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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Prinzip des evangelischen Kirchenrechts.
sey doch auch der Sinn des Edictes. 1 Daran streift
auch Luther, indem er an Kaiser Constantin erinnert, der
bei den arianischen Irrungen sich bewogen gefunden, we-
nigstens durch Berufung eines Conciliums einzuschreiten,
um weitern Unordnungen vorzubeugen.

Mit Einem Worte: es war das unbestreitbare Recht
der höchsten Gewalt, bei dem Überhandnehmen kirchlicher
Entzweiungen eine Auskunft zu treffen, es war das den
einzelnen Ständen anheimgestellte Recht des Reiches, kraft
dessen die evangelischen Fürsten dazu schritten die Reform
in ihren Gebieten durchzuführen.

Da konnten nun jene demokratischen Ideen sich nicht
geltend machen: dahin führte die Thatsache nicht, die
Kirche constituirte sich nicht von unten her. Jene Gemein-
schaft von Wahrhaft-gläubigen, entsprechend der Idee der
unsichtbaren Kirche, der das Recht, sich selbst Gesetze zu
geben, hätte überlassen werden können, war eben nicht
vorhanden. Luther fuhr fort die Kirche als eine göttliche,
von allen weltlichen Mächten festzuhaltende Institution zu
betrachten, jedoch nicht mehr wie bisher, um das Myste-
rium darzustellen, sondern vor allem zur Unterweisung des
Volkes, "als eine öffentliche Reizung," wie er sich aus-
drückt, "zum Glauben und Christenthume." Indem er
Wehe über die Bischöfe ruft, welche das Volk so roh da-
hingehen lassen, daß es weder das Vater unser noch die

1 Ein christlicher Rathschlag -- welchergestalt sich alle christ-
liche Personen von Obern und Unterthanen halten sollen, daß sie
das nach Anzeigung eines sondern Artikels im Abschied des jüngst-
gehaltnen Reichstags zu Speier -- -- mögen verantworten. Bei
Hortleder Buch I, Cap. II.

Prinzip des evangeliſchen Kirchenrechts.
ſey doch auch der Sinn des Edictes. 1 Daran ſtreift
auch Luther, indem er an Kaiſer Conſtantin erinnert, der
bei den arianiſchen Irrungen ſich bewogen gefunden, we-
nigſtens durch Berufung eines Conciliums einzuſchreiten,
um weitern Unordnungen vorzubeugen.

Mit Einem Worte: es war das unbeſtreitbare Recht
der höchſten Gewalt, bei dem Überhandnehmen kirchlicher
Entzweiungen eine Auskunft zu treffen, es war das den
einzelnen Ständen anheimgeſtellte Recht des Reiches, kraft
deſſen die evangeliſchen Fürſten dazu ſchritten die Reform
in ihren Gebieten durchzuführen.

Da konnten nun jene demokratiſchen Ideen ſich nicht
geltend machen: dahin führte die Thatſache nicht, die
Kirche conſtituirte ſich nicht von unten her. Jene Gemein-
ſchaft von Wahrhaft-gläubigen, entſprechend der Idee der
unſichtbaren Kirche, der das Recht, ſich ſelbſt Geſetze zu
geben, hätte überlaſſen werden können, war eben nicht
vorhanden. Luther fuhr fort die Kirche als eine göttliche,
von allen weltlichen Mächten feſtzuhaltende Inſtitution zu
betrachten, jedoch nicht mehr wie bisher, um das Myſte-
rium darzuſtellen, ſondern vor allem zur Unterweiſung des
Volkes, „als eine öffentliche Reizung,“ wie er ſich aus-
drückt, „zum Glauben und Chriſtenthume.“ Indem er
Wehe über die Biſchöfe ruft, welche das Volk ſo roh da-
hingehen laſſen, daß es weder das Vater unſer noch die

1 Ein chriſtlicher Rathſchlag — welchergeſtalt ſich alle chriſt-
liche Perſonen von Obern und Unterthanen halten ſollen, daß ſie
das nach Anzeigung eines ſondern Artikels im Abſchied des juͤngſt-
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Hortleder Buch I, Cap. II.
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[441/0451] Prinzip des evangeliſchen Kirchenrechts. ſey doch auch der Sinn des Edictes. 1 Daran ſtreift auch Luther, indem er an Kaiſer Conſtantin erinnert, der bei den arianiſchen Irrungen ſich bewogen gefunden, we- nigſtens durch Berufung eines Conciliums einzuſchreiten, um weitern Unordnungen vorzubeugen. Mit Einem Worte: es war das unbeſtreitbare Recht der höchſten Gewalt, bei dem Überhandnehmen kirchlicher Entzweiungen eine Auskunft zu treffen, es war das den einzelnen Ständen anheimgeſtellte Recht des Reiches, kraft deſſen die evangeliſchen Fürſten dazu ſchritten die Reform in ihren Gebieten durchzuführen. Da konnten nun jene demokratiſchen Ideen ſich nicht geltend machen: dahin führte die Thatſache nicht, die Kirche conſtituirte ſich nicht von unten her. Jene Gemein- ſchaft von Wahrhaft-gläubigen, entſprechend der Idee der unſichtbaren Kirche, der das Recht, ſich ſelbſt Geſetze zu geben, hätte überlaſſen werden können, war eben nicht vorhanden. Luther fuhr fort die Kirche als eine göttliche, von allen weltlichen Mächten feſtzuhaltende Inſtitution zu betrachten, jedoch nicht mehr wie bisher, um das Myſte- rium darzuſtellen, ſondern vor allem zur Unterweiſung des Volkes, „als eine öffentliche Reizung,“ wie er ſich aus- drückt, „zum Glauben und Chriſtenthume.“ Indem er Wehe über die Biſchöfe ruft, welche das Volk ſo roh da- hingehen laſſen, daß es weder das Vater unſer noch die 1 Ein chriſtlicher Rathſchlag — welchergeſtalt ſich alle chriſt- liche Perſonen von Obern und Unterthanen halten ſollen, daß ſie das nach Anzeigung eines ſondern Artikels im Abſchied des juͤngſt- gehaltnen Reichstags zu Speier — — moͤgen verantworten. Bei Hortleder Buch I, Cap. II.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/451>, abgerufen am 27.11.2024.