Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Zweites Capitel. gleich aber gaben sie ihm eine unzweideutige Auslegung.In ihrer Antwort erklärten sie, unter guten Gebräuchen könne man keine andern verstehen, als die welche dem Glau- ben an Christum nicht zuwider seyen. Nun wisse aber je- dermann, wie viel entgegengesetzte zu allgemeinem Verder- ben eingerissen. Eine große Freude sey es ihnen, daß man dieselben abstellen wolle. 1 Zwar widersetzten sich die Bischöfe der Annahme die- Und hierauf verwandelte sich nun der ganze Reichs- Es nahm die dem Clerus sehr abgeneigte Stim- 1 Antwort der Städte, gedruckt bei Kapp und bei Walch
XVI, 246. Viertes Buch. Zweites Capitel. gleich aber gaben ſie ihm eine unzweideutige Auslegung.In ihrer Antwort erklärten ſie, unter guten Gebräuchen könne man keine andern verſtehen, als die welche dem Glau- ben an Chriſtum nicht zuwider ſeyen. Nun wiſſe aber je- dermann, wie viel entgegengeſetzte zu allgemeinem Verder- ben eingeriſſen. Eine große Freude ſey es ihnen, daß man dieſelben abſtellen wolle. 1 Zwar widerſetzten ſich die Biſchöfe der Annahme die- Und hierauf verwandelte ſich nun der ganze Reichs- Es nahm die dem Clerus ſehr abgeneigte Stim- 1 Antwort der Staͤdte, gedruckt bei Kapp und bei Walch
XVI, 246. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0366" n="356"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> gleich aber gaben ſie ihm eine unzweideutige Auslegung.<lb/> In ihrer Antwort erklärten ſie, unter guten Gebräuchen<lb/> könne man keine andern verſtehen, als die welche dem Glau-<lb/> ben an Chriſtum nicht zuwider ſeyen. Nun wiſſe aber je-<lb/> dermann, wie viel entgegengeſetzte zu allgemeinem Verder-<lb/> ben eingeriſſen. Eine große Freude ſey es ihnen, daß man<lb/> dieſelben abſtellen wolle. <note place="foot" n="1">Antwort der Staͤdte, gedruckt bei Kapp und bei Walch<lb/><hi rendition="#aq">XVI,</hi> 246.</note></p><lb/> <p>Zwar widerſetzten ſich die Biſchöfe der Annahme die-<lb/> ſer Erklärung, als ſie am 4ten Juli in dem Fürſtenrath<lb/> vorkam: ſie behaupteten, nicht von den Mißbräuchen rühre<lb/> die Bewegung des Volkes her, ſondern von den aufrühre-<lb/> riſchen Schriften und Predigten: in dem Ungeſtüm der De-<lb/> batte entfiel Einem der Ausdruck, man ſollte lieber alle<lb/> ſeit acht Jahren gedruckten Bücher verbrennen; allein durch<lb/> Übertreibungen ſolcher Art ſchadeten ſie ſich nur: man warf<lb/> ihnen vor, alle menſchliche Kunſt und Vernunft unterdrücken<lb/> zu wollen. Die Antwort der Städte ward angenommen<lb/> wie ſie war.</p><lb/> <p>Und hierauf verwandelte ſich nun der ganze Reichs-<lb/> tag in verſchiedene Commiſſionen zur Abſtellung der geiſt-<lb/> lichen Mißbräuche: eine churfürſtliche eine fürſtliche und<lb/> eine ſtädtiſche: eben wie man einſt zu Worms die Beſchwer-<lb/> den gegen den päpſtlichen Stuhl zuſammengeſtellt hatte.</p><lb/> <p>Es nahm die dem Clerus ſehr abgeneigte Stim-<lb/> mung, welche in der Nation vorherrſchte, auch an dem<lb/> Reichstag überhand. „Von den Geiſtlichen,“ klagt der<lb/> Frankfurter Geſandte, „werde nichts geſucht als ihr eigner<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [356/0366]
Viertes Buch. Zweites Capitel.
gleich aber gaben ſie ihm eine unzweideutige Auslegung.
In ihrer Antwort erklärten ſie, unter guten Gebräuchen
könne man keine andern verſtehen, als die welche dem Glau-
ben an Chriſtum nicht zuwider ſeyen. Nun wiſſe aber je-
dermann, wie viel entgegengeſetzte zu allgemeinem Verder-
ben eingeriſſen. Eine große Freude ſey es ihnen, daß man
dieſelben abſtellen wolle. 1
Zwar widerſetzten ſich die Biſchöfe der Annahme die-
ſer Erklärung, als ſie am 4ten Juli in dem Fürſtenrath
vorkam: ſie behaupteten, nicht von den Mißbräuchen rühre
die Bewegung des Volkes her, ſondern von den aufrühre-
riſchen Schriften und Predigten: in dem Ungeſtüm der De-
batte entfiel Einem der Ausdruck, man ſollte lieber alle
ſeit acht Jahren gedruckten Bücher verbrennen; allein durch
Übertreibungen ſolcher Art ſchadeten ſie ſich nur: man warf
ihnen vor, alle menſchliche Kunſt und Vernunft unterdrücken
zu wollen. Die Antwort der Städte ward angenommen
wie ſie war.
Und hierauf verwandelte ſich nun der ganze Reichs-
tag in verſchiedene Commiſſionen zur Abſtellung der geiſt-
lichen Mißbräuche: eine churfürſtliche eine fürſtliche und
eine ſtädtiſche: eben wie man einſt zu Worms die Beſchwer-
den gegen den päpſtlichen Stuhl zuſammengeſtellt hatte.
Es nahm die dem Clerus ſehr abgeneigte Stim-
mung, welche in der Nation vorherrſchte, auch an dem
Reichstag überhand. „Von den Geiſtlichen,“ klagt der
Frankfurter Geſandte, „werde nichts geſucht als ihr eigner
1 Antwort der Staͤdte, gedruckt bei Kapp und bei Walch
XVI, 246.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |