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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Erstes Capitel.
nen, sich die Hälfte der aufkommenden Ablaßgelder in seinen
Provinzen vorbehielt. 1 Dieses finanzielle Moment wurde
ganz offen zur Schau getragen. Agenten des Handelshau-
ses zogen mit den Ablaßpredigern umher; Albrecht hatte
sie ermächtigt, jene Hälfte des Geldes sofort in Empfang
zu nehmen, "in Bezahlung der Summe die er ihnen schul-
dig sey." 2 Die Taxe für die große Indulgenz erinnert
an die Bestimmungen über die Auflage des gemeinen Pfen-
nigs. Wir haben Tagebücher in denen man die Ausga-
ben für die geistlichen Güter neben anderm weltlichen An-
kauf in Rechnung bringt. 3

Und betrachten wir nun welches die Güter waren die
man dergestalt erwarb.

Die große Indulgenz für Alle, die zu dem angegebnen
Zwecke der Vollendung der vaticanischen Basilica beisteuern
würden, war Vergebung der Sünden, so daß man die
Gnade Gottes wieder erlange und der im Fegefeuer zu lei-
denden Strafen überhoben werde. Außerdem aber waren
auch noch drei andre Gnaden durch fernere Beiträge zu
erwerben: das Recht sich einen Beichtvater zu wählen, der
in reservirten Fällen absolviren, Gelübde die man gethan
in andre gute Werke verwandeln könne; Theilnahme an
allen Gebeten Fasten Wallfahrten und den übrigen guten
Werken, die in der streitenden Kirche erworben werden;

1 Notizen aus einem handschriftlichen Aufsatz, excerpirt bei
Rathmann Geschichte von Magdeburg III, p. 302.
2 Gudenus Diplom. Moguntiac. IV, 587.
3 Z. B. Johannis Tichtelii Diarium bei Rauch II, 558. Uxor
imposuit pro se duas libras denariorum, pro parentibus dimidiam
l. d., pro domiuo Bartholomaeo dimidiam l. d.

Zweites Buch. Erſtes Capitel.
nen, ſich die Hälfte der aufkommenden Ablaßgelder in ſeinen
Provinzen vorbehielt. 1 Dieſes finanzielle Moment wurde
ganz offen zur Schau getragen. Agenten des Handelshau-
ſes zogen mit den Ablaßpredigern umher; Albrecht hatte
ſie ermächtigt, jene Hälfte des Geldes ſofort in Empfang
zu nehmen, „in Bezahlung der Summe die er ihnen ſchul-
dig ſey.“ 2 Die Taxe für die große Indulgenz erinnert
an die Beſtimmungen über die Auflage des gemeinen Pfen-
nigs. Wir haben Tagebücher in denen man die Ausga-
ben für die geiſtlichen Güter neben anderm weltlichen An-
kauf in Rechnung bringt. 3

Und betrachten wir nun welches die Güter waren die
man dergeſtalt erwarb.

Die große Indulgenz für Alle, die zu dem angegebnen
Zwecke der Vollendung der vaticaniſchen Baſilica beiſteuern
würden, war Vergebung der Sünden, ſo daß man die
Gnade Gottes wieder erlange und der im Fegefeuer zu lei-
denden Strafen überhoben werde. Außerdem aber waren
auch noch drei andre Gnaden durch fernere Beiträge zu
erwerben: das Recht ſich einen Beichtvater zu wählen, der
in reſervirten Fällen abſolviren, Gelübde die man gethan
in andre gute Werke verwandeln könne; Theilnahme an
allen Gebeten Faſten Wallfahrten und den übrigen guten
Werken, die in der ſtreitenden Kirche erworben werden;

1 Notizen aus einem handſchriftlichen Aufſatz, excerpirt bei
Rathmann Geſchichte von Magdeburg III, p. 302.
2 Gudenus Diplom. Moguntiac. IV, 587.
3 Z. B. Johannis Tichtelii Diarium bei Rauch II, 558. Uxor
imposuit pro se duas libras denariorum, pro parentibus dimidiam
l. d., pro domiuo Bartholomaeo dimidiam l. d.
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[310/0328] Zweites Buch. Erſtes Capitel. nen, ſich die Hälfte der aufkommenden Ablaßgelder in ſeinen Provinzen vorbehielt. 1 Dieſes finanzielle Moment wurde ganz offen zur Schau getragen. Agenten des Handelshau- ſes zogen mit den Ablaßpredigern umher; Albrecht hatte ſie ermächtigt, jene Hälfte des Geldes ſofort in Empfang zu nehmen, „in Bezahlung der Summe die er ihnen ſchul- dig ſey.“ 2 Die Taxe für die große Indulgenz erinnert an die Beſtimmungen über die Auflage des gemeinen Pfen- nigs. Wir haben Tagebücher in denen man die Ausga- ben für die geiſtlichen Güter neben anderm weltlichen An- kauf in Rechnung bringt. 3 Und betrachten wir nun welches die Güter waren die man dergeſtalt erwarb. Die große Indulgenz für Alle, die zu dem angegebnen Zwecke der Vollendung der vaticaniſchen Baſilica beiſteuern würden, war Vergebung der Sünden, ſo daß man die Gnade Gottes wieder erlange und der im Fegefeuer zu lei- denden Strafen überhoben werde. Außerdem aber waren auch noch drei andre Gnaden durch fernere Beiträge zu erwerben: das Recht ſich einen Beichtvater zu wählen, der in reſervirten Fällen abſolviren, Gelübde die man gethan in andre gute Werke verwandeln könne; Theilnahme an allen Gebeten Faſten Wallfahrten und den übrigen guten Werken, die in der ſtreitenden Kirche erworben werden; 1 Notizen aus einem handſchriftlichen Aufſatz, excerpirt bei Rathmann Geſchichte von Magdeburg III, p. 302. 2 Gudenus Diplom. Moguntiac. IV, 587. 3 Z. B. Johannis Tichtelii Diarium bei Rauch II, 558. Uxor imposuit pro se duas libras denariorum, pro parentibus dimidiam l. d., pro domiuo Bartholomaeo dimidiam l. d.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/328>, abgerufen am 22.11.2024.