Mittelpunct für die evangelische Theologie zur Seite trat: anfangs noch ohne die kaiserlichen Privilegien, die jedoch späterhin auch erworben wurden.
Diese Vorgänge wirkten nun auch auf die fränkisch- brandenburgischen Fürstenthümer, obwohl hier die Sachen nicht so ganz einfach lagen. Von den beiden Fürsten, welche die Regierung gemeinschaftlich führten, hielt sich der Eine, Markgraf Casimir, Gemahl einer baierischen Prin- zessin, und enge mit dem Haus Östreich verbunden, der altgesinnten Partei so nahe wie möglich, während der An- dre, Markgraf Georg, der jedoch in Schlesien residirte, eine entschieden evangelische Gesinnung hegte und aussprach. Im October 1526 hielt Markgraf Casimir auf den Grund des Speierischen Reichsabschiedes einen Landtag zu An- spach, in welchem Beschlüsse von doch noch zweideutiger Natur gefaßt wurden. Man kann zwar an ihrer evange- lischen Tendenz nicht zweifeln: gleich in dem ersten Artikel wird festgesetzt, daß die Prediger im Lande das reine Evan- gelium und Wort Gottes, und nichts was dawider sey, predigen sollen: auch wird man die Nachgiebigkeiten in Hinsicht des Ritus nicht zu streng beurtheilen, wenn man weiß, wie viel da selbst von Luther noch geduldet wurde; aber Viele mußten allerdings Anstoß daran nehmen, daß Markgraf Casimir die lateinische Messe befahl: die Haltung der Fasten zwar nicht gerade gebot, aber darum bat: sogar die Abhaltung der gestifteten Seelmessen und Vigilien rathsam fand. 1 Besonders war Markgraf Georg damit unzufrieden:
1 Abschied und Meinung etc. Onolzbach Mittwoch nach Fran- cisci (Fr. war 1526 selbst ein Mittwoch 4 October) bei Hortleder
Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Mittelpunct für die evangeliſche Theologie zur Seite trat: anfangs noch ohne die kaiſerlichen Privilegien, die jedoch ſpäterhin auch erworben wurden.
Dieſe Vorgänge wirkten nun auch auf die fränkiſch- brandenburgiſchen Fürſtenthümer, obwohl hier die Sachen nicht ſo ganz einfach lagen. Von den beiden Fürſten, welche die Regierung gemeinſchaftlich führten, hielt ſich der Eine, Markgraf Caſimir, Gemahl einer baieriſchen Prin- zeſſin, und enge mit dem Haus Öſtreich verbunden, der altgeſinnten Partei ſo nahe wie möglich, während der An- dre, Markgraf Georg, der jedoch in Schleſien reſidirte, eine entſchieden evangeliſche Geſinnung hegte und ausſprach. Im October 1526 hielt Markgraf Caſimir auf den Grund des Speieriſchen Reichsabſchiedes einen Landtag zu An- ſpach, in welchem Beſchlüſſe von doch noch zweideutiger Natur gefaßt wurden. Man kann zwar an ihrer evange- liſchen Tendenz nicht zweifeln: gleich in dem erſten Artikel wird feſtgeſetzt, daß die Prediger im Lande das reine Evan- gelium und Wort Gottes, und nichts was dawider ſey, predigen ſollen: auch wird man die Nachgiebigkeiten in Hinſicht des Ritus nicht zu ſtreng beurtheilen, wenn man weiß, wie viel da ſelbſt von Luther noch geduldet wurde; aber Viele mußten allerdings Anſtoß daran nehmen, daß Markgraf Caſimir die lateiniſche Meſſe befahl: die Haltung der Faſten zwar nicht gerade gebot, aber darum bat: ſogar die Abhaltung der geſtifteten Seelmeſſen und Vigilien rathſam fand. 1 Beſonders war Markgraf Georg damit unzufrieden:
1 Abſchied und Meinung ꝛc. Onolzbach Mittwoch nach Fran- cisci (Fr. war 1526 ſelbſt ein Mittwoch 4 October) bei Hortleder
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Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Mittelpunct für die evangeliſche Theologie zur Seite trat:
anfangs noch ohne die kaiſerlichen Privilegien, die jedoch
ſpäterhin auch erworben wurden.
Dieſe Vorgänge wirkten nun auch auf die fränkiſch-
brandenburgiſchen Fürſtenthümer, obwohl hier die Sachen
nicht ſo ganz einfach lagen. Von den beiden Fürſten,
welche die Regierung gemeinſchaftlich führten, hielt ſich der
Eine, Markgraf Caſimir, Gemahl einer baieriſchen Prin-
zeſſin, und enge mit dem Haus Öſtreich verbunden, der
altgeſinnten Partei ſo nahe wie möglich, während der An-
dre, Markgraf Georg, der jedoch in Schleſien reſidirte,
eine entſchieden evangeliſche Geſinnung hegte und ausſprach.
Im October 1526 hielt Markgraf Caſimir auf den Grund
des Speieriſchen Reichsabſchiedes einen Landtag zu An-
ſpach, in welchem Beſchlüſſe von doch noch zweideutiger
Natur gefaßt wurden. Man kann zwar an ihrer evange-
liſchen Tendenz nicht zweifeln: gleich in dem erſten Artikel
wird feſtgeſetzt, daß die Prediger im Lande das reine Evan-
gelium und Wort Gottes, und nichts was dawider ſey,
predigen ſollen: auch wird man die Nachgiebigkeiten in
Hinſicht des Ritus nicht zu ſtreng beurtheilen, wenn man
weiß, wie viel da ſelbſt von Luther noch geduldet wurde;
aber Viele mußten allerdings Anſtoß daran nehmen, daß
Markgraf Caſimir die lateiniſche Meſſe befahl: die Haltung
der Faſten zwar nicht gerade gebot, aber darum bat: ſogar die
Abhaltung der geſtifteten Seelmeſſen und Vigilien rathſam
fand. 1 Beſonders war Markgraf Georg damit unzufrieden:
1 Abſchied und Meinung ꝛc. Onolzbach Mittwoch nach Fran-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/462>, abgerufen am 28.11.2024.
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