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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Tod Hutten's.
nach der Schweiz. Da kehrte ihm der ganze bittere und
rathlose Zustand wieder, den er schon in seiner Jugend
einmal ausgehalten. Auch hier ward er nicht allenthalben
gern gesehen, wir finden ihn von Ort zu Ort weichen: er
war in der unglücklichen Nothwendigkeit, die Hülfe und
das Geld seiner literarischen Freunde in Anspruch zu neh-
men: Manchem schien schon seine Nähe verderblich: Eras-
mus, der seine vornehmen Verbindungen sorgfältig auf-
recht erhielt, erschrak bei dem Gedanken, von ihm einen
Besuch zu bekommen, vermied ihn, stieß ihn zurück;
überdieß hatte ihn seine Krankheit noch einmal furcht-
bar überfallen. Noch ließ der alte Streiter den Muth
nicht sinken. Eben gegen Erasmus, den er als einen Ab-
gefallenen betrachtete, ergoß er noch einmal alle Heftigkeit
seiner Rhetorik. Allein so gewaltsamen Erfahrungen und
Anstrengungen war er jetzt nicht mehr gewachsen. Ehe
er noch die Antwort des Erasmus zu Gesichte bekam,
machte die Krankheit seinem Leben ein Ende, -- zu Ufnau
auf dem Zürcher See, wohin ihn Zwingli an einen in
der Heilkunde erfahrenen Pfarrer empfohlen hatte. 1

Ein Glück für Luther, daß er mit der Ritterschaft nicht
in engeren Bund getreten war. Die Ungunst dieses Geschickes
würde auch ihn und die Lehre die er verkündete betroffen haben.

Kehren wir dahin zurück wovon wir ausgiengen, so
liegt am Tage, daß diese ganze Entwickelung nun vor al-
lem dem Reichsregiment unerwünscht ja gefährlich seyn
mußte. Für Sickingen hätte es zwar niemals etwas thun

1 Zwingli an Wolfhardt 11 Oct. "libros nullos habuit, su-
pellectilem nullam praeter calamum." Epp. p.
313.

Tod Hutten’s.
nach der Schweiz. Da kehrte ihm der ganze bittere und
rathloſe Zuſtand wieder, den er ſchon in ſeiner Jugend
einmal ausgehalten. Auch hier ward er nicht allenthalben
gern geſehen, wir finden ihn von Ort zu Ort weichen: er
war in der unglücklichen Nothwendigkeit, die Hülfe und
das Geld ſeiner literariſchen Freunde in Anſpruch zu neh-
men: Manchem ſchien ſchon ſeine Nähe verderblich: Eras-
mus, der ſeine vornehmen Verbindungen ſorgfältig auf-
recht erhielt, erſchrak bei dem Gedanken, von ihm einen
Beſuch zu bekommen, vermied ihn, ſtieß ihn zurück;
überdieß hatte ihn ſeine Krankheit noch einmal furcht-
bar überfallen. Noch ließ der alte Streiter den Muth
nicht ſinken. Eben gegen Erasmus, den er als einen Ab-
gefallenen betrachtete, ergoß er noch einmal alle Heftigkeit
ſeiner Rhetorik. Allein ſo gewaltſamen Erfahrungen und
Anſtrengungen war er jetzt nicht mehr gewachſen. Ehe
er noch die Antwort des Erasmus zu Geſichte bekam,
machte die Krankheit ſeinem Leben ein Ende, — zu Ufnau
auf dem Zürcher See, wohin ihn Zwingli an einen in
der Heilkunde erfahrenen Pfarrer empfohlen hatte. 1

Ein Glück für Luther, daß er mit der Ritterſchaft nicht
in engeren Bund getreten war. Die Ungunſt dieſes Geſchickes
würde auch ihn und die Lehre die er verkündete betroffen haben.

Kehren wir dahin zurück wovon wir ausgiengen, ſo
liegt am Tage, daß dieſe ganze Entwickelung nun vor al-
lem dem Reichsregiment unerwünſcht ja gefährlich ſeyn
mußte. Für Sickingen hätte es zwar niemals etwas thun

1 Zwingli an Wolfhardt 11 Oct. „libros nullos habuit, su-
pellectilem nullam praeter calamum.“ Epp. p.
313.
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[123/0133] Tod Hutten’s. nach der Schweiz. Da kehrte ihm der ganze bittere und rathloſe Zuſtand wieder, den er ſchon in ſeiner Jugend einmal ausgehalten. Auch hier ward er nicht allenthalben gern geſehen, wir finden ihn von Ort zu Ort weichen: er war in der unglücklichen Nothwendigkeit, die Hülfe und das Geld ſeiner literariſchen Freunde in Anſpruch zu neh- men: Manchem ſchien ſchon ſeine Nähe verderblich: Eras- mus, der ſeine vornehmen Verbindungen ſorgfältig auf- recht erhielt, erſchrak bei dem Gedanken, von ihm einen Beſuch zu bekommen, vermied ihn, ſtieß ihn zurück; überdieß hatte ihn ſeine Krankheit noch einmal furcht- bar überfallen. Noch ließ der alte Streiter den Muth nicht ſinken. Eben gegen Erasmus, den er als einen Ab- gefallenen betrachtete, ergoß er noch einmal alle Heftigkeit ſeiner Rhetorik. Allein ſo gewaltſamen Erfahrungen und Anſtrengungen war er jetzt nicht mehr gewachſen. Ehe er noch die Antwort des Erasmus zu Geſichte bekam, machte die Krankheit ſeinem Leben ein Ende, — zu Ufnau auf dem Zürcher See, wohin ihn Zwingli an einen in der Heilkunde erfahrenen Pfarrer empfohlen hatte. 1 Ein Glück für Luther, daß er mit der Ritterſchaft nicht in engeren Bund getreten war. Die Ungunſt dieſes Geſchickes würde auch ihn und die Lehre die er verkündete betroffen haben. Kehren wir dahin zurück wovon wir ausgiengen, ſo liegt am Tage, daß dieſe ganze Entwickelung nun vor al- lem dem Reichsregiment unerwünſcht ja gefährlich ſeyn mußte. Für Sickingen hätte es zwar niemals etwas thun 1 Zwingli an Wolfhardt 11 Oct. „libros nullos habuit, su- pellectilem nullam praeter calamum.“ Epp. p. 313.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/133>, abgerufen am 27.11.2024.