Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Disputation zu Leipzig. ren, in Leipzig gehalten werden sollte. Auch der Herzogtrug einen Augenblick Bedenken, Luthern zuzulassen. Da er aber des Glaubens lebte, daß auf diese Art die ver- borgene Wahrheit am besten ans Licht komme, so entschloß er sich endlich dazu, und beseitigte jeden entgegenstehenden Widerspruch. Es ward festgesetzt, daß neben so viel an- dern wichtigen Lehrmeinungen über die Geheimnisse des Glaubens auch die Frage, ob das Papstthum von Gott eingesetzt, oder ob es eine menschliche Einrichtung sey, die man also auch wieder abschaffen könne, -- denn das ist im Grunde der Gegensatz der beiden Lehren, -- in öffentlicher Disputation verhandelt werden sollte, dort an einer gro- ßen Universität, im Angesichte von ganz Deutschland; in dieser gährenden, neuerungsbegierigen Zeit eben die Frage, in der alle politischen und religiösen Interessen zusammentrafen. Eben als die Churfürsten zur Wahl eines Kaisers sich Zuerst traf Eck von Ingolstadt ein. Ohne Zweifel Disputation zu Leipzig. ren, in Leipzig gehalten werden ſollte. Auch der Herzogtrug einen Augenblick Bedenken, Luthern zuzulaſſen. Da er aber des Glaubens lebte, daß auf dieſe Art die ver- borgene Wahrheit am beſten ans Licht komme, ſo entſchloß er ſich endlich dazu, und beſeitigte jeden entgegenſtehenden Widerſpruch. Es ward feſtgeſetzt, daß neben ſo viel an- dern wichtigen Lehrmeinungen über die Geheimniſſe des Glaubens auch die Frage, ob das Papſtthum von Gott eingeſetzt, oder ob es eine menſchliche Einrichtung ſey, die man alſo auch wieder abſchaffen könne, — denn das iſt im Grunde der Gegenſatz der beiden Lehren, — in öffentlicher Disputation verhandelt werden ſollte, dort an einer gro- ßen Univerſität, im Angeſichte von ganz Deutſchland; in dieſer gährenden, neuerungsbegierigen Zeit eben die Frage, in der alle politiſchen und religiöſen Intereſſen zuſammentrafen. Eben als die Churfürſten zur Wahl eines Kaiſers ſich Zuerſt traf Eck von Ingolſtadt ein. Ohne Zweifel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0417" n="399"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Disputation zu Leipzig</hi>.</fw><lb/> ren, in Leipzig gehalten werden ſollte. Auch der Herzog<lb/> trug einen Augenblick Bedenken, Luthern zuzulaſſen. Da<lb/> er aber des Glaubens lebte, daß auf dieſe Art die ver-<lb/> borgene Wahrheit am beſten ans Licht komme, ſo entſchloß<lb/> er ſich endlich dazu, und beſeitigte jeden entgegenſtehenden<lb/> Widerſpruch. Es ward feſtgeſetzt, daß neben ſo viel an-<lb/> dern wichtigen Lehrmeinungen über die Geheimniſſe des<lb/> Glaubens auch die Frage, ob das Papſtthum von Gott<lb/> eingeſetzt, oder ob es eine menſchliche Einrichtung ſey, die<lb/> man alſo auch wieder abſchaffen könne, — denn das iſt im<lb/> Grunde der Gegenſatz der beiden Lehren, — in öffentlicher<lb/> Disputation verhandelt werden ſollte, dort an einer gro-<lb/> ßen Univerſität, im Angeſichte von ganz Deutſchland; in<lb/> dieſer gährenden, neuerungsbegierigen Zeit eben die Frage, in<lb/> der alle politiſchen und religiöſen Intereſſen zuſammentrafen.</p><lb/> <p>Eben als die Churfürſten zur Wahl eines Kaiſers ſich<lb/> in Frankfurt vereinigten, (Juni 1519) kamen in Leipzig<lb/> die Theologen zuſammen, zu einem Acte der nicht min-<lb/> der wichtig werden ſollte.</p><lb/> <p>Zuerſt traf Eck von Ingolſtadt ein. Ohne Zweifel<lb/> war Johann Mayr von Eck einer der nahmhafteſten Ge-<lb/> lehrten jener Zeit: er hatte keine Mühe geſpart um zu die-<lb/> ſem Ruf zu gelangen. An einer ganzen Anzahl von Uni-<lb/> verſitäten hatte er die berühmteſten Profeſſoren beſucht, den<lb/> Thomiſten Süſtern in Cölln, die Scotiſten Sumenhard und<lb/> Scriptoris zu Tübingen; Jura hatte er bei Zaſius in Frei-<lb/> burg, Griechiſch bei Reuchlin, Lateiniſch bei Bebel, Cosmo-<lb/> graphie bei Reuſch gehört. Schon in ſeinem zwanzigſten<lb/> Jahr begann er zu ſchreiben und in Ingolſtadt zu leſen:<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [399/0417]
Disputation zu Leipzig.
ren, in Leipzig gehalten werden ſollte. Auch der Herzog
trug einen Augenblick Bedenken, Luthern zuzulaſſen. Da
er aber des Glaubens lebte, daß auf dieſe Art die ver-
borgene Wahrheit am beſten ans Licht komme, ſo entſchloß
er ſich endlich dazu, und beſeitigte jeden entgegenſtehenden
Widerſpruch. Es ward feſtgeſetzt, daß neben ſo viel an-
dern wichtigen Lehrmeinungen über die Geheimniſſe des
Glaubens auch die Frage, ob das Papſtthum von Gott
eingeſetzt, oder ob es eine menſchliche Einrichtung ſey, die
man alſo auch wieder abſchaffen könne, — denn das iſt im
Grunde der Gegenſatz der beiden Lehren, — in öffentlicher
Disputation verhandelt werden ſollte, dort an einer gro-
ßen Univerſität, im Angeſichte von ganz Deutſchland; in
dieſer gährenden, neuerungsbegierigen Zeit eben die Frage, in
der alle politiſchen und religiöſen Intereſſen zuſammentrafen.
Eben als die Churfürſten zur Wahl eines Kaiſers ſich
in Frankfurt vereinigten, (Juni 1519) kamen in Leipzig
die Theologen zuſammen, zu einem Acte der nicht min-
der wichtig werden ſollte.
Zuerſt traf Eck von Ingolſtadt ein. Ohne Zweifel
war Johann Mayr von Eck einer der nahmhafteſten Ge-
lehrten jener Zeit: er hatte keine Mühe geſpart um zu die-
ſem Ruf zu gelangen. An einer ganzen Anzahl von Uni-
verſitäten hatte er die berühmteſten Profeſſoren beſucht, den
Thomiſten Süſtern in Cölln, die Scotiſten Sumenhard und
Scriptoris zu Tübingen; Jura hatte er bei Zaſius in Frei-
burg, Griechiſch bei Reuchlin, Lateiniſch bei Bebel, Cosmo-
graphie bei Reuſch gehört. Schon in ſeinem zwanzigſten
Jahr begann er zu ſchreiben und in Ingolſtadt zu leſen:
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