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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Speier 1526.
Nutzen, und das allgemeine Beste vernachläßigt." 1 In
den Briefen des herzoglich sächsischen Gesandten, so streng
katholisch sein Herr auch war, finden wir doch dieselben
Klagen. Der größere Theil der Geistlichen, sagt er,
habe nur seine Hoffart im Auge: -- der Unfug der ein-
gerissenen Mißbräuche könne von ihnen nicht geleugnet wer-
den und doch wolle sie Keiner abstellen lassen. In den
Laien sey mehr Sorgfalt für das Beste der Christenheit
wahrzunehmen als in den Geistlichen. 2

Wie sehr aber mußte diese Stimmung wachsen, als
nun erst die verbündeten evangelischen Fürsten anlangten!

Der Churfürst von Sachsen erschien als der mächtigste
Reichsfürst. Er war mit der größten Anzahl von Pferden
eingeritten, er hatte alle Tage 700 Personen zu versorgen,
und seine Begleiter rühmen, wie gut sie es bei ihm gehabt.
Er zeigte sich gutmüthig und prächtig. Eines Tages gab
er ein Bankett, wo 26 Fürsten bei ihm speisten, an vier
Tischen, ihr Adel und ihre Räthe an besondern Tafeln:
einige entfernten sich bald: andre blieben bis nach zehn Uhr
und spielten hoch. Dagegen machte der Landgraf mit sei-
nem frischen gelehrten Glaubenseifer viel Eindruck: er zeigte

1 Hammann von Holzhusen 1sten Aug.: "die Geistlichen bear-
beiten sich heftiglich um iren eignen und vergessen den gemeinen
Nutzen."
2 Otto v. Pack: Ist am Tage, wenn die Geystlichen gemeyne
Christenheit also meinten wy dy Laien, so blib Gottes Ehr, alle
gute christliche Ordnung, und bliben darzu sye selbst mit aller irer
Hab Ehr und Gut, denn ich hab bisher keyn Leyen vermerkt der da
wolt ein Buchstaben von den guten Kirchenordnungen abthun adder
der Geystlichen Güter um einen Pfennig schmälern. Nicht weiß ich
was der Kurfürst von Sachsen und Hessen bringen werden.

Reichstag zu Speier 1526.
Nutzen, und das allgemeine Beſte vernachläßigt.“ 1 In
den Briefen des herzoglich ſächſiſchen Geſandten, ſo ſtreng
katholiſch ſein Herr auch war, finden wir doch dieſelben
Klagen. Der größere Theil der Geiſtlichen, ſagt er,
habe nur ſeine Hoffart im Auge: — der Unfug der ein-
geriſſenen Mißbräuche könne von ihnen nicht geleugnet wer-
den und doch wolle ſie Keiner abſtellen laſſen. In den
Laien ſey mehr Sorgfalt für das Beſte der Chriſtenheit
wahrzunehmen als in den Geiſtlichen. 2

Wie ſehr aber mußte dieſe Stimmung wachſen, als
nun erſt die verbündeten evangeliſchen Fürſten anlangten!

Der Churfürſt von Sachſen erſchien als der mächtigſte
Reichsfürſt. Er war mit der größten Anzahl von Pferden
eingeritten, er hatte alle Tage 700 Perſonen zu verſorgen,
und ſeine Begleiter rühmen, wie gut ſie es bei ihm gehabt.
Er zeigte ſich gutmüthig und prächtig. Eines Tages gab
er ein Bankett, wo 26 Fürſten bei ihm ſpeiſten, an vier
Tiſchen, ihr Adel und ihre Räthe an beſondern Tafeln:
einige entfernten ſich bald: andre blieben bis nach zehn Uhr
und ſpielten hoch. Dagegen machte der Landgraf mit ſei-
nem friſchen gelehrten Glaubenseifer viel Eindruck: er zeigte

1 Hammann von Holzhuſen 1ſten Aug.: „die Geiſtlichen bear-
beiten ſich heftiglich um iren eignen und vergeſſen den gemeinen
Nutzen.“
2 Otto v. Pack: Iſt am Tage, wenn die Geyſtlichen gemeyne
Chriſtenheit alſo meinten wy dy Laien, ſo blib Gottes Ehr, alle
gute chriſtliche Ordnung, und bliben darzu ſye ſelbſt mit aller irer
Hab Ehr und Gut, denn ich hab bisher keyn Leyen vermerkt der da
wolt ein Buchſtaben von den guten Kirchenordnungen abthun adder
der Geyſtlichen Guͤter um einen Pfennig ſchmaͤlern. Nicht weiß ich
was der Kurfuͤrſt von Sachſen und Heſſen bringen werden.
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[357/0367] Reichstag zu Speier 1526. Nutzen, und das allgemeine Beſte vernachläßigt.“ 1 In den Briefen des herzoglich ſächſiſchen Geſandten, ſo ſtreng katholiſch ſein Herr auch war, finden wir doch dieſelben Klagen. Der größere Theil der Geiſtlichen, ſagt er, habe nur ſeine Hoffart im Auge: — der Unfug der ein- geriſſenen Mißbräuche könne von ihnen nicht geleugnet wer- den und doch wolle ſie Keiner abſtellen laſſen. In den Laien ſey mehr Sorgfalt für das Beſte der Chriſtenheit wahrzunehmen als in den Geiſtlichen. 2 Wie ſehr aber mußte dieſe Stimmung wachſen, als nun erſt die verbündeten evangeliſchen Fürſten anlangten! Der Churfürſt von Sachſen erſchien als der mächtigſte Reichsfürſt. Er war mit der größten Anzahl von Pferden eingeritten, er hatte alle Tage 700 Perſonen zu verſorgen, und ſeine Begleiter rühmen, wie gut ſie es bei ihm gehabt. Er zeigte ſich gutmüthig und prächtig. Eines Tages gab er ein Bankett, wo 26 Fürſten bei ihm ſpeiſten, an vier Tiſchen, ihr Adel und ihre Räthe an beſondern Tafeln: einige entfernten ſich bald: andre blieben bis nach zehn Uhr und ſpielten hoch. Dagegen machte der Landgraf mit ſei- nem friſchen gelehrten Glaubenseifer viel Eindruck: er zeigte 1 Hammann von Holzhuſen 1ſten Aug.: „die Geiſtlichen bear- beiten ſich heftiglich um iren eignen und vergeſſen den gemeinen Nutzen.“ 2 Otto v. Pack: Iſt am Tage, wenn die Geyſtlichen gemeyne Chriſtenheit alſo meinten wy dy Laien, ſo blib Gottes Ehr, alle gute chriſtliche Ordnung, und bliben darzu ſye ſelbſt mit aller irer Hab Ehr und Gut, denn ich hab bisher keyn Leyen vermerkt der da wolt ein Buchſtaben von den guten Kirchenordnungen abthun adder der Geyſtlichen Guͤter um einen Pfennig ſchmaͤlern. Nicht weiß ich was der Kurfuͤrſt von Sachſen und Heſſen bringen werden.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/367>, abgerufen am 27.11.2024.