Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Viertes Capitel.
andre Stände beschlossen, das lasse man sich auch von
Seiten der Städte gefallen." Die Städte dagegen mein-
ten: sollen sie Lieb und Leid mit andern Ständen tragen,
so müsse man sie auch zu den Berathschlagungen ziehen:
solle man thaten, müsse man auch rathen. Besonders die
Geldhülfe war es, gegen die sie sich setzten: auch sie woll-
ten nur Mannschaft stellen. Allein auf eine Eingabe, die
sie deshalb machten, ward in der Ständeversammlung keine
Rücksicht genommen: es ward ein Mandat verfaßt, worin
ihnen die Leistung einer Hülfe die sie nicht verwilligt hat-
ten, angemuthet wurde: sie baten sich aufs neue Bedenk-
zeit aus: man wiederholte ihnen, das sey so nicht herge-
bracht; -- sie dachten zu antworten: da schlug es eilf Uhr
und die Sitzung ward aufgehoben. 1

Die Städte waren hierüber um so mehr betreten, da
man ihnen zugleich sagte, nur aus Gnaden sey es, daß
man zwei ihrer Abgeordneten in den Ausschuß nehme, wäh-
rend von den Grafen nur einer zugelassen werde: sie glaub-
ten, es sey wohl die Absicht, sie auch von den Ausschüs-
sen auszuschließen. Sie hatten im Jahr 1487 ihre alte
Standesopposition aufgegeben, weil ihnen durch Vermittelung
Churfürst Bertholds wesentlicher Antheil an den Berathun-
gen verschafft wurde: und wir wissen, wie eingreifend dieser
zu Zeiten war: jetzt glaubten sie, man wolle ihnen alle ihre
Rechte entreißen und nur die Verpflichtungen fest halten.

Da nun in Hinsicht auf die Monopolien und den
Zoll Beschlüsse gefaßt wurden, die ihren Gewerben höchst

1 Schreiben von Holzhausen an Frankfurt Dez. 1522. Frankf.
A. Bd 36, besonders f. 110 die Supplik der Städte.

Drittes Buch. Viertes Capitel.
andre Stände beſchloſſen, das laſſe man ſich auch von
Seiten der Städte gefallen.“ Die Städte dagegen mein-
ten: ſollen ſie Lieb und Leid mit andern Ständen tragen,
ſo müſſe man ſie auch zu den Berathſchlagungen ziehen:
ſolle man thaten, müſſe man auch rathen. Beſonders die
Geldhülfe war es, gegen die ſie ſich ſetzten: auch ſie woll-
ten nur Mannſchaft ſtellen. Allein auf eine Eingabe, die
ſie deshalb machten, ward in der Ständeverſammlung keine
Rückſicht genommen: es ward ein Mandat verfaßt, worin
ihnen die Leiſtung einer Hülfe die ſie nicht verwilligt hat-
ten, angemuthet wurde: ſie baten ſich aufs neue Bedenk-
zeit aus: man wiederholte ihnen, das ſey ſo nicht herge-
bracht; — ſie dachten zu antworten: da ſchlug es eilf Uhr
und die Sitzung ward aufgehoben. 1

Die Städte waren hierüber um ſo mehr betreten, da
man ihnen zugleich ſagte, nur aus Gnaden ſey es, daß
man zwei ihrer Abgeordneten in den Ausſchuß nehme, wäh-
rend von den Grafen nur einer zugelaſſen werde: ſie glaub-
ten, es ſey wohl die Abſicht, ſie auch von den Ausſchüſ-
ſen auszuſchließen. Sie hatten im Jahr 1487 ihre alte
Standesoppoſition aufgegeben, weil ihnen durch Vermittelung
Churfürſt Bertholds weſentlicher Antheil an den Berathun-
gen verſchafft wurde: und wir wiſſen, wie eingreifend dieſer
zu Zeiten war: jetzt glaubten ſie, man wolle ihnen alle ihre
Rechte entreißen und nur die Verpflichtungen feſt halten.

Da nun in Hinſicht auf die Monopolien und den
Zoll Beſchlüſſe gefaßt wurden, die ihren Gewerben höchſt

