Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Ursprung der religiösen Opposition. len, die Feinde, welche in Ismails Hand gefallen, seyengebraten und verzehrt worden. 1 Der Osmane, Sultan Selim dagegen eröffnete seinen Krieg gegen den Neben- buhler damit, daß er alle Shii von sieben bis zu siebenzig Jahren in seinen gesammten Landen aufspüren und auf einen Tag umbringen ließ, wie Seadeddin sagt "40000 Köpfe mit niederträchtigen Seelen." Man sieht: diese Geg- ner waren einander werth. Und auch in dem Christenthum herrschte eine Spal- 1 Hammer: Osmanische Geschichte II, 345. 2 Stellen aus ihrem Abmahnungsschreiben bei Gieseler Kir-
chengeschichte II, 4, p. 545. Urſprung der religioͤſen Oppoſition. len, die Feinde, welche in Ismails Hand gefallen, ſeyengebraten und verzehrt worden. 1 Der Osmane, Sultan Selim dagegen eröffnete ſeinen Krieg gegen den Neben- buhler damit, daß er alle Shii von ſieben bis zu ſiebenzig Jahren in ſeinen geſammten Landen aufſpüren und auf einen Tag umbringen ließ, wie Seadeddin ſagt „40000 Köpfe mit niederträchtigen Seelen.“ Man ſieht: dieſe Geg- ner waren einander werth. Und auch in dem Chriſtenthum herrſchte eine Spal- 1 Hammer: Osmaniſche Geſchichte II, 345. 2 Stellen aus ihrem Abmahnungsſchreiben bei Gieſeler Kir-
chengeſchichte II, 4, p. 545. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0247" n="229"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Urſprung der religioͤſen Oppoſition</hi>.</fw><lb/> len, die Feinde, welche in Ismails Hand gefallen, ſeyen<lb/> gebraten und verzehrt worden. <note place="foot" n="1">Hammer: Osmaniſche Geſchichte <hi rendition="#aq">II,</hi> 345.</note> Der Osmane, Sultan<lb/> Selim dagegen eröffnete ſeinen Krieg gegen den Neben-<lb/> buhler damit, daß er alle Shii von ſieben bis zu ſiebenzig<lb/> Jahren in ſeinen geſammten Landen aufſpüren und auf<lb/> einen Tag umbringen ließ, wie Seadeddin ſagt „40000<lb/> Köpfe mit niederträchtigen Seelen.“ Man ſieht: dieſe Geg-<lb/> ner waren einander werth.</p><lb/> <p>Und auch in dem Chriſtenthum herrſchte eine Spal-<lb/> tung zwiſchen der griechiſch-orientaliſchen und der lateini-<lb/> ſchen Kirche, die zwar nicht zu ſo wilden Ausbrüchen ge-<lb/> waltthätiger Roheit führte, aber doch auch nicht beigelegt<lb/> werden konnte. Selbſt die unwiderſtehlich heranfluthende,<lb/> das unmittelbare Verderben drohende türkiſche Macht konnte<lb/> die Griechen nicht bewegen, die Bedingung, unter der ihnen<lb/> der Beiſtand des Abendlandes angeboten ward — Beitritt zu<lb/> den unterſcheidenden Formeln des Bekenntniſſes — anders<lb/> als für den Augenblick und oſtenſibel einzugehen. Die Ver-<lb/> einigung, welche 1439 ſo mühſam zu Florenz zu Stande<lb/> gebracht wurde, fand wenig Theilnahme bei den Einen,<lb/> bei den Andern den lebhafteſten Widerſpruch; die Patriar-<lb/> chen von Alexandrien, Antiochien und Jeruſalem eiferten<lb/> laut gegen die Abweichung von der canoniſchen und ſyno-<lb/> dalen Tradition die darin liege; ſie bedrohten den griechi-<lb/> ſchen Kaiſer wegen ſeiner Nachgiebigkeit gegen die lateiniſche<lb/> Heterodoxie ihrerſeits mit einem Schisma. <note place="foot" n="2">Stellen aus ihrem Abmahnungsſchreiben bei Gieſeler Kir-<lb/> chengeſchichte <hi rendition="#aq">II, 4, p.</hi> 545.</note></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0247]
Urſprung der religioͤſen Oppoſition.
len, die Feinde, welche in Ismails Hand gefallen, ſeyen
gebraten und verzehrt worden. 1 Der Osmane, Sultan
Selim dagegen eröffnete ſeinen Krieg gegen den Neben-
buhler damit, daß er alle Shii von ſieben bis zu ſiebenzig
Jahren in ſeinen geſammten Landen aufſpüren und auf
einen Tag umbringen ließ, wie Seadeddin ſagt „40000
Köpfe mit niederträchtigen Seelen.“ Man ſieht: dieſe Geg-
ner waren einander werth.
Und auch in dem Chriſtenthum herrſchte eine Spal-
tung zwiſchen der griechiſch-orientaliſchen und der lateini-
ſchen Kirche, die zwar nicht zu ſo wilden Ausbrüchen ge-
waltthätiger Roheit führte, aber doch auch nicht beigelegt
werden konnte. Selbſt die unwiderſtehlich heranfluthende,
das unmittelbare Verderben drohende türkiſche Macht konnte
die Griechen nicht bewegen, die Bedingung, unter der ihnen
der Beiſtand des Abendlandes angeboten ward — Beitritt zu
den unterſcheidenden Formeln des Bekenntniſſes — anders
als für den Augenblick und oſtenſibel einzugehen. Die Ver-
einigung, welche 1439 ſo mühſam zu Florenz zu Stande
gebracht wurde, fand wenig Theilnahme bei den Einen,
bei den Andern den lebhafteſten Widerſpruch; die Patriar-
chen von Alexandrien, Antiochien und Jeruſalem eiferten
laut gegen die Abweichung von der canoniſchen und ſyno-
dalen Tradition die darin liege; ſie bedrohten den griechi-
ſchen Kaiſer wegen ſeiner Nachgiebigkeit gegen die lateiniſche
Heterodoxie ihrerſeits mit einem Schisma. 2
1 Hammer: Osmaniſche Geſchichte II, 345.
2 Stellen aus ihrem Abmahnungsſchreiben bei Gieſeler Kir-
chengeſchichte II, 4, p. 545.
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