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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Augsburg 1518.
Nachdruck zu geben, diente besonders eine Eingabe des Bi-
schofs von Lüttich an Kaiser und Fürsten. Sie enthält
ein ganzes Register von Ungerechtigkeiten, welche die deut-
sche Kirche von den römischen Curtisanen erfahre; diese star-
ken Jäger, Kinder Nimrod gehen täglich auf die Jagd von
Pfründen: Tag und Nacht sinnen sie auf nichts, als die
canonischen Wahlen zu zerstören: das deutsche Geld, sonst
zu schwer für einen Atlas, fliege über die Alpen: 1 eine
solche Schrift, meint der Frankfurter Gesandte, sey niemals
erhört worden, "so voll von Durstigkeit."

Wie sehr hatte sich der Kaiser getäuscht, wenn er
glaubte, mit Hülfe der geistlichen Gewalt eher zu seinem
Zweck zu kommen!

Auch bei den Berathungen über die vor dem Jahr
in Mainz eingegebnen Beschwerden drangen jetzt Klagen
über den Papst ein, z. B. seine Eingriffe in das Colla-
tionsrecht, über die Geistlichkeit überhaupt, namentlich den
geistlichen Bann, dem man nicht dieselbe Gültigkeit zuzuge-
stehen Lust hatte wie dem weltlichen Richterspruch. Aber
darum ließ man jene Beschwerden gegen den Kaiser nicht
fallen. Man forderte aufs neue eine bessere Besetzung der
Gerichte, vollständigere Execution der kammergerichtlichen
Urtel; eine Commission ward niedergesetzt, um über die schon
früher in Vorschlag gekommene Criminalordnung zu berathen.

Ja in der vornehmsten Verhandlung über die Türken-
hülfe entwickelte die Opposition gegen die Reichsgewalt eine
ganz neue Richtung.

Wohl schien man sich zuletzt nach vielem Hin und

1 Erardus de Marca sacramae Caesae Majestati. Kapp Nach-
lese II, nr. 1.

Reichstag zu Augsburg 1518.
Nachdruck zu geben, diente beſonders eine Eingabe des Bi-
ſchofs von Lüttich an Kaiſer und Fürſten. Sie enthält
ein ganzes Regiſter von Ungerechtigkeiten, welche die deut-
ſche Kirche von den römiſchen Curtiſanen erfahre; dieſe ſtar-
ken Jäger, Kinder Nimrod gehen täglich auf die Jagd von
Pfründen: Tag und Nacht ſinnen ſie auf nichts, als die
canoniſchen Wahlen zu zerſtören: das deutſche Geld, ſonſt
zu ſchwer für einen Atlas, fliege über die Alpen: 1 eine
ſolche Schrift, meint der Frankfurter Geſandte, ſey niemals
erhört worden, „ſo voll von Durſtigkeit.“

Wie ſehr hatte ſich der Kaiſer getäuſcht, wenn er
glaubte, mit Hülfe der geiſtlichen Gewalt eher zu ſeinem
Zweck zu kommen!

Auch bei den Berathungen über die vor dem Jahr
in Mainz eingegebnen Beſchwerden drangen jetzt Klagen
über den Papſt ein, z. B. ſeine Eingriffe in das Colla-
tionsrecht, über die Geiſtlichkeit überhaupt, namentlich den
geiſtlichen Bann, dem man nicht dieſelbe Gültigkeit zuzuge-
ſtehen Luſt hatte wie dem weltlichen Richterſpruch. Aber
darum ließ man jene Beſchwerden gegen den Kaiſer nicht
fallen. Man forderte aufs neue eine beſſere Beſetzung der
Gerichte, vollſtändigere Execution der kammergerichtlichen
Urtel; eine Commiſſion ward niedergeſetzt, um über die ſchon
früher in Vorſchlag gekommene Criminalordnung zu berathen.

Ja in der vornehmſten Verhandlung über die Türken-
hülfe entwickelte die Oppoſition gegen die Reichsgewalt eine
ganz neue Richtung.

Wohl ſchien man ſich zuletzt nach vielem Hin und

1 Erardus de Marca sacramae Caesae Majestati. Kapp Nach-
leſe II, nr. 1.
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[329/0347] Reichstag zu Augsburg 1518. Nachdruck zu geben, diente beſonders eine Eingabe des Bi- ſchofs von Lüttich an Kaiſer und Fürſten. Sie enthält ein ganzes Regiſter von Ungerechtigkeiten, welche die deut- ſche Kirche von den römiſchen Curtiſanen erfahre; dieſe ſtar- ken Jäger, Kinder Nimrod gehen täglich auf die Jagd von Pfründen: Tag und Nacht ſinnen ſie auf nichts, als die canoniſchen Wahlen zu zerſtören: das deutſche Geld, ſonſt zu ſchwer für einen Atlas, fliege über die Alpen: 1 eine ſolche Schrift, meint der Frankfurter Geſandte, ſey niemals erhört worden, „ſo voll von Durſtigkeit.“ Wie ſehr hatte ſich der Kaiſer getäuſcht, wenn er glaubte, mit Hülfe der geiſtlichen Gewalt eher zu ſeinem Zweck zu kommen! Auch bei den Berathungen über die vor dem Jahr in Mainz eingegebnen Beſchwerden drangen jetzt Klagen über den Papſt ein, z. B. ſeine Eingriffe in das Colla- tionsrecht, über die Geiſtlichkeit überhaupt, namentlich den geiſtlichen Bann, dem man nicht dieſelbe Gültigkeit zuzuge- ſtehen Luſt hatte wie dem weltlichen Richterſpruch. Aber darum ließ man jene Beſchwerden gegen den Kaiſer nicht fallen. Man forderte aufs neue eine beſſere Beſetzung der Gerichte, vollſtändigere Execution der kammergerichtlichen Urtel; eine Commiſſion ward niedergeſetzt, um über die ſchon früher in Vorſchlag gekommene Criminalordnung zu berathen. Ja in der vornehmſten Verhandlung über die Türken- hülfe entwickelte die Oppoſition gegen die Reichsgewalt eine ganz neue Richtung. Wohl ſchien man ſich zuletzt nach vielem Hin und 1 Erardus de Marca sacramae Caesae Majestati. Kapp Nach- leſe II, nr. 1.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/347>, abgerufen am 22.11.2024.