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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.

Mit größerem Eifer gieng man auf die andre Seite
der kaiserlichen Vorschläge ein, welche die Execution der
kammergerichtlichen Urtel betraf. Man abstrahirte von den
vier Vierteln, in welche Maximilian wie einst Albrecht II
das Reich einzutheilen gedacht hatte, und faßte die Idee,
die Eintheilung der Kreise, die bisher nur für die Wah-
len zum Regiment und zum Kammergericht in Anwen-
dung gekommen, zu diesem Zwecke zu benutzen und sie noch
tauglicher zu machen. Auch die churfürstlichen und die
kaiserlichen Erblande sollten jetzt den Kreisen beigezählt wer-
den: Sachsen und Brandenburg mit ihren Häusern soll-
ten den siebenten, die vier rheinischen Churfürsten den ach-
ten, Östreich den neunten, Burgund den zehnten Kreis bil-
den. In einem jeden sollten Hauptleute zur Execution des
Rechtes aufgestellt werden.

Aber auch hierüber erhob sich sogleich die wichtigste
Differenz. Der Kaiser nahm eigenen Antheil an der Er-
nennung dieser Hauptleute in Anspruch, ja er forderte über-
dieß einen Oberhauptmann dessen er sich in auswärtigen
Kriegen bedienen könne, und einen Rath von 8 Mitglie-
dern, der an seinem Hof residiren solle, -- eine Art von Re-
giment, -- von dessen Theilnahme an den Geschäften er sich
besondern Einfluß auf das Reich versprach. Die Stände
dagegen wollten weder von diesen Räthen, noch von dem
Oberhauptmann etwas wissen; die Hauptleute in ihren
Kreisen wollten sie selber ernennen.

Hierüber kam es in Cölln, im August 1512, noch
einmal zu lebhaften Mißhelligkeiten. Der Kaiser gab eines
Tages den Ständen ihre Antwort gradezu zurück, weil er

Erſtes Buch.

Mit größerem Eifer gieng man auf die andre Seite
der kaiſerlichen Vorſchläge ein, welche die Execution der
kammergerichtlichen Urtel betraf. Man abſtrahirte von den
vier Vierteln, in welche Maximilian wie einſt Albrecht II
das Reich einzutheilen gedacht hatte, und faßte die Idee,
die Eintheilung der Kreiſe, die bisher nur für die Wah-
len zum Regiment und zum Kammergericht in Anwen-
dung gekommen, zu dieſem Zwecke zu benutzen und ſie noch
tauglicher zu machen. Auch die churfürſtlichen und die
kaiſerlichen Erblande ſollten jetzt den Kreiſen beigezählt wer-
den: Sachſen und Brandenburg mit ihren Häuſern ſoll-
ten den ſiebenten, die vier rheiniſchen Churfürſten den ach-
ten, Öſtreich den neunten, Burgund den zehnten Kreis bil-
den. In einem jeden ſollten Hauptleute zur Execution des
Rechtes aufgeſtellt werden.

Aber auch hierüber erhob ſich ſogleich die wichtigſte
Differenz. Der Kaiſer nahm eigenen Antheil an der Er-
nennung dieſer Hauptleute in Anſpruch, ja er forderte über-
dieß einen Oberhauptmann deſſen er ſich in auswärtigen
Kriegen bedienen könne, und einen Rath von 8 Mitglie-
dern, der an ſeinem Hof reſidiren ſolle, — eine Art von Re-
giment, — von deſſen Theilnahme an den Geſchäften er ſich
beſondern Einfluß auf das Reich verſprach. Die Stände
dagegen wollten weder von dieſen Räthen, noch von dem
Oberhauptmann etwas wiſſen; die Hauptleute in ihren
Kreiſen wollten ſie ſelber ernennen.

Hierüber kam es in Cölln, im Auguſt 1512, noch
einmal zu lebhaften Mißhelligkeiten. Der Kaiſer gab eines
Tages den Ständen ihre Antwort gradezu zurück, weil er

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[198/0216] Erſtes Buch. Mit größerem Eifer gieng man auf die andre Seite der kaiſerlichen Vorſchläge ein, welche die Execution der kammergerichtlichen Urtel betraf. Man abſtrahirte von den vier Vierteln, in welche Maximilian wie einſt Albrecht II das Reich einzutheilen gedacht hatte, und faßte die Idee, die Eintheilung der Kreiſe, die bisher nur für die Wah- len zum Regiment und zum Kammergericht in Anwen- dung gekommen, zu dieſem Zwecke zu benutzen und ſie noch tauglicher zu machen. Auch die churfürſtlichen und die kaiſerlichen Erblande ſollten jetzt den Kreiſen beigezählt wer- den: Sachſen und Brandenburg mit ihren Häuſern ſoll- ten den ſiebenten, die vier rheiniſchen Churfürſten den ach- ten, Öſtreich den neunten, Burgund den zehnten Kreis bil- den. In einem jeden ſollten Hauptleute zur Execution des Rechtes aufgeſtellt werden. Aber auch hierüber erhob ſich ſogleich die wichtigſte Differenz. Der Kaiſer nahm eigenen Antheil an der Er- nennung dieſer Hauptleute in Anſpruch, ja er forderte über- dieß einen Oberhauptmann deſſen er ſich in auswärtigen Kriegen bedienen könne, und einen Rath von 8 Mitglie- dern, der an ſeinem Hof reſidiren ſolle, — eine Art von Re- giment, — von deſſen Theilnahme an den Geſchäften er ſich beſondern Einfluß auf das Reich verſprach. Die Stände dagegen wollten weder von dieſen Räthen, noch von dem Oberhauptmann etwas wiſſen; die Hauptleute in ihren Kreiſen wollten ſie ſelber ernennen. Hierüber kam es in Cölln, im Auguſt 1512, noch einmal zu lebhaften Mißhelligkeiten. Der Kaiſer gab eines Tages den Ständen ihre Antwort gradezu zurück, weil er

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/216>, abgerufen am 21.11.2024.