1 Schreiben von Holzhauſen an Frankfurt Dez. 1522. Frankf.
A. Bd 36, beſonders f. 110 die Supplik der Staͤdte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0136" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
andre Stände be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, das la&#x017F;&#x017F;e man &#x017F;ich auch von<lb/>
Seiten der Städte gefallen.&#x201C; Die Städte dagegen mein-<lb/>
ten: &#x017F;ollen &#x017F;ie Lieb und Leid mit andern Ständen tragen,<lb/>
&#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;e man &#x017F;ie auch zu den Berath&#x017F;chlagungen ziehen:<lb/>
&#x017F;olle man thaten, mü&#x017F;&#x017F;e man auch rathen. Be&#x017F;onders die<lb/>
Geldhülfe war es, gegen die &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;etzten: auch &#x017F;ie woll-<lb/>
ten nur Mann&#x017F;chaft &#x017F;tellen. Allein auf eine Eingabe, die<lb/>
&#x017F;ie deshalb machten, ward in der Ständever&#x017F;ammlung keine<lb/>
Rück&#x017F;icht genommen: es ward ein Mandat verfaßt, worin<lb/>
ihnen die Lei&#x017F;tung einer Hülfe die &#x017F;ie nicht verwilligt hat-<lb/>
ten, angemuthet wurde: &#x017F;ie baten &#x017F;ich aufs neue Bedenk-<lb/>
zeit aus: man wiederholte ihnen, das &#x017F;ey &#x017F;o nicht herge-<lb/>
bracht; &#x2014; &#x017F;ie dachten zu antworten: da &#x017F;chlug es eilf Uhr<lb/>
und die Sitzung ward aufgehoben. <note place="foot" n="1">Schreiben von Holzhau&#x017F;en an Frankfurt Dez. 1522. Frankf.<lb/>
A. Bd 36, be&#x017F;onders <hi rendition="#aq">f.</hi> 110 die Supplik der Sta&#x0364;dte.</note></p><lb/>
            <p>Die Städte waren hierüber um &#x017F;o mehr betreten, da<lb/>
man ihnen zugleich &#x017F;agte, nur aus Gnaden &#x017F;ey es, daß<lb/>
man zwei ihrer Abgeordneten in den Aus&#x017F;chuß nehme, wäh-<lb/>
rend von den Grafen nur einer zugela&#x017F;&#x017F;en werde: &#x017F;ie glaub-<lb/>
ten, es &#x017F;ey wohl die Ab&#x017F;icht, &#x017F;ie auch von den Aus&#x017F;chü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auszu&#x017F;chließen. Sie hatten im Jahr 1487 ihre alte<lb/>
Standesoppo&#x017F;ition aufgegeben, weil ihnen durch Vermittelung<lb/>
Churfür&#x017F;t Bertholds we&#x017F;entlicher Antheil an den Berathun-<lb/>
gen ver&#x017F;chafft wurde: und wir wi&#x017F;&#x017F;en, wie eingreifend die&#x017F;er<lb/>
zu Zeiten war: jetzt glaubten &#x017F;ie, man wolle ihnen alle ihre<lb/>
Rechte entreißen und nur die Verpflichtungen fe&#x017F;t halten.</p><lb/>
            <p>Da nun in Hin&#x017F;icht auf die Monopolien und den<lb/>
Zoll Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e gefaßt wurden, die ihren Gewerben höch&#x017F;t<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0136] Drittes Buch. Viertes Capitel. andre Stände beſchloſſen, das laſſe man ſich auch von Seiten der Städte gefallen.“ Die Städte dagegen mein- ten: ſollen ſie Lieb und Leid mit andern Ständen tragen, ſo müſſe man ſie auch zu den Berathſchlagungen ziehen: ſolle man thaten, müſſe man auch rathen. Beſonders die Geldhülfe war es, gegen die ſie ſich ſetzten: auch ſie woll- ten nur Mannſchaft ſtellen. Allein auf eine Eingabe, die ſie deshalb machten, ward in der Ständeverſammlung keine Rückſicht genommen: es ward ein Mandat verfaßt, worin ihnen die Leiſtung einer Hülfe die ſie nicht verwilligt hat- ten, angemuthet wurde: ſie baten ſich aufs neue Bedenk- zeit aus: man wiederholte ihnen, das ſey ſo nicht herge- bracht; — ſie dachten zu antworten: da ſchlug es eilf Uhr und die Sitzung ward aufgehoben. 1 Die Städte waren hierüber um ſo mehr betreten, da man ihnen zugleich ſagte, nur aus Gnaden ſey es, daß man zwei ihrer Abgeordneten in den Ausſchuß nehme, wäh- rend von den Grafen nur einer zugelaſſen werde: ſie glaub- ten, es ſey wohl die Abſicht, ſie auch von den Ausſchüſ- ſen auszuſchließen. Sie hatten im Jahr 1487 ihre alte Standesoppoſition aufgegeben, weil ihnen durch Vermittelung Churfürſt Bertholds weſentlicher Antheil an den Berathun- gen verſchafft wurde: und wir wiſſen, wie eingreifend dieſer zu Zeiten war: jetzt glaubten ſie, man wolle ihnen alle ihre Rechte entreißen und nur die Verpflichtungen feſt halten. Da nun in Hinſicht auf die Monopolien und den Zoll Beſchlüſſe gefaßt wurden, die ihren Gewerben höchſt 1 Schreiben von Holzhauſen an Frankfurt Dez. 1522. Frankf. A. Bd 36, beſonders f. 110 die Supplik der Staͤdte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/136
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/136>, abgerufen am 23.11.2024.