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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Sechstes Capitel.
erkennt er an. "Aber ein neuer Daniel," sagt er, "muß
sie auslegen und an der Spitze des Volkes einhergehn wie
Mose." In Mühlhausen gelangte er zu dem Ansehn eines
Herrn und Propheten. Er saß mit zu Rathe: er sprach
Recht, nach der Offenbarung, unter seiner Leitung wurden
die Klöster eingezogen, Geschütze gegossen, mit gewaltigem
Caliber, kriegerische Unternehmungen vollzogen. Erst wur-
den die Pfarren im Gebiet des Herzog Georg überfallen,
dann wurden mit Hülfe des empörten Volkes die Klöster
gestürmt, wie am Harz Michelstein, Ilsenburg, Walken-
ried, so in der güldnen Aue Kelbra, Donndorf, Roßleben,
Memleben, alle andern in der großen Thüringer Ebene bis
hinan in den Wald; in Reinhardsbrunn wurden die Denk-
male der alten Landgrafen verwüstet, die Bibliothek zer-
stört. 1 Hierauf griff man, wie im Eichsfeld, so in Thü-
ringen die Schlösser und Höfe der Herrn an. Hier hören
wir nicht von Bedingung und Vertrag, von jener Aus-
sicht auf eine künftige Reformation: es war auf das all-
gemeine erbarmungslose Verderben abgesehen. "Lieben Brü-
der," schrieb Münzer an die Bergleute zu Mansfeld, "laßt
Euch nicht erbarmen, ob Euch Esau gute Worte gebe;
sehet nicht an den Jammer der Gottlosen. Lasset Euer
Schwerd nicht kalt werden vom Blut: schmiedet Pinke-
panke auf den Amboß Nimrod, werft ihm den Thurm zu
Boden, weil ihr Tag habt." "Daß du es wissest," schrieb
er an Graf Ernst zu Heldrungen, "der allmächtige ewige
Gott hat es geheißen dich mit der Gewalt die uns gege-

ben,
1 Thuringia sacra I, 173.

Drittes Buch. Sechstes Capitel.
erkennt er an. „Aber ein neuer Daniel,“ ſagt er, „muß
ſie auslegen und an der Spitze des Volkes einhergehn wie
Moſe.“ In Mühlhauſen gelangte er zu dem Anſehn eines
Herrn und Propheten. Er ſaß mit zu Rathe: er ſprach
Recht, nach der Offenbarung, unter ſeiner Leitung wurden
die Klöſter eingezogen, Geſchütze gegoſſen, mit gewaltigem
Caliber, kriegeriſche Unternehmungen vollzogen. Erſt wur-
den die Pfarren im Gebiet des Herzog Georg überfallen,
dann wurden mit Hülfe des empörten Volkes die Klöſter
geſtürmt, wie am Harz Michelſtein, Ilſenburg, Walken-
ried, ſo in der güldnen Aue Kelbra, Donndorf, Roßleben,
Memleben, alle andern in der großen Thüringer Ebene bis
hinan in den Wald; in Reinhardsbrunn wurden die Denk-
male der alten Landgrafen verwüſtet, die Bibliothek zer-
ſtört. 1 Hierauf griff man, wie im Eichsfeld, ſo in Thü-
ringen die Schlöſſer und Höfe der Herrn an. Hier hören
wir nicht von Bedingung und Vertrag, von jener Aus-
ſicht auf eine künftige Reformation: es war auf das all-
gemeine erbarmungsloſe Verderben abgeſehen. „Lieben Brü-
der,“ ſchrieb Münzer an die Bergleute zu Mansfeld, „laßt
Euch nicht erbarmen, ob Euch Eſau gute Worte gebe;
ſehet nicht an den Jammer der Gottloſen. Laſſet Euer
Schwerd nicht kalt werden vom Blut: ſchmiedet Pinke-
panke auf den Amboß Nimrod, werft ihm den Thurm zu
Boden, weil ihr Tag habt.“ „Daß du es wiſſeſt,“ ſchrieb
er an Graf Ernſt zu Heldrungen, „der allmächtige ewige
Gott hat es geheißen dich mit der Gewalt die uns gege-

ben,
1 Thuringia sacra I, 173.
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[208/0218] Drittes Buch. Sechstes Capitel. erkennt er an. „Aber ein neuer Daniel,“ ſagt er, „muß ſie auslegen und an der Spitze des Volkes einhergehn wie Moſe.“ In Mühlhauſen gelangte er zu dem Anſehn eines Herrn und Propheten. Er ſaß mit zu Rathe: er ſprach Recht, nach der Offenbarung, unter ſeiner Leitung wurden die Klöſter eingezogen, Geſchütze gegoſſen, mit gewaltigem Caliber, kriegeriſche Unternehmungen vollzogen. Erſt wur- den die Pfarren im Gebiet des Herzog Georg überfallen, dann wurden mit Hülfe des empörten Volkes die Klöſter geſtürmt, wie am Harz Michelſtein, Ilſenburg, Walken- ried, ſo in der güldnen Aue Kelbra, Donndorf, Roßleben, Memleben, alle andern in der großen Thüringer Ebene bis hinan in den Wald; in Reinhardsbrunn wurden die Denk- male der alten Landgrafen verwüſtet, die Bibliothek zer- ſtört. 1 Hierauf griff man, wie im Eichsfeld, ſo in Thü- ringen die Schlöſſer und Höfe der Herrn an. Hier hören wir nicht von Bedingung und Vertrag, von jener Aus- ſicht auf eine künftige Reformation: es war auf das all- gemeine erbarmungsloſe Verderben abgeſehen. „Lieben Brü- der,“ ſchrieb Münzer an die Bergleute zu Mansfeld, „laßt Euch nicht erbarmen, ob Euch Eſau gute Worte gebe; ſehet nicht an den Jammer der Gottloſen. Laſſet Euer Schwerd nicht kalt werden vom Blut: ſchmiedet Pinke- panke auf den Amboß Nimrod, werft ihm den Thurm zu Boden, weil ihr Tag habt.“ „Daß du es wiſſeſt,“ ſchrieb er an Graf Ernſt zu Heldrungen, „der allmächtige ewige Gott hat es geheißen dich mit der Gewalt die uns gege- ben, 1 Thuringia sacra I, 173.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/218>, abgerufen am 30.11.2024.