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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Drittes Capitel.
Frundsberg war es beschieden, die Landsknechte, als deren
Lehrmeister und Vater er sich betrachten konnte, mit de-
nen er so viel gewaltige Feinde bestanden, und jetzt dem
mächtigsten, den sie alle haßten, entgegengieng, die Waffen
gegen sich selbst richten zu sehen. Man hat behauptet, eben
dieser verschlagene, im Geheimen thätige Feind habe durch
seine Emissäre das Feuer geschürt. Wenigstens gegen
Frundsberg bedurfte es keiner andern Waffen. Der alte
Held, der sonst wohl den stärksten Gegenmann, spielend,
mit einem Finger von sich geschoben, den keine Übermacht
des Feindes jemals erschreckt hatte -- er pflegte zu sagen:
viel Feinde, viel Ehre: -- der selbst darüber hinwegkam,
wenn es ihm nach großen Diensten bei Hofe schlecht gieng,
seinem Unmuth in ein paar Reimen Luft machte und bei
der nächsten Bedrängniß seines Herrn die aufgehenkte Wehr
wieder von der Wand nahm, der konnte doch diesen An-
blick nicht ertragen: er empfieng davon unmittelbar so gut
wie den Tod; in dem Momente verlor er das Bewußt-
seyn und die Sprache, auf eine Trommel sank er nieder:
er war am Ziele seiner Heldenlaufbahn. Wunderbare Kata-
strophe. Er kam um im Feld, aber nicht durch die Feinde,
nicht in dem Waffenkampfe, zu dem er ausgezogen: sein ein-
fach heroisches Gemüth, das sich mit alle seiner Ehrlichkeit
und seinem Ernst anstrengte, die emporfluthende Bewegung
der doch sonst des Gehorsams gewohnten Truppen zu bemei-
stern, als es die Leidenschaft, den einmal entflammten Trieb
der Empörung unüberwindlich, übermächtig sah, da erlag es:
bei dem widrigen Anblick, mit Einem Schlag verließ ihn die
Lebenskraft. Hätte aber der Feind dadurch etwas erreicht zu

Viertes Buch. Drittes Capitel.
Frundsberg war es beſchieden, die Landsknechte, als deren
Lehrmeiſter und Vater er ſich betrachten konnte, mit de-
nen er ſo viel gewaltige Feinde beſtanden, und jetzt dem
mächtigſten, den ſie alle haßten, entgegengieng, die Waffen
gegen ſich ſelbſt richten zu ſehen. Man hat behauptet, eben
dieſer verſchlagene, im Geheimen thätige Feind habe durch
ſeine Emiſſäre das Feuer geſchürt. Wenigſtens gegen
Frundsberg bedurfte es keiner andern Waffen. Der alte
Held, der ſonſt wohl den ſtärkſten Gegenmann, ſpielend,
mit einem Finger von ſich geſchoben, den keine Übermacht
des Feindes jemals erſchreckt hatte — er pflegte zu ſagen:
viel Feinde, viel Ehre: — der ſelbſt darüber hinwegkam,
wenn es ihm nach großen Dienſten bei Hofe ſchlecht gieng,
ſeinem Unmuth in ein paar Reimen Luft machte und bei
der nächſten Bedrängniß ſeines Herrn die aufgehenkte Wehr
wieder von der Wand nahm, der konnte doch dieſen An-
blick nicht ertragen: er empfieng davon unmittelbar ſo gut
wie den Tod; in dem Momente verlor er das Bewußt-
ſeyn und die Sprache, auf eine Trommel ſank er nieder:
er war am Ziele ſeiner Heldenlaufbahn. Wunderbare Kata-
ſtrophe. Er kam um im Feld, aber nicht durch die Feinde,
nicht in dem Waffenkampfe, zu dem er ausgezogen: ſein ein-
fach heroiſches Gemüth, das ſich mit alle ſeiner Ehrlichkeit
und ſeinem Ernſt anſtrengte, die emporfluthende Bewegung
der doch ſonſt des Gehorſams gewohnten Truppen zu bemei-
ſtern, als es die Leidenſchaft, den einmal entflammten Trieb
der Empörung unüberwindlich, übermächtig ſah, da erlag es:
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Lebenskraft. Hätte aber der Feind dadurch etwas erreicht zu

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[386/0396] Viertes Buch. Drittes Capitel. Frundsberg war es beſchieden, die Landsknechte, als deren Lehrmeiſter und Vater er ſich betrachten konnte, mit de- nen er ſo viel gewaltige Feinde beſtanden, und jetzt dem mächtigſten, den ſie alle haßten, entgegengieng, die Waffen gegen ſich ſelbſt richten zu ſehen. Man hat behauptet, eben dieſer verſchlagene, im Geheimen thätige Feind habe durch ſeine Emiſſäre das Feuer geſchürt. Wenigſtens gegen Frundsberg bedurfte es keiner andern Waffen. Der alte Held, der ſonſt wohl den ſtärkſten Gegenmann, ſpielend, mit einem Finger von ſich geſchoben, den keine Übermacht des Feindes jemals erſchreckt hatte — er pflegte zu ſagen: viel Feinde, viel Ehre: — der ſelbſt darüber hinwegkam, wenn es ihm nach großen Dienſten bei Hofe ſchlecht gieng, ſeinem Unmuth in ein paar Reimen Luft machte und bei der nächſten Bedrängniß ſeines Herrn die aufgehenkte Wehr wieder von der Wand nahm, der konnte doch dieſen An- blick nicht ertragen: er empfieng davon unmittelbar ſo gut wie den Tod; in dem Momente verlor er das Bewußt- ſeyn und die Sprache, auf eine Trommel ſank er nieder: er war am Ziele ſeiner Heldenlaufbahn. Wunderbare Kata- ſtrophe. Er kam um im Feld, aber nicht durch die Feinde, nicht in dem Waffenkampfe, zu dem er ausgezogen: ſein ein- fach heroiſches Gemüth, das ſich mit alle ſeiner Ehrlichkeit und ſeinem Ernſt anſtrengte, die emporfluthende Bewegung der doch ſonſt des Gehorſams gewohnten Truppen zu bemei- ſtern, als es die Leidenſchaft, den einmal entflammten Trieb der Empörung unüberwindlich, übermächtig ſah, da erlag es: bei dem widrigen Anblick, mit Einem Schlag verließ ihn die Lebenskraft. Hätte aber der Feind dadurch etwas erreicht zu

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/396>, abgerufen am 27.11.2024.