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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.

Einen ganz andern Gang aber nahmen die Ereignisse.
Die Succession des Königs befestigte sich: nur seine und
seiner Mutter Vertraute hatten Antheil an der Regierung:
Bourbon ward von Mailand zurückberufen und in Frank-
reich von den Staatsgeschäften ausgeschlossen: bei dem er-
sten Feldzug welchen man wieder unternahm, jenem nie-
derländischen, wurden ihm die Rechte eines Connetable nicht
mehr zugestanden. Er konnte schon als das Oberhaupt
der zahlreichen Mißvergnügten gelten, welche sich die Ver-
waltung Franz I durch ihre Unordnungen zuzog, als im
Jahr 1522 seine ganze großartige Stellung gefährdet ward.

Seine Gemahlin Susanna starb, ohne ihm Kinder
zu hinterlassen. Zwar hatte sie ihm die alte Schenkung
nochmals bestätigt, allein auf der Stelle erhoben sich die
mächtigsten Prätensionen auf ihre Verlassenschaft.

Die Mutter des Königs, Louise von Savoyen, Nichte
des Herzog Peter, Mitglied demnach der ältern Linie, for-
derte überhaupt in die Gerechtsame Susannas einzutreten;
kaum war aber ihr Proceß anhängig geworden, so trat die
Krone selbst mit noch viel umfassendern Ansprüchen hervor:
sie machte nicht allein jene Zusage des Herzog Peter, son-
dern noch eine Menge andere ganz plausible Titel geltend:
gar bald drang sie mit den einleuchtendsten durch, und auch
wegen der übrigen wußte man von Seiten des Parlamen-
tes dem Herzog keinen andern Rath zu geben, als er möge
sich mit seinen Gegnern zu vergleichen suchen. 1 Der Con-

ne-
maaßen: prosperoso, traze un pallo di ferro molto gaiardamente,
teme dio, e devoto, piatoso, humano e liberalissimo.
1 Gaillard (Histoire de Francois I) hat, was man schon
sonst von einer Leidenschaft Louisens für den Connetable erzählte,
Viertes Buch. Erſtes Capitel.

Einen ganz andern Gang aber nahmen die Ereigniſſe.
Die Succeſſion des Königs befeſtigte ſich: nur ſeine und
ſeiner Mutter Vertraute hatten Antheil an der Regierung:
Bourbon ward von Mailand zurückberufen und in Frank-
reich von den Staatsgeſchäften ausgeſchloſſen: bei dem er-
ſten Feldzug welchen man wieder unternahm, jenem nie-
derländiſchen, wurden ihm die Rechte eines Connetable nicht
mehr zugeſtanden. Er konnte ſchon als das Oberhaupt
der zahlreichen Mißvergnügten gelten, welche ſich die Ver-
waltung Franz I durch ihre Unordnungen zuzog, als im
Jahr 1522 ſeine ganze großartige Stellung gefährdet ward.

Seine Gemahlin Suſanna ſtarb, ohne ihm Kinder
zu hinterlaſſen. Zwar hatte ſie ihm die alte Schenkung
nochmals beſtätigt, allein auf der Stelle erhoben ſich die
mächtigſten Prätenſionen auf ihre Verlaſſenſchaft.

Die Mutter des Königs, Louiſe von Savoyen, Nichte
des Herzog Peter, Mitglied demnach der ältern Linie, for-
derte überhaupt in die Gerechtſame Suſannas einzutreten;
kaum war aber ihr Proceß anhängig geworden, ſo trat die
Krone ſelbſt mit noch viel umfaſſendern Anſprüchen hervor:
ſie machte nicht allein jene Zuſage des Herzog Peter, ſon-
dern noch eine Menge andere ganz plauſible Titel geltend:
gar bald drang ſie mit den einleuchtendſten durch, und auch
wegen der übrigen wußte man von Seiten des Parlamen-
tes dem Herzog keinen andern Rath zu geben, als er möge
ſich mit ſeinen Gegnern zu vergleichen ſuchen. 1 Der Con-

ne-
maaßen: prosperoso, traze un pallo di ferro molto gaiardamente,
teme dio, è devoto, piatoso, humano e liberalissimo.
1 Gaillard (Histoire de François I) hat, was man ſchon
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[288/0298] Viertes Buch. Erſtes Capitel. Einen ganz andern Gang aber nahmen die Ereigniſſe. Die Succeſſion des Königs befeſtigte ſich: nur ſeine und ſeiner Mutter Vertraute hatten Antheil an der Regierung: Bourbon ward von Mailand zurückberufen und in Frank- reich von den Staatsgeſchäften ausgeſchloſſen: bei dem er- ſten Feldzug welchen man wieder unternahm, jenem nie- derländiſchen, wurden ihm die Rechte eines Connetable nicht mehr zugeſtanden. Er konnte ſchon als das Oberhaupt der zahlreichen Mißvergnügten gelten, welche ſich die Ver- waltung Franz I durch ihre Unordnungen zuzog, als im Jahr 1522 ſeine ganze großartige Stellung gefährdet ward. Seine Gemahlin Suſanna ſtarb, ohne ihm Kinder zu hinterlaſſen. Zwar hatte ſie ihm die alte Schenkung nochmals beſtätigt, allein auf der Stelle erhoben ſich die mächtigſten Prätenſionen auf ihre Verlaſſenſchaft. Die Mutter des Königs, Louiſe von Savoyen, Nichte des Herzog Peter, Mitglied demnach der ältern Linie, for- derte überhaupt in die Gerechtſame Suſannas einzutreten; kaum war aber ihr Proceß anhängig geworden, ſo trat die Krone ſelbſt mit noch viel umfaſſendern Anſprüchen hervor: ſie machte nicht allein jene Zuſage des Herzog Peter, ſon- dern noch eine Menge andere ganz plauſible Titel geltend: gar bald drang ſie mit den einleuchtendſten durch, und auch wegen der übrigen wußte man von Seiten des Parlamen- tes dem Herzog keinen andern Rath zu geben, als er möge ſich mit ſeinen Gegnern zu vergleichen ſuchen. 1 Der Con- ne- 1 1 Gaillard (Histoire de François I) hat, was man ſchon ſonſt von einer Leidenſchaft Louiſens fuͤr den Connetable erzaͤhlte, 1 maaßen: prosperoso, traze un pallo di ferro molto gaiardamente, teme dio, è devoto, piatoso, humano e liberalissimo.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/298>, abgerufen am 27.11.2024.