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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Erstes Capitel.
gen einige Cardinäle, der Cardinäle unter einander und auch
gegen den Papst. Was da aber auch gesagt worden seyn
mag, so ließ sich Leo die Gelegenheit nicht entgehn seine
Gewalt auf immer zu begründen. Er entledigte sich nicht
allein der gefährlichen Gegner, sondern er schritt zu einer
großen Creation von Cardinälen, ein und dreißig auf ein-
mal, durch die er nun für alle Fälle die Majorität hatte
und ohne Widerrede herrschte. 1

Auch in dem Staat war noch einmal ein gewaltiger
Sturm ausgebrochen; der aus Urbino verjagte Herzog Franz
Maria war dahin zurückgekehrt, und hatte einen Krieg an-
gefangen, dessen Erfolge den Papst lange Zeit in halb er-
bitterter halb beschämter Aufregung hielten; allmählig aber
ward man doch auch hier wieder Meister; Ströme von
Gold verschlang dieser Krieg, 2 aber man fand die Mittel
sie sich zu verschaffen.

Bei der Stellung die der Papst, Gebieter von Florenz,
Meister von Siena, überhaupt genommen, bei den guten Ver-
bindungen in denen er mit den Mächten von Europa stand,
den Aussichten die sein Haus auf das übrige Italien ge-
faßt, kam ihm alles darauf an, einer verschwenderischen
Verwaltung die sich nichts versagte zum Trotz, doch bei
Casse zu seyn. So oft wie möglich suchte er außerordent-
liche Einkünfte von der Kirche zu ziehen.

Das Lateranconcilium ward noch unmittelbar vor sei-
nem Schlusse (15 März 1517) bewogen, dem Papst einen

1 Paris de Grassis bei Rainaldus 1517. 95. Vgl. Jovius
Vita Leonis IV,
67.
2 Leoni Vita di Francesco Maria d' Vrbino p. 205.

Zweites Buch. Erſtes Capitel.
gen einige Cardinäle, der Cardinäle unter einander und auch
gegen den Papſt. Was da aber auch geſagt worden ſeyn
mag, ſo ließ ſich Leo die Gelegenheit nicht entgehn ſeine
Gewalt auf immer zu begründen. Er entledigte ſich nicht
allein der gefährlichen Gegner, ſondern er ſchritt zu einer
großen Creation von Cardinälen, ein und dreißig auf ein-
mal, durch die er nun für alle Fälle die Majorität hatte
und ohne Widerrede herrſchte. 1

Auch in dem Staat war noch einmal ein gewaltiger
Sturm ausgebrochen; der aus Urbino verjagte Herzog Franz
Maria war dahin zurückgekehrt, und hatte einen Krieg an-
gefangen, deſſen Erfolge den Papſt lange Zeit in halb er-
bitterter halb beſchämter Aufregung hielten; allmählig aber
ward man doch auch hier wieder Meiſter; Ströme von
Gold verſchlang dieſer Krieg, 2 aber man fand die Mittel
ſie ſich zu verſchaffen.

Bei der Stellung die der Papſt, Gebieter von Florenz,
Meiſter von Siena, überhaupt genommen, bei den guten Ver-
bindungen in denen er mit den Mächten von Europa ſtand,
den Ausſichten die ſein Haus auf das übrige Italien ge-
faßt, kam ihm alles darauf an, einer verſchwenderiſchen
Verwaltung die ſich nichts verſagte zum Trotz, doch bei
Caſſe zu ſeyn. So oft wie möglich ſuchte er außerordent-
liche Einkünfte von der Kirche zu ziehen.

Das Lateranconcilium ward noch unmittelbar vor ſei-
nem Schluſſe (15 März 1517) bewogen, dem Papſt einen

1 Paris de Grassis bei Rainaldus 1517. 95. Vgl. Jovius
Vita Leonis IV,
67.
2 Leoni Vita di Francesco Maria d’ Vrbino p. 205.
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[306/0324] Zweites Buch. Erſtes Capitel. gen einige Cardinäle, der Cardinäle unter einander und auch gegen den Papſt. Was da aber auch geſagt worden ſeyn mag, ſo ließ ſich Leo die Gelegenheit nicht entgehn ſeine Gewalt auf immer zu begründen. Er entledigte ſich nicht allein der gefährlichen Gegner, ſondern er ſchritt zu einer großen Creation von Cardinälen, ein und dreißig auf ein- mal, durch die er nun für alle Fälle die Majorität hatte und ohne Widerrede herrſchte. 1 Auch in dem Staat war noch einmal ein gewaltiger Sturm ausgebrochen; der aus Urbino verjagte Herzog Franz Maria war dahin zurückgekehrt, und hatte einen Krieg an- gefangen, deſſen Erfolge den Papſt lange Zeit in halb er- bitterter halb beſchämter Aufregung hielten; allmählig aber ward man doch auch hier wieder Meiſter; Ströme von Gold verſchlang dieſer Krieg, 2 aber man fand die Mittel ſie ſich zu verſchaffen. Bei der Stellung die der Papſt, Gebieter von Florenz, Meiſter von Siena, überhaupt genommen, bei den guten Ver- bindungen in denen er mit den Mächten von Europa ſtand, den Ausſichten die ſein Haus auf das übrige Italien ge- faßt, kam ihm alles darauf an, einer verſchwenderiſchen Verwaltung die ſich nichts verſagte zum Trotz, doch bei Caſſe zu ſeyn. So oft wie möglich ſuchte er außerordent- liche Einkünfte von der Kirche zu ziehen. Das Lateranconcilium ward noch unmittelbar vor ſei- nem Schluſſe (15 März 1517) bewogen, dem Papſt einen 1 Paris de Grassis bei Rainaldus 1517. 95. Vgl. Jovius Vita Leonis IV, 67. 2 Leoni Vita di Francesco Maria d’ Vrbino p. 205.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/324>, abgerufen am 16.07.2024.