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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Drittes Capitel.
dadurch Inhalt, Tiefe und Schwung: die Theologie wis-
senschaftliche Form und gelehrte Begründung. In der Li-
teratur gab es nun aber auch noch eine andre Seite. Ne-
ben den ruhigen Gelehrten tummelten sich jene fehdelusti-
gen Poeten: schon mit dem Gewonnenen zufrieden, trotzig
in ihrem Selbstgefühl, empört über den Widerstand den
man ihnen entgegengesetzt, erfüllten sie die Welt mit dem
Lärm ihres Kriegs. Diese hatten sich im Anfange der lu-
therischen Streitigkeit, die sie als einen inneren Handel der
Mönchsorden betrachteten, neutral verhalten. Jetzt aber, da
dieselbe eine so großartige, weitaussehende Natur entwickelte,
und allen ihren Sympathien entsprach, nahmen auch sie
Partei. Luther erschien ihnen als ein Nachfolger Reuch-
lins, Johann Eck wie Ortwin Gratius, ein gedungener An-
hänger der Dominicaner, und eben so griffen sie ihn an.
Im März 1520 kam eine Satyre heraus unter dem Titel: der
abgehobelte Eck, welche an phantastischer Conception, schla-
gender und vernichtender Wahrheit, aristophanischem Witz
die Briefe der dunkeln Männer, an die sie jedoch erinnert, bei
weitem übertrifft. Ja in diesem Augenblick trat ein Vor-
dermann dieser Schaar nicht anonym wie Andre sondern
mit niedergelassenem Visier auf den Kampfplatz. Es war
Ulrich von Hutten: längst kannte man seine Waffen und
wie er sie führte.

Auch für Hutten, wie für Erasmus, war es der sein
ganzes Leben bestimmende Moment, daß man ihn sehr früh
dem Kloster übergab; aber noch viel unerträglicher war
ihm dieser Zwang: er war der Erstgeborne aus einem der
nahmhaftesten Rittergeschlechter auf der Buchen, das noch

auf

Zweites Buch. Drittes Capitel.
dadurch Inhalt, Tiefe und Schwung: die Theologie wiſ-
ſenſchaftliche Form und gelehrte Begründung. In der Li-
teratur gab es nun aber auch noch eine andre Seite. Ne-
ben den ruhigen Gelehrten tummelten ſich jene fehdeluſti-
gen Poeten: ſchon mit dem Gewonnenen zufrieden, trotzig
in ihrem Selbſtgefühl, empört über den Widerſtand den
man ihnen entgegengeſetzt, erfüllten ſie die Welt mit dem
Lärm ihres Kriegs. Dieſe hatten ſich im Anfange der lu-
theriſchen Streitigkeit, die ſie als einen inneren Handel der
Mönchsorden betrachteten, neutral verhalten. Jetzt aber, da
dieſelbe eine ſo großartige, weitausſehende Natur entwickelte,
und allen ihren Sympathien entſprach, nahmen auch ſie
Partei. Luther erſchien ihnen als ein Nachfolger Reuch-
lins, Johann Eck wie Ortwin Gratius, ein gedungener An-
hänger der Dominicaner, und eben ſo griffen ſie ihn an.
Im März 1520 kam eine Satyre heraus unter dem Titel: der
abgehobelte Eck, welche an phantaſtiſcher Conception, ſchla-
gender und vernichtender Wahrheit, ariſtophaniſchem Witz
die Briefe der dunkeln Männer, an die ſie jedoch erinnert, bei
weitem übertrifft. Ja in dieſem Augenblick trat ein Vor-
dermann dieſer Schaar nicht anonym wie Andre ſondern
mit niedergelaſſenem Viſier auf den Kampfplatz. Es war
Ulrich von Hutten: längſt kannte man ſeine Waffen und
wie er ſie führte.

Auch für Hutten, wie für Erasmus, war es der ſein
ganzes Leben beſtimmende Moment, daß man ihn ſehr früh
dem Kloſter übergab; aber noch viel unerträglicher war
ihm dieſer Zwang: er war der Erſtgeborne aus einem der
nahmhafteſten Rittergeſchlechter auf der Buchen, das noch

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[416/0434] Zweites Buch. Drittes Capitel. dadurch Inhalt, Tiefe und Schwung: die Theologie wiſ- ſenſchaftliche Form und gelehrte Begründung. In der Li- teratur gab es nun aber auch noch eine andre Seite. Ne- ben den ruhigen Gelehrten tummelten ſich jene fehdeluſti- gen Poeten: ſchon mit dem Gewonnenen zufrieden, trotzig in ihrem Selbſtgefühl, empört über den Widerſtand den man ihnen entgegengeſetzt, erfüllten ſie die Welt mit dem Lärm ihres Kriegs. Dieſe hatten ſich im Anfange der lu- theriſchen Streitigkeit, die ſie als einen inneren Handel der Mönchsorden betrachteten, neutral verhalten. Jetzt aber, da dieſelbe eine ſo großartige, weitausſehende Natur entwickelte, und allen ihren Sympathien entſprach, nahmen auch ſie Partei. Luther erſchien ihnen als ein Nachfolger Reuch- lins, Johann Eck wie Ortwin Gratius, ein gedungener An- hänger der Dominicaner, und eben ſo griffen ſie ihn an. Im März 1520 kam eine Satyre heraus unter dem Titel: der abgehobelte Eck, welche an phantaſtiſcher Conception, ſchla- gender und vernichtender Wahrheit, ariſtophaniſchem Witz die Briefe der dunkeln Männer, an die ſie jedoch erinnert, bei weitem übertrifft. Ja in dieſem Augenblick trat ein Vor- dermann dieſer Schaar nicht anonym wie Andre ſondern mit niedergelaſſenem Viſier auf den Kampfplatz. Es war Ulrich von Hutten: längſt kannte man ſeine Waffen und wie er ſie führte. Auch für Hutten, wie für Erasmus, war es der ſein ganzes Leben beſtimmende Moment, daß man ihn ſehr früh dem Kloſter übergab; aber noch viel unerträglicher war ihm dieſer Zwang: er war der Erſtgeborne aus einem der nahmhafteſten Rittergeſchlechter auf der Buchen, das noch auf

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/434>, abgerufen am 22.11.2024.