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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Disputation zu Leipzig.
voller aber bestritt er die Lehre, daß das Primat des Pap-
stes, in dem er übrigens noch immer den ökumenischen
Bischof sah, in der Schrift gegründet und göttlichen Rech-
tes sey. Man nahm die Aussprüche Christi vor, die im-
mer dafür angeführt worden sind: du bist Petrus: -- weide
meine Schafe; die von der curialistischen abweichende Er-
klärung derselben, die schon oftmals vorgekommen, suchte
Luther besonders durch andere Stellen zu bewähren, in de-
nen von einer gleichen Berechtigung der Apostel die Rede
ist. Eck führte Stellen aus den Kirchenvätern für sich
an: Luther setzte ihm die Lehren anderer entgegen. So
wie man in diese entfernteren Regionen kam, war die Über-
legenheit Luthers unleugbar. Eins seiner Hauptargumente
war, daß die Griechen den Papst niemals anerkannt, und
doch nicht für Ketzer erklärt worden: die griechische Kirche
habe bestanden, bestehe, und werde bestehn, ohne den Papst:
sie gehöre Christo an, so gut wie die römische. Eck trug
kein Bedenken, christliche und römische Kirche geradehin
für einerlei zu erklären: Griechen und Orientalen seyen wie
von dem Papst, so auch vom christlichen Glauben abge-
fallen, sie seyen ohne Frage Ketzer: im ganzen Umkreis
des türkischen Reiches z. B. könne wohl Niemand selig
werden, die Wenigen ausgenommen, welche sich an den
römischen Papst halten. Wie? sagte Luther, die ganze
griechische Kirche wolle er verdammen, welche die besten
Väter hervorgebracht und so viel tausend Heilige, von de-
nen kein Einziger etwas von dem römischen Primat ge-
wußt? Sollen Gregor von Nazianz Basilius der Große
nicht selig geworden seyn? Oder wolle der Papst mit sei-

Disputation zu Leipzig.
voller aber beſtritt er die Lehre, daß das Primat des Pap-
ſtes, in dem er übrigens noch immer den ökumeniſchen
Biſchof ſah, in der Schrift gegründet und göttlichen Rech-
tes ſey. Man nahm die Ausſprüche Chriſti vor, die im-
mer dafür angeführt worden ſind: du biſt Petrus: — weide
meine Schafe; die von der curialiſtiſchen abweichende Er-
klärung derſelben, die ſchon oftmals vorgekommen, ſuchte
Luther beſonders durch andere Stellen zu bewähren, in de-
nen von einer gleichen Berechtigung der Apoſtel die Rede
iſt. Eck führte Stellen aus den Kirchenvätern für ſich
an: Luther ſetzte ihm die Lehren anderer entgegen. So
wie man in dieſe entfernteren Regionen kam, war die Über-
legenheit Luthers unleugbar. Eins ſeiner Hauptargumente
war, daß die Griechen den Papſt niemals anerkannt, und
doch nicht für Ketzer erklärt worden: die griechiſche Kirche
habe beſtanden, beſtehe, und werde beſtehn, ohne den Papſt:
ſie gehöre Chriſto an, ſo gut wie die römiſche. Eck trug
kein Bedenken, chriſtliche und römiſche Kirche geradehin
für einerlei zu erklären: Griechen und Orientalen ſeyen wie
von dem Papſt, ſo auch vom chriſtlichen Glauben abge-
fallen, ſie ſeyen ohne Frage Ketzer: im ganzen Umkreis
des türkiſchen Reiches z. B. könne wohl Niemand ſelig
werden, die Wenigen ausgenommen, welche ſich an den
römiſchen Papſt halten. Wie? ſagte Luther, die ganze
griechiſche Kirche wolle er verdammen, welche die beſten
Väter hervorgebracht und ſo viel tauſend Heilige, von de-
nen kein Einziger etwas von dem römiſchen Primat ge-
wußt? Sollen Gregor von Nazianz Baſilius der Große
nicht ſelig geworden ſeyn? Oder wolle der Papſt mit ſei-

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[405/0423] Disputation zu Leipzig. voller aber beſtritt er die Lehre, daß das Primat des Pap- ſtes, in dem er übrigens noch immer den ökumeniſchen Biſchof ſah, in der Schrift gegründet und göttlichen Rech- tes ſey. Man nahm die Ausſprüche Chriſti vor, die im- mer dafür angeführt worden ſind: du biſt Petrus: — weide meine Schafe; die von der curialiſtiſchen abweichende Er- klärung derſelben, die ſchon oftmals vorgekommen, ſuchte Luther beſonders durch andere Stellen zu bewähren, in de- nen von einer gleichen Berechtigung der Apoſtel die Rede iſt. Eck führte Stellen aus den Kirchenvätern für ſich an: Luther ſetzte ihm die Lehren anderer entgegen. So wie man in dieſe entfernteren Regionen kam, war die Über- legenheit Luthers unleugbar. Eins ſeiner Hauptargumente war, daß die Griechen den Papſt niemals anerkannt, und doch nicht für Ketzer erklärt worden: die griechiſche Kirche habe beſtanden, beſtehe, und werde beſtehn, ohne den Papſt: ſie gehöre Chriſto an, ſo gut wie die römiſche. Eck trug kein Bedenken, chriſtliche und römiſche Kirche geradehin für einerlei zu erklären: Griechen und Orientalen ſeyen wie von dem Papſt, ſo auch vom chriſtlichen Glauben abge- fallen, ſie ſeyen ohne Frage Ketzer: im ganzen Umkreis des türkiſchen Reiches z. B. könne wohl Niemand ſelig werden, die Wenigen ausgenommen, welche ſich an den römiſchen Papſt halten. Wie? ſagte Luther, die ganze griechiſche Kirche wolle er verdammen, welche die beſten Väter hervorgebracht und ſo viel tauſend Heilige, von de- nen kein Einziger etwas von dem römiſchen Primat ge- wußt? Sollen Gregor von Nazianz Baſilius der Große nicht ſelig geworden ſeyn? Oder wolle der Papſt mit ſei-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/423>, abgerufen am 22.11.2024.