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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
er dem Kaiser aufs neue den Vorschlag, sich mit einer
Summe Geldes zu begnügen. Er mochte glauben, die Gäh-
rung in Italien werde ihn vermögen darauf einzugehn. 1

Vergegenwärtigen wir uns aber die Lage des Kaisers.
An seinem Hofe, bei seinen ergebensten Dienern hatte der
Tractat vielen Widerspruch gefunden, nicht sowohl weil
die Forderung zu weit gehe, als weil die Sicherheit zu ge-
ring sey: man meinte, es seyen Bedingungen, für Kna-
ben beim Spiele gut, aber nicht weiter; er hatte dennoch
abgeschlossen, eine geheime Besorgniß, die sich auch in ihm
regte, unterdrückt; -- er hatte bereits einen Gouverneur von
Burgund ernannt, der auf dem Wege dahin war; seine
Schwester wartete in Vittoria auf die Vollziehung des Ver-
trags um sogleich als Königin in Frankreich einzuziehn;
-- da erhielt er nun diesen Antrag, denselben, den er
schon früher von sich gewiesen: er sah daß man ihn durch
die Furcht vor den italienischen Feindseligkeiten nun doch
zu zwingen gedachte: das Bewußtseyn die Sache nicht
ganz gut geführt zu haben, der Verdruß betrogen zu seyn,
das beleidigte Gefühl ritterlicher Ehre, der Stolz der Macht
erhoben sich zugleich in ihm. Er antwortete dem König,
wenn er gehindert werde die Bedingungen seiner Befreiung
zu erfüllen, so möge er in die Gefangenschaft zurückkehren,
wo man dann eine andre Übereinkunft treffen wolle. 2

Früher war das wohl ein und das andre Mal ge-
schehen: jetzt waren solche Zeiten vorüber.


1 Offizielle Angabe in der oratio ad proceres Germaniae in con-
ventu Ratisbon.
1527 bei Goldast Polit. imp. p. 902. Conditionem
ultro sibi delatam tantisper accipere sustinuit, dum legatis rur-
sus missis ultimum experiretur.
2 So erzählt Carl selbst in der angeführten Refutation.

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
er dem Kaiſer aufs neue den Vorſchlag, ſich mit einer
Summe Geldes zu begnügen. Er mochte glauben, die Gäh-
rung in Italien werde ihn vermögen darauf einzugehn. 1

Vergegenwärtigen wir uns aber die Lage des Kaiſers.
An ſeinem Hofe, bei ſeinen ergebenſten Dienern hatte der
Tractat vielen Widerſpruch gefunden, nicht ſowohl weil
die Forderung zu weit gehe, als weil die Sicherheit zu ge-
ring ſey: man meinte, es ſeyen Bedingungen, für Kna-
ben beim Spiele gut, aber nicht weiter; er hatte dennoch
abgeſchloſſen, eine geheime Beſorgniß, die ſich auch in ihm
regte, unterdrückt; — er hatte bereits einen Gouverneur von
Burgund ernannt, der auf dem Wege dahin war; ſeine
Schweſter wartete in Vittoria auf die Vollziehung des Ver-
trags um ſogleich als Königin in Frankreich einzuziehn;
— da erhielt er nun dieſen Antrag, denſelben, den er
ſchon früher von ſich gewieſen: er ſah daß man ihn durch
die Furcht vor den italieniſchen Feindſeligkeiten nun doch
zu zwingen gedachte: das Bewußtſeyn die Sache nicht
ganz gut geführt zu haben, der Verdruß betrogen zu ſeyn,
das beleidigte Gefühl ritterlicher Ehre, der Stolz der Macht
erhoben ſich zugleich in ihm. Er antwortete dem König,
wenn er gehindert werde die Bedingungen ſeiner Befreiung
zu erfüllen, ſo möge er in die Gefangenſchaft zurückkehren,
wo man dann eine andre Übereinkunft treffen wolle. 2

Früher war das wohl ein und das andre Mal ge-
ſchehen: jetzt waren ſolche Zeiten vorüber.


1 Offizielle Angabe in der oratio ad proceres Germaniae in con-
ventu Ratisbon.
1527 bei Goldaſt Polit. imp. p. 902. Conditionem
ultro sibi delatam tantisper accipere sustinuit, dum legatis rur-
sus missis ultimum experiretur.
2 So erzaͤhlt Carl ſelbſt in der angefuͤhrten Refutation.
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[342/0352] Viertes Buch. Erſtes Capitel. er dem Kaiſer aufs neue den Vorſchlag, ſich mit einer Summe Geldes zu begnügen. Er mochte glauben, die Gäh- rung in Italien werde ihn vermögen darauf einzugehn. 1 Vergegenwärtigen wir uns aber die Lage des Kaiſers. An ſeinem Hofe, bei ſeinen ergebenſten Dienern hatte der Tractat vielen Widerſpruch gefunden, nicht ſowohl weil die Forderung zu weit gehe, als weil die Sicherheit zu ge- ring ſey: man meinte, es ſeyen Bedingungen, für Kna- ben beim Spiele gut, aber nicht weiter; er hatte dennoch abgeſchloſſen, eine geheime Beſorgniß, die ſich auch in ihm regte, unterdrückt; — er hatte bereits einen Gouverneur von Burgund ernannt, der auf dem Wege dahin war; ſeine Schweſter wartete in Vittoria auf die Vollziehung des Ver- trags um ſogleich als Königin in Frankreich einzuziehn; — da erhielt er nun dieſen Antrag, denſelben, den er ſchon früher von ſich gewieſen: er ſah daß man ihn durch die Furcht vor den italieniſchen Feindſeligkeiten nun doch zu zwingen gedachte: das Bewußtſeyn die Sache nicht ganz gut geführt zu haben, der Verdruß betrogen zu ſeyn, das beleidigte Gefühl ritterlicher Ehre, der Stolz der Macht erhoben ſich zugleich in ihm. Er antwortete dem König, wenn er gehindert werde die Bedingungen ſeiner Befreiung zu erfüllen, ſo möge er in die Gefangenſchaft zurückkehren, wo man dann eine andre Übereinkunft treffen wolle. 2 Früher war das wohl ein und das andre Mal ge- ſchehen: jetzt waren ſolche Zeiten vorüber. 1 Offizielle Angabe in der oratio ad proceres Germaniae in con- ventu Ratisbon. 1527 bei Goldaſt Polit. imp. p. 902. Conditionem ultro sibi delatam tantisper accipere sustinuit, dum legatis rur- sus missis ultimum experiretur. 2 So erzaͤhlt Carl ſelbſt in der angefuͤhrten Refutation.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/352>, abgerufen am 27.11.2024.