Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Reichstag zu Augsburg 1518. welchem Augustus einst durch den Sieg bei Actium dieHerrschaft der Welt an sich gebracht habe, auch dem h. Peter sey er heilig; dem Kaiser möge er bedeuten, daß er Constantinopel und Jerusalem erobere und das Reich wie die Kirche bis ans Ende der Welt ausbreite. 1 In die- sem Sinne hielt er auch in der Versammlung der Stände eine Rede nach allen Regeln der Rhetorik ausgearbeitet. Den Kaiser zu überreden konnte ihm nun keine Mühe Desto schwieriger aber war es, damit bei den Stän- 1 Jacobi Manlii Historiola duorum actuum bei Freher II, p. 709. 2 Oratio dissuasoria bei Freher II, 701. Der Annahme, daß
Reichstag zu Augsburg 1518. welchem Auguſtus einſt durch den Sieg bei Actium dieHerrſchaft der Welt an ſich gebracht habe, auch dem h. Peter ſey er heilig; dem Kaiſer möge er bedeuten, daß er Conſtantinopel und Jeruſalem erobere und das Reich wie die Kirche bis ans Ende der Welt ausbreite. 1 In die- ſem Sinne hielt er auch in der Verſammlung der Stände eine Rede nach allen Regeln der Rhetorik ausgearbeitet. Den Kaiſer zu überreden konnte ihm nun keine Mühe Deſto ſchwieriger aber war es, damit bei den Stän- 1 Jacobi Manlii Historiola duorum actuum bei Freher II, p. 709. 2 Oratio dissuasoria bei Freher II, 701. Der Annahme, daß
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Reichstag zu Augsburg 1518.
welchem Auguſtus einſt durch den Sieg bei Actium die
Herrſchaft der Welt an ſich gebracht habe, auch dem h.
Peter ſey er heilig; dem Kaiſer möge er bedeuten, daß er
Conſtantinopel und Jeruſalem erobere und das Reich wie
die Kirche bis ans Ende der Welt ausbreite. 1 In die-
ſem Sinne hielt er auch in der Verſammlung der Stände
eine Rede nach allen Regeln der Rhetorik ausgearbeitet.
Den Kaiſer zu überreden konnte ihm nun keine Mühe
koſten; nach kurzen Berathungen machten ſie jetzt den ge-
meinſchaftlichen Vorſchlag, daß, um ein Heer gegen die
Türken ins Feld zu bringen, immer 50 Hausbeſitzer Einen
Mann ſtellen, und zu deren Erhaltung die Geiſtlichen den
zehnten, die Weltlichen den zwanzigſten Theil ihres Ein-
kommens beiſteuern ſollten.
Deſto ſchwieriger aber war es, damit bei den Stän-
den durchzudringen. Was auch die Meinung des Kaiſers
ſeyn mochte, ſo wollte man doch übrigens in Deutſchland
eben ſo wenig wie anderwärts an den Ernſt eines ſolchen
Vorhabens glauben. Es erſchienen Schriften, in denen man
dem römiſchen Stuhl die Abſicht die Ungläubigen zu be-
kriegen gradezu ableugnete: — es ſeyen alles florentiniſche
Künſte, um den Deutſchen ihr Geld abzuſchwatzen: — ver-
wende man doch nicht einmal den Ertrag des Ablaſſes zu
dem als ſo dringend geſchilderten Bau; nicht St. Peter baue,
ſondern Lorenzo Medici, bei Nacht wandre das Material:
— die Türken die man bekämpfen ſollte ſeyen in Italien. 2
1 Jacobi Manlii Historiola duorum actuum bei Freher II,
p. 709.
2 Oratio dissuasoria bei Freher II, 701. Der Annahme, daß
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