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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Erstes Capitel.

Gleich mit den ersten Entwürfen zu einer solchen, im
J. 1487, war eine Mahnung an den Papst verbunden,
einen Zehnten abzustellen, den er eigenmächtig in Deutsch-
land aufgelegt hatte und schon hie und da einziehen ließ. 1
Als man hierauf 1495 einen Reichsrath zu errichten dachte,
sprach man auch sogleich die Absicht aus, den Präsiden-
ten zu beauftragen, die Beschwerden der Nation wider
den römischen Stuhl in Betracht zu ziehn. 2 Kaum hatten
sich die Stände 1498 einen Augenblick mit dem König
vereinigt, so beschlossen sie, den Papst aufzufordern die An-
naten, die er so reichlich erhebe, ihnen zu einem Türkenkriege
zu überlassen. So wie dann 1500 das Reichsregiment zu
Stande gekommen, so ließ man auch wirklich eine Ge-
sandtschaft an den Papst abgehen, um ihm diese Bitte
ernstlich vorzutragen und über mancherlei ungesetzliche Ein-
griffe in die Besetzung und Benutzung deutscher Pfründen
Vorstellungen zu machen. 3 Ein päpstlicher Legat, der kurz
nachher anlangte, in der Absicht das Jubeljahr predigen
zu lassen, ward vor allem bedeutet, nichts zu thun ohne
Rath und Wissen der Reichsregierung: 4 man sorgte dafür,
daß seine Indulgenz nicht etwa Übertretern des Landfriedens
zu Gute komme: er hatte denselben vielmehr ausdrücklich

1 Schreiben, von Mainz, Sachsen und Brandenburg versie-
gelt, 26 Juni 1487, bei Müller Rth. Fr. VI, 130.
2 Bei Datt de pace publ. p. 840.
3 Instruction der Reichsgesandtschaft. Müller Reichstags-
staat 117.
4 Articuli tractati et conclusi inter Revmam Dominationem
Dnum Legatum ac senatum et conventum imperii
bei Müller Reichs-
tagsstaat p. 213.
Zweites Buch. Erſtes Capitel.

Gleich mit den erſten Entwürfen zu einer ſolchen, im
J. 1487, war eine Mahnung an den Papſt verbunden,
einen Zehnten abzuſtellen, den er eigenmächtig in Deutſch-
land aufgelegt hatte und ſchon hie und da einziehen ließ. 1
Als man hierauf 1495 einen Reichsrath zu errichten dachte,
ſprach man auch ſogleich die Abſicht aus, den Präſiden-
ten zu beauftragen, die Beſchwerden der Nation wider
den römiſchen Stuhl in Betracht zu ziehn. 2 Kaum hatten
ſich die Stände 1498 einen Augenblick mit dem König
vereinigt, ſo beſchloſſen ſie, den Papſt aufzufordern die An-
naten, die er ſo reichlich erhebe, ihnen zu einem Türkenkriege
zu überlaſſen. So wie dann 1500 das Reichsregiment zu
Stande gekommen, ſo ließ man auch wirklich eine Ge-
ſandtſchaft an den Papſt abgehen, um ihm dieſe Bitte
ernſtlich vorzutragen und über mancherlei ungeſetzliche Ein-
griffe in die Beſetzung und Benutzung deutſcher Pfründen
Vorſtellungen zu machen. 3 Ein päpſtlicher Legat, der kurz
nachher anlangte, in der Abſicht das Jubeljahr predigen
zu laſſen, ward vor allem bedeutet, nichts zu thun ohne
Rath und Wiſſen der Reichsregierung: 4 man ſorgte dafür,
daß ſeine Indulgenz nicht etwa Übertretern des Landfriedens
zu Gute komme: er hatte denſelben vielmehr ausdrücklich

1 Schreiben, von Mainz, Sachſen und Brandenburg verſie-
gelt, 26 Juni 1487, bei Muͤller Rth. Fr. VI, 130.
2 Bei Datt de pace publ. p. 840.
3 Inſtruction der Reichsgeſandtſchaft. Muͤller Reichstags-
ſtaat 117.
4 Articuli tractati et conclusi inter Revmam Dominationem
Dnum Legatum ac senatum et conventum imperii
bei Muͤller Reichs-
tagsſtaat p. 213.
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[248/0266] Zweites Buch. Erſtes Capitel. Gleich mit den erſten Entwürfen zu einer ſolchen, im J. 1487, war eine Mahnung an den Papſt verbunden, einen Zehnten abzuſtellen, den er eigenmächtig in Deutſch- land aufgelegt hatte und ſchon hie und da einziehen ließ. 1 Als man hierauf 1495 einen Reichsrath zu errichten dachte, ſprach man auch ſogleich die Abſicht aus, den Präſiden- ten zu beauftragen, die Beſchwerden der Nation wider den römiſchen Stuhl in Betracht zu ziehn. 2 Kaum hatten ſich die Stände 1498 einen Augenblick mit dem König vereinigt, ſo beſchloſſen ſie, den Papſt aufzufordern die An- naten, die er ſo reichlich erhebe, ihnen zu einem Türkenkriege zu überlaſſen. So wie dann 1500 das Reichsregiment zu Stande gekommen, ſo ließ man auch wirklich eine Ge- ſandtſchaft an den Papſt abgehen, um ihm dieſe Bitte ernſtlich vorzutragen und über mancherlei ungeſetzliche Ein- griffe in die Beſetzung und Benutzung deutſcher Pfründen Vorſtellungen zu machen. 3 Ein päpſtlicher Legat, der kurz nachher anlangte, in der Abſicht das Jubeljahr predigen zu laſſen, ward vor allem bedeutet, nichts zu thun ohne Rath und Wiſſen der Reichsregierung: 4 man ſorgte dafür, daß ſeine Indulgenz nicht etwa Übertretern des Landfriedens zu Gute komme: er hatte denſelben vielmehr ausdrücklich 1 Schreiben, von Mainz, Sachſen und Brandenburg verſie- gelt, 26 Juni 1487, bei Muͤller Rth. Fr. VI, 130. 2 Bei Datt de pace publ. p. 840. 3 Inſtruction der Reichsgeſandtſchaft. Muͤller Reichstags- ſtaat 117. 4 Articuli tractati et conclusi inter Revmam Dominationem Dnum Legatum ac senatum et conventum imperii bei Muͤller Reichs- tagsſtaat p. 213.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/266>, abgerufen am 24.11.2024.