Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Zweites Capitel. Mahnung, hatte er eine Instruction an seine Commissarienausgestellt, worin er ihnen befahl, an dem Reichstag in keinen Beschluß zu willigen, der dem alten Herkommen in Lehre oder Gebräuchen entgegenlaufe, und das Wormser Edict aufs neue einschärfte. 1 Es liegt ein gewisses Dun- kel über dieser Sache. Vorlängst mußte die Instruction an- gelangt seyn wie auch Herzog Heinrich längst zurückgekom- men war; man sieht nicht, wodurch die Commissarien sich ermächtigt gehalten, doch anfangs mit einer andern auf- zutreten: ob vielleicht durch eine dem Erzherzog seitdem zu- gegangene Weisung oder wodurch sonst. Genug erst jetzt, nachdem die Sachen so weit gediehen, kam man mit jener Instruction zum Vorschein: auf Antrieb, wie in Speier behauptet ward, einiger mächtigen Geistlichen, nicht ohne "Finanz und Hinterlist:" und brachte damit einen gewalti- gen Eindruck hervor. Der große Ausschuß nahm sich noch ziemlich zusammen: er erklärte, sich so halten zu wollen, wie er es verantworten könne; allein was ließ sich ausrichten, da jeder neuen Anordnung das klare Wort des Kaisers ent- gegengehalten werden konnte. Man glaubte überhaupt es werde nun gar nichts mehr zu erreichen seyn: Viele woll- ten keinen Augenblick länger bleiben: die Evangelisch-ge- sinnten fürchteten doch die Anwendung der Gewalt. Des- halb hauptsächlich neigten sich jetzt die Städte dem säch- sisch-hessischen Verständniß zu, um einen Rückhalt zu ha- ben wenn man zu Thätlichkeiten gegen sie schreite. 2 Auf 1 Commission vom 23sten März in den Fr. AA. Bd 42, f. 32. 2 Dann werde "solch Ansuchen und Fulgung zu großem Nutz
gereichen." Schreiben von Holzhusen 21 Aug. 25 A. haben die übrigen Städte schon Antwort. Vor dem förmlichen Abschluß soll nur noch abgewartet werden, was die Gesandtschaft ausrichten wird. Viertes Buch. Zweites Capitel. Mahnung, hatte er eine Inſtruction an ſeine Commiſſarienausgeſtellt, worin er ihnen befahl, an dem Reichstag in keinen Beſchluß zu willigen, der dem alten Herkommen in Lehre oder Gebräuchen entgegenlaufe, und das Wormſer Edict aufs neue einſchärfte. 1 Es liegt ein gewiſſes Dun- kel über dieſer Sache. Vorlängſt mußte die Inſtruction an- gelangt ſeyn wie auch Herzog Heinrich längſt zurückgekom- men war; man ſieht nicht, wodurch die Commiſſarien ſich ermächtigt gehalten, doch anfangs mit einer andern auf- zutreten: ob vielleicht durch eine dem Erzherzog ſeitdem zu- gegangene Weiſung oder wodurch ſonſt. Genug erſt jetzt, nachdem die Sachen ſo weit gediehen, kam man mit jener Inſtruction zum Vorſchein: auf Antrieb, wie in Speier behauptet ward, einiger mächtigen Geiſtlichen, nicht ohne „Finanz und Hinterliſt:“ und brachte damit einen gewalti- gen Eindruck hervor. Der große Ausſchuß nahm ſich noch ziemlich zuſammen: er erklärte, ſich ſo halten zu wollen, wie er es verantworten könne; allein was ließ ſich ausrichten, da jeder neuen Anordnung das klare Wort des Kaiſers ent- gegengehalten werden konnte. Man glaubte überhaupt es werde nun gar nichts mehr zu erreichen ſeyn: Viele woll- ten keinen Augenblick länger bleiben: die Evangeliſch-ge- ſinnten fürchteten doch die Anwendung der Gewalt. Des- halb hauptſächlich neigten ſich jetzt die Städte dem ſäch- ſiſch-heſſiſchen Verſtändniß zu, um einen Rückhalt zu ha- ben wenn man zu Thätlichkeiten gegen ſie ſchreite. 2 Auf 1 Commiſſion vom 23ſten Maͤrz in den Fr. AA. Bd 42, f. 32. 2 Dann werde „ſolch Anſuchen und Fulgung zu großem Nutz
