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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Einwirkung der religiösen Verhältnisse.
tung gediehen: in Böhmen und Mähren bildeten die Utra-
quisten eine überaus mächtige Gemeinschaft. Läßt es sich
denken daß man bei der Wahl eines Königs nicht auf
diese confessionellen Verhältnisse Rücksicht genommen haben
sollte?

Verglich man aber in dieser Hinsicht die Bewerber,
wie weit war da Ferdinand einem Herzog von Baiern vorzu-
ziehen. Die Herzöge zeigten sich als unbedingte Anhänger
des Papstthums, als scharfe Religionsverfolger. Der Erz-
herzog dagegen, so katholisch er sich hielt, so viel Sorge
er auch trug daß er so erschien, -- wie es denn in allen
jenen Reichen auch eine noch immer sehr bedeutende ka-
tholische Partei gab, -- hatte doch seit einiger Zeit in sei-
nen Erblanden wieder eine gemäßigte Stellung angenom-
men: wir sahen, wie wenig er die weltlichen Rechte des
Clerus liebte, wie zweideutige Beschlüsse der deutsche Reichs-
tag unter seiner Vermittelung gefaßt hatte. Überdieß war
er in diesem Momente in offenem Kriege mit dem Papste:
die böhmische Wahl fällt in die Tage, in denen die Lands-
knechte Frundsbergs geworben wurden.

Wir finden nichts von den Verhandlungen welche
in dieser Hinsicht gepflogen worden seyn mögen; aus den
Recessen aber ergiebt sich, daß sich Ferdinand zu sehr be-
merkenswerthen Concessionen herbeiließ.

Man weiß, daß der römische Hof die Compactaten
des Basler Conciliums -- wie späterhin so viele andre
ihm ungünstige Verträge -- niemals vollständig anerkannt,
ihre Bestätigung seit Pius II ausdrücklich verweigert hatte.
Ferdinand gelobte jetzt, die Compactaten zu ihrer vollen

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Einwirkung der religioͤſen Verhaͤltniſſe.
tung gediehen: in Böhmen und Mähren bildeten die Utra-
quiſten eine überaus mächtige Gemeinſchaft. Läßt es ſich
denken daß man bei der Wahl eines Königs nicht auf
dieſe confeſſionellen Verhältniſſe Rückſicht genommen haben
ſollte?

Verglich man aber in dieſer Hinſicht die Bewerber,
wie weit war da Ferdinand einem Herzog von Baiern vorzu-
ziehen. Die Herzöge zeigten ſich als unbedingte Anhänger
des Papſtthums, als ſcharfe Religionsverfolger. Der Erz-
herzog dagegen, ſo katholiſch er ſich hielt, ſo viel Sorge
er auch trug daß er ſo erſchien, — wie es denn in allen
jenen Reichen auch eine noch immer ſehr bedeutende ka-
tholiſche Partei gab, — hatte doch ſeit einiger Zeit in ſei-
nen Erblanden wieder eine gemäßigte Stellung angenom-
men: wir ſahen, wie wenig er die weltlichen Rechte des
Clerus liebte, wie zweideutige Beſchlüſſe der deutſche Reichs-
tag unter ſeiner Vermittelung gefaßt hatte. Überdieß war
er in dieſem Momente in offenem Kriege mit dem Papſte:
die böhmiſche Wahl fällt in die Tage, in denen die Lands-
knechte Frundsbergs geworben wurden.

Wir finden nichts von den Verhandlungen welche
in dieſer Hinſicht gepflogen worden ſeyn mögen; aus den
Receſſen aber ergiebt ſich, daß ſich Ferdinand zu ſehr be-
merkenswerthen Conceſſionen herbeiließ.

Man weiß, daß der römiſche Hof die Compactaten
des Basler Conciliums — wie ſpäterhin ſo viele andre
ihm ungünſtige Verträge — niemals vollſtändig anerkannt,
ihre Beſtätigung ſeit Pius II ausdrücklich verweigert hatte.
Ferdinand gelobte jetzt, die Compactaten zu ihrer vollen

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[419/0429] Einwirkung der religioͤſen Verhaͤltniſſe. tung gediehen: in Böhmen und Mähren bildeten die Utra- quiſten eine überaus mächtige Gemeinſchaft. Läßt es ſich denken daß man bei der Wahl eines Königs nicht auf dieſe confeſſionellen Verhältniſſe Rückſicht genommen haben ſollte? Verglich man aber in dieſer Hinſicht die Bewerber, wie weit war da Ferdinand einem Herzog von Baiern vorzu- ziehen. Die Herzöge zeigten ſich als unbedingte Anhänger des Papſtthums, als ſcharfe Religionsverfolger. Der Erz- herzog dagegen, ſo katholiſch er ſich hielt, ſo viel Sorge er auch trug daß er ſo erſchien, — wie es denn in allen jenen Reichen auch eine noch immer ſehr bedeutende ka- tholiſche Partei gab, — hatte doch ſeit einiger Zeit in ſei- nen Erblanden wieder eine gemäßigte Stellung angenom- men: wir ſahen, wie wenig er die weltlichen Rechte des Clerus liebte, wie zweideutige Beſchlüſſe der deutſche Reichs- tag unter ſeiner Vermittelung gefaßt hatte. Überdieß war er in dieſem Momente in offenem Kriege mit dem Papſte: die böhmiſche Wahl fällt in die Tage, in denen die Lands- knechte Frundsbergs geworben wurden. Wir finden nichts von den Verhandlungen welche in dieſer Hinſicht gepflogen worden ſeyn mögen; aus den Receſſen aber ergiebt ſich, daß ſich Ferdinand zu ſehr be- merkenswerthen Conceſſionen herbeiließ. Man weiß, daß der römiſche Hof die Compactaten des Basler Conciliums — wie ſpäterhin ſo viele andre ihm ungünſtige Verträge — niemals vollſtändig anerkannt, ihre Beſtätigung ſeit Pius II ausdrücklich verweigert hatte. Ferdinand gelobte jetzt, die Compactaten zu ihrer vollen 27*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/429>, abgerufen am 27.11.2024.