Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Ablaß in Deutschland.
Vernehmen mit dem Papst aufrecht zu erhalten. Einer
der angesehensten deutschen Reichsfürsten, der Erzcanzler
von Germanien, Churfürst Albrecht von Mainz, geborner
Markgraf von Brandenburg, war so stark in das Interesse
gezogen als möglich: ein Theil des Ertrages war für sei-
nen eignen Vortheil bestimmt.

Von den drei Commissionen nemlich, in welche die
deutschen Gebiete getheilt waren, umfaßte die eine, welche ein
Mitglied der römischen Prälatur Arcimbold verwaltete, den
größten Theil der ober- und niederdeutschen Diöcesen; die
andre, welche nur Östreich und die Schweiz begriff, fiel
den Unterbeamten des Franciscanergenerals Christoph Nu-
mai von Forli anheim; 1 die dritte hatte der Churfürst von
Mainz selbst übernommen, in seinen eignen großen erzbi-
schöflichen Provinzen, Mainz und Magdeburg, und zwar
auf folgende Veranlassung.

Wir erinnern uns, welche Kosten die so oft wieder-
kehrenden Vacanzen dem Erzstift Mainz verursacht hatten.
Im Jahr 1513 wählte das Capitel den Markgrafen Albrecht
auch deshalb, weil er dem Stifte mit den Kosten des Pal-
liums nicht beschwerlich zu werden versprach. Allein auch
er wäre nicht fähig gewesen sie aus eignen Mitteln zu be-
streiten. Man traf die Auskunft, daß er zu Befriedigung
des römischen Hofes 30000 G. bei dem Hause der Fugger
in Augsburg aufnahm, und um diese zurückzahlen zu kön-

1 Dessen Unterbevollmächtigter war Samson, von dem es in
einer Flugschrift von 1521 heißt: er habe den Bauern "Baßporten
geben in den Hymel durch ein Tollmetschen, von welchem Kaufmann-
schatz hatt er gut silberin Platten gefiret gen Mailand."

Ablaß in Deutſchland.
Vernehmen mit dem Papſt aufrecht zu erhalten. Einer
der angeſehenſten deutſchen Reichsfürſten, der Erzcanzler
von Germanien, Churfürſt Albrecht von Mainz, geborner
Markgraf von Brandenburg, war ſo ſtark in das Intereſſe
gezogen als möglich: ein Theil des Ertrages war für ſei-
nen eignen Vortheil beſtimmt.

Von den drei Commiſſionen nemlich, in welche die
deutſchen Gebiete getheilt waren, umfaßte die eine, welche ein
Mitglied der römiſchen Prälatur Arcimbold verwaltete, den
größten Theil der ober- und niederdeutſchen Diöceſen; die
andre, welche nur Öſtreich und die Schweiz begriff, fiel
den Unterbeamten des Franciscanergenerals Chriſtoph Nu-
mai von Forli anheim; 1 die dritte hatte der Churfürſt von
Mainz ſelbſt übernommen, in ſeinen eignen großen erzbi-
ſchöflichen Provinzen, Mainz und Magdeburg, und zwar
auf folgende Veranlaſſung.

Wir erinnern uns, welche Koſten die ſo oft wieder-
kehrenden Vacanzen dem Erzſtift Mainz verurſacht hatten.
Im Jahr 1513 wählte das Capitel den Markgrafen Albrecht
auch deshalb, weil er dem Stifte mit den Koſten des Pal-
liums nicht beſchwerlich zu werden verſprach. Allein auch
er wäre nicht fähig geweſen ſie aus eignen Mitteln zu be-
ſtreiten. Man traf die Auskunft, daß er zu Befriedigung
des römiſchen Hofes 30000 G. bei dem Hauſe der Fugger
in Augsburg aufnahm, und um dieſe zurückzahlen zu kön-