gereichen.“ Schreiben von Holzhuſen 21 Aug. 25 A. haben die uͤbrigen Staͤdte ſchon Antwort. Vor dem foͤrmlichen Abſchluß ſoll nur noch abgewartet werden, was die Geſandtſchaft ausrichten wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0372" n="362"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> Mahnung, hatte er eine Inſtruction an ſeine Commiſſarien<lb/> ausgeſtellt, worin er ihnen befahl, an dem Reichstag in<lb/> keinen Beſchluß zu willigen, der dem alten Herkommen in<lb/> Lehre oder Gebräuchen entgegenlaufe, und das Wormſer<lb/> Edict aufs neue einſchärfte. <note place="foot" n="1">Commiſſion vom 23ſten Maͤrz in den Fr. AA. Bd 42, <hi rendition="#aq">f.</hi> 32.</note> Es liegt ein gewiſſes Dun-<lb/> kel über dieſer Sache. Vorlängſt mußte die Inſtruction an-<lb/> gelangt ſeyn wie auch Herzog Heinrich längſt zurückgekom-<lb/> men war; man ſieht nicht, wodurch die Commiſſarien ſich<lb/> ermächtigt gehalten, doch anfangs mit einer andern auf-<lb/> zutreten: ob vielleicht durch eine dem Erzherzog ſeitdem zu-<lb/> gegangene Weiſung oder wodurch ſonſt. Genug erſt jetzt,<lb/> nachdem die Sachen ſo weit gediehen, kam man mit jener<lb/> Inſtruction zum Vorſchein: auf Antrieb, wie in Speier<lb/> behauptet ward, einiger mächtigen Geiſtlichen, nicht ohne<lb/> „Finanz und Hinterliſt:“ und brachte damit einen gewalti-<lb/> gen Eindruck hervor. Der große Ausſchuß nahm ſich noch<lb/> ziemlich zuſammen: er erklärte, ſich ſo halten zu wollen, wie<lb/> er es verantworten könne; allein was ließ ſich ausrichten,<lb/> da jeder neuen Anordnung das klare Wort des Kaiſers ent-<lb/> gegengehalten werden konnte. Man glaubte überhaupt es<lb/> werde nun gar nichts mehr zu erreichen ſeyn: Viele woll-<lb/> ten keinen Augenblick länger bleiben: die Evangeliſch-ge-<lb/> ſinnten fürchteten doch die Anwendung der Gewalt. Des-<lb/> halb hauptſächlich neigten ſich jetzt die Städte dem ſäch-<lb/> ſiſch-heſſiſchen Verſtändniß zu, um einen Rückhalt zu ha-<lb/> ben wenn man zu Thätlichkeiten gegen ſie ſchreite. <note place="foot" n="2">Dann werde „ſolch Anſuchen und Fulgung zu großem Nutz<lb/> gereichen.“ Schreiben von Holzhuſen 21 Aug. 25 A. haben die<lb/> uͤbrigen Staͤdte ſchon Antwort. Vor dem foͤrmlichen Abſchluß ſoll<lb/> nur noch abgewartet werden, was die Geſandtſchaft ausrichten wird.</note> Auf<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0372]
Viertes Buch. Zweites Capitel.
Mahnung, hatte er eine Inſtruction an ſeine Commiſſarien
ausgeſtellt, worin er ihnen befahl, an dem Reichstag in
keinen Beſchluß zu willigen, der dem alten Herkommen in
Lehre oder Gebräuchen entgegenlaufe, und das Wormſer
Edict aufs neue einſchärfte. 1 Es liegt ein gewiſſes Dun-
kel über dieſer Sache. Vorlängſt mußte die Inſtruction an-
gelangt ſeyn wie auch Herzog Heinrich längſt zurückgekom-
men war; man ſieht nicht, wodurch die Commiſſarien ſich
ermächtigt gehalten, doch anfangs mit einer andern auf-
zutreten: ob vielleicht durch eine dem Erzherzog ſeitdem zu-
gegangene Weiſung oder wodurch ſonſt. Genug erſt jetzt,
nachdem die Sachen ſo weit gediehen, kam man mit jener
Inſtruction zum Vorſchein: auf Antrieb, wie in Speier
behauptet ward, einiger mächtigen Geiſtlichen, nicht ohne
„Finanz und Hinterliſt:“ und brachte damit einen gewalti-
gen Eindruck hervor. Der große Ausſchuß nahm ſich noch
ziemlich zuſammen: er erklärte, ſich ſo halten zu wollen, wie
er es verantworten könne; allein was ließ ſich ausrichten,
da jeder neuen Anordnung das klare Wort des Kaiſers ent-
gegengehalten werden konnte. Man glaubte überhaupt es
werde nun gar nichts mehr zu erreichen ſeyn: Viele woll-
ten keinen Augenblick länger bleiben: die Evangeliſch-ge-
ſinnten fürchteten doch die Anwendung der Gewalt. Des-
halb hauptſächlich neigten ſich jetzt die Städte dem ſäch-
ſiſch-heſſiſchen Verſtändniß zu, um einen Rückhalt zu ha-
ben wenn man zu Thätlichkeiten gegen ſie ſchreite. 2 Auf
1 Commiſſion vom 23ſten Maͤrz in den Fr. AA. Bd 42, f. 32.
2 Dann werde „ſolch Anſuchen und Fulgung zu großem Nutz
gereichen.“ Schreiben von Holzhuſen 21 Aug. 25 A. haben die
uͤbrigen Staͤdte ſchon Antwort. Vor dem foͤrmlichen Abſchluß ſoll
nur noch abgewartet werden, was die Geſandtſchaft ausrichten wird.
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