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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Carolingische Zeiten.
Macht emancipiren mußte. Damit wagte man gleich da-
mals hervorzutreten. Eine Reihe von Namen alter Päpste
mußte dienen, um erdichtete Documente daran zu knüpfen,
denen man gesetzliches Ansehen beimaß.

Und was ließ sich nicht alles in dieser Zeit tiefer histo-
rischer Unwissenheit, in welche die vergangenen Jahrhun-
derte nur in wahnumgebenem Halbdunkel reflectirten, und
unter Fürsten erreichen wie die Nachfolger Carls des Großen
waren, deren Geist durch die religiösen Einflüsse nicht geho-
ben und gereinigt, sondern unterdrückt wurde, so daß sie die
spirituelle und die weltliche Seite der clericalischen Thätig-
keit nicht mehr unterscheiden konnten.

Man darf es wohl nicht in Abrede stellen, daß die
Thronfolgeordnung welche Ludwig der Fromme, ohne auf
die Warnungen seiner Getreuen zu hören, im Widerspruch
mit allen germanischen Ideen, im J. 817 festsetzte,
hauptsächlich unter dem Einfluß der Geistlichen getroffen
ward. 1 Es sollten, wie Agobardus sagt, nicht drei Reiche
entstehen: ein einziges sollte es bleiben. Die Theilung des
Reiches schien die Einheit der Kirche zu gefährden. Wie
es hauptsächlich geistliche Motive sind, welche der Kaiser
anführt, so wurden die getroffenen Anordnungen mit allem
Pomp religiöser Ceremonie bekräftigt: mit Messen, Fasten,
Vertheilung von Almosen: Jedermann beschwur sie: man
hielt dafür Gott habe sie eingegeben.

Und nun hätte Niemand sich beikommen lassen dürfen
davon abzuweichen: selbst der Kaiser nicht.

Wenigstens schlug es ihm zu großem Unheil aus, als

1 Fauriel Histoire de la Gaule merid. IV, 87 führt dieß
näher aus.

Carolingiſche Zeiten.
Macht emancipiren mußte. Damit wagte man gleich da-
mals hervorzutreten. Eine Reihe von Namen alter Päpſte
mußte dienen, um erdichtete Documente daran zu knüpfen,
denen man geſetzliches Anſehen beimaß.

Und was ließ ſich nicht alles in dieſer Zeit tiefer hiſto-
riſcher Unwiſſenheit, in welche die vergangenen Jahrhun-
derte nur in wahnumgebenem Halbdunkel reflectirten, und
unter Fürſten erreichen wie die Nachfolger Carls des Großen
waren, deren Geiſt durch die religiöſen Einflüſſe nicht geho-
ben und gereinigt, ſondern unterdrückt wurde, ſo daß ſie die
ſpirituelle und die weltliche Seite der clericaliſchen Thätig-
keit nicht mehr unterſcheiden konnten.

Man darf es wohl nicht in Abrede ſtellen, daß die
Thronfolgeordnung welche Ludwig der Fromme, ohne auf
die Warnungen ſeiner Getreuen zu hören, im Widerſpruch
mit allen germaniſchen Ideen, im J. 817 feſtſetzte,
hauptſächlich unter dem Einfluß der Geiſtlichen getroffen
ward. 1 Es ſollten, wie Agobardus ſagt, nicht drei Reiche
entſtehen: ein einziges ſollte es bleiben. Die Theilung des
Reiches ſchien die Einheit der Kirche zu gefährden. Wie
es hauptſächlich geiſtliche Motive ſind, welche der Kaiſer
anführt, ſo wurden die getroffenen Anordnungen mit allem
Pomp religiöſer Ceremonie bekräftigt: mit Meſſen, Faſten,
Vertheilung von Almoſen: Jedermann beſchwur ſie: man
hielt dafür Gott habe ſie eingegeben.

Und nun hätte Niemand ſich beikommen laſſen dürfen
davon abzuweichen: ſelbſt der Kaiſer nicht.

Wenigſtens ſchlug es ihm zu großem Unheil aus, als

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naͤher aus.
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[11/0029] Carolingiſche Zeiten. Macht emancipiren mußte. Damit wagte man gleich da- mals hervorzutreten. Eine Reihe von Namen alter Päpſte mußte dienen, um erdichtete Documente daran zu knüpfen, denen man geſetzliches Anſehen beimaß. Und was ließ ſich nicht alles in dieſer Zeit tiefer hiſto- riſcher Unwiſſenheit, in welche die vergangenen Jahrhun- derte nur in wahnumgebenem Halbdunkel reflectirten, und unter Fürſten erreichen wie die Nachfolger Carls des Großen waren, deren Geiſt durch die religiöſen Einflüſſe nicht geho- ben und gereinigt, ſondern unterdrückt wurde, ſo daß ſie die ſpirituelle und die weltliche Seite der clericaliſchen Thätig- keit nicht mehr unterſcheiden konnten. Man darf es wohl nicht in Abrede ſtellen, daß die Thronfolgeordnung welche Ludwig der Fromme, ohne auf die Warnungen ſeiner Getreuen zu hören, im Widerſpruch mit allen germaniſchen Ideen, im J. 817 feſtſetzte, hauptſächlich unter dem Einfluß der Geiſtlichen getroffen ward. 1 Es ſollten, wie Agobardus ſagt, nicht drei Reiche entſtehen: ein einziges ſollte es bleiben. Die Theilung des Reiches ſchien die Einheit der Kirche zu gefährden. Wie es hauptſächlich geiſtliche Motive ſind, welche der Kaiſer anführt, ſo wurden die getroffenen Anordnungen mit allem Pomp religiöſer Ceremonie bekräftigt: mit Meſſen, Faſten, Vertheilung von Almoſen: Jedermann beſchwur ſie: man hielt dafür Gott habe ſie eingegeben. Und nun hätte Niemand ſich beikommen laſſen dürfen davon abzuweichen: ſelbſt der Kaiſer nicht. Wenigſtens ſchlug es ihm zu großem Unheil aus, als 1 Fauriel Histoire de la Gaule mérid. IV, 87 fuͤhrt dieß naͤher aus.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/29>, abgerufen am 21.11.2024.