In diesem Sinne war es, daß Luther nach Worms berufen wurde. "Wir haben beschlossen," heißt es in dem kaiserlichen Schreiben, "wir und des heil. Röm. Reichs Stände, der Lehre und Bücher halben, so von dir ausge- gangen, von dir Erkundigung zu empfahen." Ein kaiser- licher Herold ward gesendet, ihn herbeizuführen.
Was die Opposition gegen die weltlichen Eingriffe des römischen Stuhles betraf, darin waren die Stände mit Luther im Grunde einverstanden. Wie der Kaiser schon in seiner Capitulation verpflichtet worden, die Con- cordate und kirchlichen Freiheiten der Nation, wider welche auf eine unerträgliche Weise ohne Unterlaß gehandelt werde, herzustellen und zu behaupten, so war jetzt der kleinere Ausschuß beschäftigt, die Beschwerden der Nation ge- gen den römischen Stuhl in aller Form zusammen zu stellen. Das Verfahren war, daß die einzelnen Fürsten die Beschwerden eingaben, worüber sie besonders zu kla- gen hatten, und alles aufgenommen wurde was mehr als Einer erinnerte. Schon fürchtete man, die geistlichen Für- sten würden sich zurückziehen: aber die Räthe der weltli- chen waren entschlossen, die Sache auch allein zu Ende zu führen. Es kam eine Schrift zu Stande, welche an die Schriften Huttens und das Buch an den deutschen
dats. Ohne Datum. Unglücklicherweise hat auch Fürstenberg seine Briefe nicht genau datirt. Den namentlich, der sich auf diesen Be- schluß bezieht, hat er mit Samstag nach Martä bezeichnet. Es ist wohl Samstag nach Matthiä gemeint, 2ten März. Von diesem Tage wäre dann jener Beschluß der Stände. Denn daß die Ant- wort der Stände sich auf einen Befehl des Kaisers vom 7ten März bezogen habe, ist unmöglich, da das Citationsschreiben an Luther schon vom 6ten März datirt ist.
Reichstag von 1521. Gravamina.
In dieſem Sinne war es, daß Luther nach Worms berufen wurde. „Wir haben beſchloſſen,“ heißt es in dem kaiſerlichen Schreiben, „wir und des heil. Röm. Reichs Stände, der Lehre und Bücher halben, ſo von dir ausge- gangen, von dir Erkundigung zu empfahen.“ Ein kaiſer- licher Herold ward geſendet, ihn herbeizuführen.
Was die Oppoſition gegen die weltlichen Eingriffe des römiſchen Stuhles betraf, darin waren die Stände mit Luther im Grunde einverſtanden. Wie der Kaiſer ſchon in ſeiner Capitulation verpflichtet worden, die Con- cordate und kirchlichen Freiheiten der Nation, wider welche auf eine unerträgliche Weiſe ohne Unterlaß gehandelt werde, herzuſtellen und zu behaupten, ſo war jetzt der kleinere Ausſchuß beſchäftigt, die Beſchwerden der Nation ge- gen den römiſchen Stuhl in aller Form zuſammen zu ſtellen. Das Verfahren war, daß die einzelnen Fürſten die Beſchwerden eingaben, worüber ſie beſonders zu kla- gen hatten, und alles aufgenommen wurde was mehr als Einer erinnerte. Schon fürchtete man, die geiſtlichen Für- ſten würden ſich zurückziehen: aber die Räthe der weltli- chen waren entſchloſſen, die Sache auch allein zu Ende zu führen. Es kam eine Schrift zu Stande, welche an die Schriften Huttens und das Buch an den deutſchen
dats. Ohne Datum. Ungluͤcklicherweiſe hat auch Fuͤrſtenberg ſeine Briefe nicht genau datirt. Den namentlich, der ſich auf dieſen Be- ſchluß bezieht, hat er mit Samſtag nach Martaͤ bezeichnet. Es iſt wohl Samſtag nach Matthiaͤ gemeint, 2ten Maͤrz. Von dieſem Tage waͤre dann jener Beſchluß der Staͤnde. Denn daß die Ant- wort der Staͤnde ſich auf einen Befehl des Kaiſers vom 7ten Maͤrz bezogen habe, iſt unmoͤglich, da das Citationsſchreiben an Luther ſchon vom 6ten Maͤrz datirt iſt.
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Reichstag von 1521. Gravamina.
In dieſem Sinne war es, daß Luther nach Worms
berufen wurde. „Wir haben beſchloſſen,“ heißt es in dem
kaiſerlichen Schreiben, „wir und des heil. Röm. Reichs
Stände, der Lehre und Bücher halben, ſo von dir ausge-
gangen, von dir Erkundigung zu empfahen.“ Ein kaiſer-
licher Herold ward geſendet, ihn herbeizuführen.
Was die Oppoſition gegen die weltlichen Eingriffe
des römiſchen Stuhles betraf, darin waren die Stände
mit Luther im Grunde einverſtanden. Wie der Kaiſer
ſchon in ſeiner Capitulation verpflichtet worden, die Con-
cordate und kirchlichen Freiheiten der Nation, wider welche
auf eine unerträgliche Weiſe ohne Unterlaß gehandelt werde,
herzuſtellen und zu behaupten, ſo war jetzt der kleinere
Ausſchuß beſchäftigt, die Beſchwerden der Nation ge-
gen den römiſchen Stuhl in aller Form zuſammen zu
ſtellen. Das Verfahren war, daß die einzelnen Fürſten
die Beſchwerden eingaben, worüber ſie beſonders zu kla-
gen hatten, und alles aufgenommen wurde was mehr als
Einer erinnerte. Schon fürchtete man, die geiſtlichen Für-
ſten würden ſich zurückziehen: aber die Räthe der weltli-
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zu führen. Es kam eine Schrift zu Stande, welche an
die Schriften Huttens und das Buch an den deutſchen
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2 dats. Ohne Datum. Ungluͤcklicherweiſe hat auch Fuͤrſtenberg ſeine
Briefe nicht genau datirt. Den namentlich, der ſich auf dieſen Be-
ſchluß bezieht, hat er mit Samſtag nach Martaͤ bezeichnet. Es iſt
wohl Samſtag nach Matthiaͤ gemeint, 2ten Maͤrz. Von dieſem
Tage waͤre dann jener Beſchluß der Staͤnde. Denn daß die Ant-
wort der Staͤnde ſich auf einen Befehl des Kaiſers vom 7ten Maͤrz
bezogen habe, iſt unmoͤglich, da das Citationsſchreiben an Luther ſchon
vom 6ten Maͤrz datirt iſt.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/495>, abgerufen am 16.07.2024.
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