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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Zweites Capitel.
schen Staaten berührten durch diese Combination unmittel-
bar auch die deutschen Häuser.

Man dürfte nicht glauben, daß nun zwischen die-
sen selbst eine offenbare Feindschaft entstanden wäre. Es
war ein größerer oder geringerer Einfluß des Hauses Öst-
reich, eine mehr oder minder sichtbare Begünstigung durch
dasselbe, Hinneigung zu ihm; allein dabei hielt man doch
gute Nachbarschaft, kam auf Tagen zusammen, begieng
häusliche Feste mit einander: litt was nicht zu ändern
war, und behielt seinen Gesichtspunct still im Auge.

Am auffallendsten war die Feindseligkeit wohl in dem
Hause der gewaltsamen ungestümen Welfen. Calenberg und
Wolfenbüttel hielten sich zu der östreichischen Freundschaft;
wie denn die Herzöge von Calenberg in kaiserlichen Dien-
sten den alten Kriegsruf ihres Hauses erneuerten; Lüne-
burg hielt sich zur Opposition. Es gab eine Menge alte
Zwistigkeiten zwischen ihnen: was sie damals in Bewegung
setzte, war besonders der Versuch des Bischofs von Min-
den, eines gebornen Wolfenbüttlers, sich die Grafschaft
Diepholz anzueignen, auf welche Lüneburg alte Anwart-
schaft besaß. 1 In diese Zwistigkeiten ward jetzt auch
Lauenburg gezogen. Während der Abwesenheit des Erzbi-
schofs von Bremen, eines andern Wolfenbüttlers, erschlu-
gen die eben erst besiegten Worsaten die Beamten dessel-
ben; Magnus von Lauenburg, den sie als den ächten Her-
zog von Niedersachsen anriefen, kam ihnen zu Hülfe und
zerstörte die von dem Erzbischof aufgerichtete Feste. 2 Als

1 Delius: Hildesheimische Stiftsfehde p. 96.
2 Chyträus Saxoniae Chronicon lib. VII, p. 227.

Zweites Buch. Zweites Capitel.
ſchen Staaten berührten durch dieſe Combination unmittel-
bar auch die deutſchen Häuſer.

Man dürfte nicht glauben, daß nun zwiſchen die-
ſen ſelbſt eine offenbare Feindſchaft entſtanden wäre. Es
war ein größerer oder geringerer Einfluß des Hauſes Öſt-
reich, eine mehr oder minder ſichtbare Begünſtigung durch
daſſelbe, Hinneigung zu ihm; allein dabei hielt man doch
gute Nachbarſchaft, kam auf Tagen zuſammen, begieng
häusliche Feſte mit einander: litt was nicht zu ändern
war, und behielt ſeinen Geſichtspunct ſtill im Auge.

Am auffallendſten war die Feindſeligkeit wohl in dem
Hauſe der gewaltſamen ungeſtümen Welfen. Calenberg und
Wolfenbüttel hielten ſich zu der öſtreichiſchen Freundſchaft;
wie denn die Herzöge von Calenberg in kaiſerlichen Dien-
ſten den alten Kriegsruf ihres Hauſes erneuerten; Lüne-
burg hielt ſich zur Oppoſition. Es gab eine Menge alte
Zwiſtigkeiten zwiſchen ihnen: was ſie damals in Bewegung
ſetzte, war beſonders der Verſuch des Biſchofs von Min-
den, eines gebornen Wolfenbüttlers, ſich die Grafſchaft
Diepholz anzueignen, auf welche Lüneburg alte Anwart-
ſchaft beſaß. 1 In dieſe Zwiſtigkeiten ward jetzt auch
Lauenburg gezogen. Während der Abweſenheit des Erzbi-
ſchofs von Bremen, eines andern Wolfenbüttlers, erſchlu-
gen die eben erſt beſiegten Worſaten die Beamten deſſel-
ben; Magnus von Lauenburg, den ſie als den ächten Her-
zog von Niederſachſen anriefen, kam ihnen zu Hülfe und
zerſtörte die von dem Erzbiſchof aufgerichtete Feſte. 2 Als

1 Delius: Hildesheimiſche Stiftsfehde p. 96.
2 Chytraͤus Saxoniae Chronicon lib. VII, p. 227.
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[346/0364] Zweites Buch. Zweites Capitel. ſchen Staaten berührten durch dieſe Combination unmittel- bar auch die deutſchen Häuſer. Man dürfte nicht glauben, daß nun zwiſchen die- ſen ſelbſt eine offenbare Feindſchaft entſtanden wäre. Es war ein größerer oder geringerer Einfluß des Hauſes Öſt- reich, eine mehr oder minder ſichtbare Begünſtigung durch daſſelbe, Hinneigung zu ihm; allein dabei hielt man doch gute Nachbarſchaft, kam auf Tagen zuſammen, begieng häusliche Feſte mit einander: litt was nicht zu ändern war, und behielt ſeinen Geſichtspunct ſtill im Auge. Am auffallendſten war die Feindſeligkeit wohl in dem Hauſe der gewaltſamen ungeſtümen Welfen. Calenberg und Wolfenbüttel hielten ſich zu der öſtreichiſchen Freundſchaft; wie denn die Herzöge von Calenberg in kaiſerlichen Dien- ſten den alten Kriegsruf ihres Hauſes erneuerten; Lüne- burg hielt ſich zur Oppoſition. Es gab eine Menge alte Zwiſtigkeiten zwiſchen ihnen: was ſie damals in Bewegung ſetzte, war beſonders der Verſuch des Biſchofs von Min- den, eines gebornen Wolfenbüttlers, ſich die Grafſchaft Diepholz anzueignen, auf welche Lüneburg alte Anwart- ſchaft beſaß. 1 In dieſe Zwiſtigkeiten ward jetzt auch Lauenburg gezogen. Während der Abweſenheit des Erzbi- ſchofs von Bremen, eines andern Wolfenbüttlers, erſchlu- gen die eben erſt beſiegten Worſaten die Beamten deſſel- ben; Magnus von Lauenburg, den ſie als den ächten Her- zog von Niederſachſen anriefen, kam ihnen zu Hülfe und zerſtörte die von dem Erzbiſchof aufgerichtete Feſte. 2 Als 1 Delius: Hildesheimiſche Stiftsfehde p. 96. 2 Chytraͤus Saxoniae Chronicon lib. VII, p. 227.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/364>, abgerufen am 22.11.2024.