1 Deſſen Unterbevollmaͤchtigter war Samſon, von dem es in
einer Flugſchrift von 1521 heißt: er habe den Bauern „Baßporten
geben in den Hymel durch ein Tollmetſchen, von welchem Kaufmann-
ſchatz hatt er gut ſilberin Platten gefiret gen Mailand.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0327" n="309"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ablaß in Deut&#x017F;chland</hi>.</fw><lb/>
Vernehmen mit dem Pap&#x017F;t aufrecht zu erhalten. Einer<lb/>
der ange&#x017F;ehen&#x017F;ten deut&#x017F;chen Reichsfür&#x017F;ten, der Erzcanzler<lb/>
von Germanien, Churfür&#x017F;t Albrecht von Mainz, geborner<lb/>
Markgraf von Brandenburg, war &#x017F;o &#x017F;tark in das Intere&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gezogen als möglich: ein Theil des Ertrages war für &#x017F;ei-<lb/>
nen eignen Vortheil be&#x017F;timmt.</p><lb/>
            <p>Von den drei Commi&#x017F;&#x017F;ionen nemlich, in welche die<lb/>
deut&#x017F;chen Gebiete getheilt waren, umfaßte die eine, welche ein<lb/>
Mitglied der römi&#x017F;chen Prälatur Arcimbold verwaltete, den<lb/>
größten Theil der ober- und niederdeut&#x017F;chen Diöce&#x017F;en; die<lb/>
andre, welche nur Ö&#x017F;treich und die Schweiz begriff, fiel<lb/>
den Unterbeamten des Franciscanergenerals Chri&#x017F;toph Nu-<lb/>
mai von Forli anheim; <note place="foot" n="1">De&#x017F;&#x017F;en Unterbevollma&#x0364;chtigter war Sam&#x017F;on, von dem es in<lb/>
einer Flug&#x017F;chrift von 1521 heißt: er habe den Bauern &#x201E;Baßporten<lb/>
geben in den Hymel durch ein Tollmet&#x017F;chen, von welchem Kaufmann-<lb/>
&#x017F;chatz hatt er gut &#x017F;ilberin Platten gefiret gen Mailand.&#x201C;</note> die dritte hatte der Churfür&#x017F;t von<lb/>
Mainz &#x017F;elb&#x017F;t übernommen, in &#x017F;einen eignen großen erzbi-<lb/>
&#x017F;chöflichen Provinzen, Mainz und Magdeburg, und zwar<lb/>
auf folgende Veranla&#x017F;&#x017F;ung.</p><lb/>
            <p>Wir erinnern uns, welche Ko&#x017F;ten die &#x017F;o oft wieder-<lb/>
kehrenden Vacanzen dem Erz&#x017F;tift Mainz verur&#x017F;acht hatten.<lb/>
Im Jahr 1513 wählte das Capitel den Markgrafen Albrecht<lb/>
auch deshalb, weil er dem Stifte mit den Ko&#x017F;ten des Pal-<lb/>
liums nicht be&#x017F;chwerlich zu werden ver&#x017F;prach. Allein auch<lb/>
er wäre nicht fähig gewe&#x017F;en &#x017F;ie aus eignen Mitteln zu be-<lb/>
&#x017F;treiten. Man traf die Auskunft, daß er zu Befriedigung<lb/>
des römi&#x017F;chen Hofes 30000 G. bei dem Hau&#x017F;e der Fugger<lb/>
in Augsburg aufnahm, und um die&#x017F;e zurückzahlen zu kön-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0327] Ablaß in Deutſchland. Vernehmen mit dem Papſt aufrecht zu erhalten. Einer der angeſehenſten deutſchen Reichsfürſten, der Erzcanzler von Germanien, Churfürſt Albrecht von Mainz, geborner Markgraf von Brandenburg, war ſo ſtark in das Intereſſe gezogen als möglich: ein Theil des Ertrages war für ſei- nen eignen Vortheil beſtimmt. Von den drei Commiſſionen nemlich, in welche die deutſchen Gebiete getheilt waren, umfaßte die eine, welche ein Mitglied der römiſchen Prälatur Arcimbold verwaltete, den größten Theil der ober- und niederdeutſchen Diöceſen; die andre, welche nur Öſtreich und die Schweiz begriff, fiel den Unterbeamten des Franciscanergenerals Chriſtoph Nu- mai von Forli anheim; 1 die dritte hatte der Churfürſt von Mainz ſelbſt übernommen, in ſeinen eignen großen erzbi- ſchöflichen Provinzen, Mainz und Magdeburg, und zwar auf folgende Veranlaſſung. Wir erinnern uns, welche Koſten die ſo oft wieder- kehrenden Vacanzen dem Erzſtift Mainz verurſacht hatten. Im Jahr 1513 wählte das Capitel den Markgrafen Albrecht auch deshalb, weil er dem Stifte mit den Koſten des Pal- liums nicht beſchwerlich zu werden verſprach. Allein auch er wäre nicht fähig geweſen ſie aus eignen Mitteln zu be- ſtreiten. Man traf die Auskunft, daß er zu Befriedigung des römiſchen Hofes 30000 G. bei dem Hauſe der Fugger in Augsburg aufnahm, und um dieſe zurückzahlen zu kön- 1 Deſſen Unterbevollmaͤchtigter war Samſon, von dem es in einer Flugſchrift von 1521 heißt: er habe den Bauern „Baßporten geben in den Hymel durch ein Tollmetſchen, von welchem Kaufmann- ſchatz hatt er gut ſilberin Platten gefiret gen Mailand.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/327
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/327>, abgerufen am 16.07.2024.