Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Viertes Capitel. ließ geschehen, daß sein Recht keineswegs als das Haupt-motiv seiner Bewerbung erschien. Den anfangs gehegten Gedanken, den Königstitel auf der Stelle anzunehmen, ließ er auf den Rath seiner Gesandtschaft fahren. Er unter- warf sich der Forderung der Böhmen, einen Theil ihrer Staatsschuld zu übernehmen, so unbequem ihm das auch bei dem gedrückten Zustand seiner Finanzen seyn mußte. Auch verschmähte er nicht, die Ausstellungen, von denen seine Gesandten ihm schrieben daß man sie gegen ihn vor- bringe, mit aller Sorgfalt abzulehnen. 1 Mit einem Worte: alle Maaßregeln wurden so gut Eine sehr wichtige Frage, die eine noch genauere Er- Alle Landschaften der böhmischen Krone waren von 1 Auszüge aus den Instructionen und der gesandtschaftlichen
Correspondenz bei Bucholtz II, 407. Viertes Buch. Viertes Capitel. ließ geſchehen, daß ſein Recht keineswegs als das Haupt-motiv ſeiner Bewerbung erſchien. Den anfangs gehegten Gedanken, den Königstitel auf der Stelle anzunehmen, ließ er auf den Rath ſeiner Geſandtſchaft fahren. Er unter- warf ſich der Forderung der Böhmen, einen Theil ihrer Staatsſchuld zu übernehmen, ſo unbequem ihm das auch bei dem gedrückten Zuſtand ſeiner Finanzen ſeyn mußte. Auch verſchmähte er nicht, die Ausſtellungen, von denen ſeine Geſandten ihm ſchrieben daß man ſie gegen ihn vor- bringe, mit aller Sorgfalt abzulehnen. 1 Mit einem Worte: alle Maaßregeln wurden ſo gut Eine ſehr wichtige Frage, die eine noch genauere Er- Alle Landſchaften der böhmiſchen Krone waren von 1 Auszuͤge aus den Inſtructionen und der geſandtſchaftlichen
Correſpondenz bei Bucholtz II, 407. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0428" n="418"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/> ließ geſchehen, daß ſein Recht keineswegs als das Haupt-<lb/> motiv ſeiner Bewerbung erſchien. Den anfangs gehegten<lb/> Gedanken, den Königstitel auf der Stelle anzunehmen, ließ<lb/> er auf den Rath ſeiner Geſandtſchaft fahren. Er unter-<lb/> warf ſich der Forderung der Böhmen, einen Theil ihrer<lb/> Staatsſchuld zu übernehmen, ſo unbequem ihm das auch<lb/> bei dem gedrückten Zuſtand ſeiner Finanzen ſeyn mußte.<lb/> Auch verſchmähte er nicht, die Ausſtellungen, von denen<lb/> ſeine Geſandten ihm ſchrieben daß man ſie gegen ihn vor-<lb/> bringe, mit aller Sorgfalt abzulehnen. <note place="foot" n="1">Auszuͤge aus den Inſtructionen und der geſandtſchaftlichen<lb/> Correſpondenz bei Bucholtz <hi rendition="#aq">II,</hi> 407.</note></p><lb/> <p>Mit einem Worte: alle Maaßregeln wurden ſo gut<lb/> genommen, daß an dem Wahltag, obwohl der bairiſche<lb/> Agent noch bis auf den letzten Augenblick an dem Suc-<lb/> ceß ſeiner Unterhandlung gar nicht zweifelte, eine bei wei-<lb/> tem überwiegende Majorität in dem Ausſchuß der drei<lb/> Stände den Erzherzog Ferdinand zum Throne von Böh-<lb/> men berief. Es war am 23ſten October 1526. Eine<lb/> feierliche Geſandtſchaft gieng nach Wien, um denſelben zur<lb/> Beſitznahme ſeines neuen Königreichs, eines der ſchönſten<lb/> der Welt, welches noch Schleſien und die Lauſitzen um-<lb/> faßte, einzuladen.</p><lb/> <p>Eine ſehr wichtige Frage, die eine noch genauere Er-<lb/> örterung verdiente, wäre wohl, welchen Einfluß hiebei die<lb/> religiöſen Verhältniſſe gehabt haben.</p><lb/> <p>Alle Landſchaften der böhmiſchen Krone waren von<lb/> antirömiſchen Elementen erfüllt. In Schleſien und den<lb/> Lauſitzen war die evangeliſche Doctrin zu großer Ausbrei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [418/0428]
Viertes Buch. Viertes Capitel.
ließ geſchehen, daß ſein Recht keineswegs als das Haupt-
motiv ſeiner Bewerbung erſchien. Den anfangs gehegten
Gedanken, den Königstitel auf der Stelle anzunehmen, ließ
er auf den Rath ſeiner Geſandtſchaft fahren. Er unter-
warf ſich der Forderung der Böhmen, einen Theil ihrer
Staatsſchuld zu übernehmen, ſo unbequem ihm das auch
bei dem gedrückten Zuſtand ſeiner Finanzen ſeyn mußte.
Auch verſchmähte er nicht, die Ausſtellungen, von denen
ſeine Geſandten ihm ſchrieben daß man ſie gegen ihn vor-
bringe, mit aller Sorgfalt abzulehnen. 1
Mit einem Worte: alle Maaßregeln wurden ſo gut
genommen, daß an dem Wahltag, obwohl der bairiſche
Agent noch bis auf den letzten Augenblick an dem Suc-
ceß ſeiner Unterhandlung gar nicht zweifelte, eine bei wei-
tem überwiegende Majorität in dem Ausſchuß der drei
Stände den Erzherzog Ferdinand zum Throne von Böh-
men berief. Es war am 23ſten October 1526. Eine
feierliche Geſandtſchaft gieng nach Wien, um denſelben zur
Beſitznahme ſeines neuen Königreichs, eines der ſchönſten
der Welt, welches noch Schleſien und die Lauſitzen um-
faßte, einzuladen.
Eine ſehr wichtige Frage, die eine noch genauere Er-
örterung verdiente, wäre wohl, welchen Einfluß hiebei die
religiöſen Verhältniſſe gehabt haben.
Alle Landſchaften der böhmiſchen Krone waren von
antirömiſchen Elementen erfüllt. In Schleſien und den
Lauſitzen war die evangeliſche Doctrin zu großer Ausbrei-
1 Auszuͤge aus den Inſtructionen und der geſandtſchaftlichen
Correſpondenz bei Bucholtz II, 407.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |