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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.
chen Einrichtungen auch hier in das Geleise der sächsischen
geleitet.

Auch in Schlesien war, wie wir schon berührten, die
evangelische Lehre sehr früh und sehr mächtig vorgedrun-
gen. Zwar unterschied sich dieses Land dadurch von an-
dern deutschen Gebieten daß es nicht reichsunmittelbar war,
und auf den Reichsabschied von Speier keine Ansprüche
begründen konnte. Allein die Zustände waren doch nahe
verwandt: Hauptstadt und Fürsten nahmen der Krone von
Böhmen, der sie angehörten, gegenüber, eine nicht viel
weniger selbständige Haltung ein, als die Reichsstände im
Verhältniß zum Kaiser: jede geistige Bewegung des innern
Deutschlands fand hier sofort ihre Analogien. So uner-
schütterlich sich Breslau vor noch nicht allzulanger Zeit,
in den podiebradschen Händeln, auf der Seite des Pap-
stes gehalten hatte, so gieng es jetzt doch in dem Kampfe
wider denselben voran. Durch gar manchen Vorgang
hatte die Stimmung des Rathes und der Bürgerschaft
auch hier eine anti-clericalische Richtung empfangen. Man
wollte ein Bernhardinerkloster nicht mehr, weil man durch
die Verbindungen desselben am königlichen Hof beeinträch-
tigt zu werden glaubte. Man war über den Unfug der
mit der Pfarre zu Maria Magdalena getrieben wurde, wo
immer ein Prätendent den andern verjagte, mißvergnügt. 1
Mit den Domherrn in der Stadt gab es tausendfältigen

det sich fleißige Sammlung der einzelnen sonst sehr zerstreuten No-
tizen.
1 Schutzred des erbarn Raths und ganzen Gemeind der K.
Stadt Breslau bei Schickfuß: Neuvermehrte Schlesische Chronika
III, 58.

Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
chen Einrichtungen auch hier in das Geleiſe der ſächſiſchen
geleitet.

Auch in Schleſien war, wie wir ſchon berührten, die
evangeliſche Lehre ſehr früh und ſehr mächtig vorgedrun-
gen. Zwar unterſchied ſich dieſes Land dadurch von an-
dern deutſchen Gebieten daß es nicht reichsunmittelbar war,
und auf den Reichsabſchied von Speier keine Anſprüche
begründen konnte. Allein die Zuſtände waren doch nahe
verwandt: Hauptſtadt und Fürſten nahmen der Krone von
Böhmen, der ſie angehörten, gegenüber, eine nicht viel
weniger ſelbſtändige Haltung ein, als die Reichsſtände im
Verhältniß zum Kaiſer: jede geiſtige Bewegung des innern
Deutſchlands fand hier ſofort ihre Analogien. So uner-
ſchütterlich ſich Breslau vor noch nicht allzulanger Zeit,
in den podiebradſchen Händeln, auf der Seite des Pap-
ſtes gehalten hatte, ſo gieng es jetzt doch in dem Kampfe
wider denſelben voran. Durch gar manchen Vorgang
hatte die Stimmung des Rathes und der Bürgerſchaft
auch hier eine anti-clericaliſche Richtung empfangen. Man
wollte ein Bernhardinerkloſter nicht mehr, weil man durch
die Verbindungen deſſelben am königlichen Hof beeinträch-
tigt zu werden glaubte. Man war über den Unfug der
mit der Pfarre zu Maria Magdalena getrieben wurde, wo
immer ein Prätendent den andern verjagte, mißvergnügt. 1
Mit den Domherrn in der Stadt gab es tauſendfältigen

det ſich fleißige Sammlung der einzelnen ſonſt ſehr zerſtreuten No-
tizen.
1 Schutzred des erbarn Raths und ganzen Gemeind der K.
Stadt Breslau bei Schickfuß: Neuvermehrte Schleſiſche Chronika
III, 58.
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[462/0472] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. chen Einrichtungen auch hier in das Geleiſe der ſächſiſchen geleitet. Auch in Schleſien war, wie wir ſchon berührten, die evangeliſche Lehre ſehr früh und ſehr mächtig vorgedrun- gen. Zwar unterſchied ſich dieſes Land dadurch von an- dern deutſchen Gebieten daß es nicht reichsunmittelbar war, und auf den Reichsabſchied von Speier keine Anſprüche begründen konnte. Allein die Zuſtände waren doch nahe verwandt: Hauptſtadt und Fürſten nahmen der Krone von Böhmen, der ſie angehörten, gegenüber, eine nicht viel weniger ſelbſtändige Haltung ein, als die Reichsſtände im Verhältniß zum Kaiſer: jede geiſtige Bewegung des innern Deutſchlands fand hier ſofort ihre Analogien. So uner- ſchütterlich ſich Breslau vor noch nicht allzulanger Zeit, in den podiebradſchen Händeln, auf der Seite des Pap- ſtes gehalten hatte, ſo gieng es jetzt doch in dem Kampfe wider denſelben voran. Durch gar manchen Vorgang hatte die Stimmung des Rathes und der Bürgerſchaft auch hier eine anti-clericaliſche Richtung empfangen. Man wollte ein Bernhardinerkloſter nicht mehr, weil man durch die Verbindungen deſſelben am königlichen Hof beeinträch- tigt zu werden glaubte. Man war über den Unfug der mit der Pfarre zu Maria Magdalena getrieben wurde, wo immer ein Prätendent den andern verjagte, mißvergnügt. 1 Mit den Domherrn in der Stadt gab es tauſendfältigen 2 1 Schutzred des erbarn Raths und ganzen Gemeind der K. Stadt Breslau bei Schickfuß: Neuvermehrte Schleſiſche Chronika III, 58. 2 det ſich fleißige Sammlung der einzelnen ſonſt ſehr zerſtreuten No- tizen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/472>, abgerufen am 29.11.2024.