganz einhellig beſchloſſen worden. Die Commiſſa- rien verſetzten: ſo bleibe ihnen nichts übrig, als an den Kaiſer zu berichten und deſſen Antwort abzuwarten.
Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer und Flamme gerieth. Von den italieniſchen Grenzen, von Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl verſiegelt. Zuerſt rechtfertigte er darin ſein eignes Betra- gen, beſonders den Abſchluß des letzten Vertrags, wozu er wohl Fug und Macht gehabt, „als regierender römi- ſcher Kaiſer, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho- hem Rath und Erwägen;“ dann warf er die Schuld der bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll- kommene Leiſtung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er nicht gelten laſſen. Sie müſſen nicht Schätze ſammeln wollen, ſondern den Eid bedenken mit dem ſie ihm ge- ſchworen und verpflichtet ſeyen. Auch ſey das gar nicht die Urſache ihrer abſchläglichen Antwort, ſondern allein der Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge- pflogen.
Ehe dieſe Antwort ankam, waren die Stände ſchon aus einander gegangen. Ein Abſchied war nicht verfaßt worden.
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Reichstag zu Worms 1509.
Friede und Recht, über das Kammergericht oder die Münze
einen Vorſchlag machen, darauf würden ſie eingehn. Die
Commiſſarien fragten, ob dieß die einhellige Meinung al-
ler Stände ſey: die Stände erwiederten: ſo ſey von ihnen
allen, ganz einhellig beſchloſſen worden. Die Commiſſa-
rien verſetzten: ſo bleibe ihnen nichts übrig, als an den
Kaiſer zu berichten und deſſen Antwort abzuwarten.
Man kann denken, wie Der nun darüber in Feuer
und Flamme gerieth. Von den italieniſchen Grenzen, von
Trient ließ er eine heftige Antwort ausgehn gedruckt obwohl
verſiegelt. Zuerſt rechtfertigte er darin ſein eignes Betra-
gen, beſonders den Abſchluß des letzten Vertrags, wozu
er wohl Fug und Macht gehabt, „als regierender römi-
ſcher Kaiſer, nach Schickung des Allmächtigen, nach ho-
hem Rath und Erwägen;“ dann warf er die Schuld der
bisherigen Unfälle auf die Stände zurück, auf die unvoll-
kommene Leiſtung ihrer Hülfe. Ihr Unvermögen könne er
nicht gelten laſſen. Sie müſſen nicht Schätze ſammeln
wollen, ſondern den Eid bedenken mit dem ſie ihm ge-
ſchworen und verpflichtet ſeyen. Auch ſey das gar nicht
die Urſache ihrer abſchläglichen Antwort, ſondern allein der
Unwille, den Einige gefaßt, weil er ihres Raths nicht ge-
pflogen.
Ehe dieſe Antwort ankam, waren die Stände ſchon
aus einander gegangen. Ein Abſchied war nicht verfaßt
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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