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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.
jene in sechs verschiedenen Spitälern unter. Im Jahr 1526
ward dann Hand an ein großes Spital gelegt, zu dem
der Pfarrer selbst den Grundstein legen half, die wohlha-
bendern Bürger die Materialien lieferten, an dem auch die
Handwerker umsonst arbeiteten: so daß man den Bau in
Jahresfrist vollbrachte, -- ein rechtes Werk des jungen
evangelischen Eifers. Dem Pfarrer stand besonders der
Stadtschreiber, Johann Corvinus zur Seite, ein Mann,
welcher früher der literarischen Richtung angehört und selbst
an einigen der ersten Poetenschulen unterrichtet hatte. Über-
haupt wirkte alles zusammen, alles war einmüthig: der
Rath rühmte bei Hof, nie habe er eine gehorsamere Ge-
meine gehabt. 1 -- Geschah das nun von denen, welche
Podiebrad bekämpft hatten, was ließ sich von seinen An-
hängern erwarten? Noch war sein Geschlecht in Schlesien
sehr mächtig. Der Sohn seines Sohnes, Herzog Carl,
beherrschte Münsterberg, Öls, Frankenstein; der Sohn sei-
ner Tochter, Herzog Friedrich II von Liegnitz hatte da-
mit Brieg und Wolau vereinigt. Man kann denken, welche
Gesinnung sie hegten. Herzog Carl wünschte das Anden-
ken seines Großvaters von Luther rehabilitirt zu sehen. Her-
zog Friedrich ließ sich von seinem Adel und seinen Städ-
ten leicht bewegen, ihnen freiere Religionsübung zuzuge-
stehn; allmählig ward er selbst von dem wärmsten Reli-

gions-
1 Die Jahrbücher der Stadt Breslau von Nicolaus Pol
Bd III, die Jahre 1521--1527. Gegen die glaubwürdige Erzäh-
lung dieses einfachen Chronisten nehmen sich die Erzählungen von Bu-
kisch, der daraus schöpfte, oft wie eine schlechte Carikatur aus.

Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
jene in ſechs verſchiedenen Spitälern unter. Im Jahr 1526
ward dann Hand an ein großes Spital gelegt, zu dem
der Pfarrer ſelbſt den Grundſtein legen half, die wohlha-
bendern Bürger die Materialien lieferten, an dem auch die
Handwerker umſonſt arbeiteten: ſo daß man den Bau in
Jahresfriſt vollbrachte, — ein rechtes Werk des jungen
evangeliſchen Eifers. Dem Pfarrer ſtand beſonders der
Stadtſchreiber, Johann Corvinus zur Seite, ein Mann,
welcher früher der literariſchen Richtung angehört und ſelbſt
an einigen der erſten Poetenſchulen unterrichtet hatte. Über-
haupt wirkte alles zuſammen, alles war einmüthig: der
Rath rühmte bei Hof, nie habe er eine gehorſamere Ge-
meine gehabt. 1 — Geſchah das nun von denen, welche
Podiebrad bekämpft hatten, was ließ ſich von ſeinen An-
hängern erwarten? Noch war ſein Geſchlecht in Schleſien
ſehr mächtig. Der Sohn ſeines Sohnes, Herzog Carl,
beherrſchte Münſterberg, Öls, Frankenſtein; der Sohn ſei-
ner Tochter, Herzog Friedrich II von Liegnitz hatte da-
mit Brieg und Wolau vereinigt. Man kann denken, welche
Geſinnung ſie hegten. Herzog Carl wünſchte das Anden-
ken ſeines Großvaters von Luther rehabilitirt zu ſehen. Her-
zog Friedrich ließ ſich von ſeinem Adel und ſeinen Städ-
ten leicht bewegen, ihnen freiere Religionsübung zuzuge-
ſtehn; allmählig ward er ſelbſt von dem wärmſten Reli-

gions-
1 Die Jahrbuͤcher der Stadt Breslau von Nicolaus Pol
Bd III, die Jahre 1521—1527. Gegen die glaubwuͤrdige Erzaͤh-
lung dieſes einfachen Chroniſten nehmen ſich die Erzaͤhlungen von Bu-
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[464/0474] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. jene in ſechs verſchiedenen Spitälern unter. Im Jahr 1526 ward dann Hand an ein großes Spital gelegt, zu dem der Pfarrer ſelbſt den Grundſtein legen half, die wohlha- bendern Bürger die Materialien lieferten, an dem auch die Handwerker umſonſt arbeiteten: ſo daß man den Bau in Jahresfriſt vollbrachte, — ein rechtes Werk des jungen evangeliſchen Eifers. Dem Pfarrer ſtand beſonders der Stadtſchreiber, Johann Corvinus zur Seite, ein Mann, welcher früher der literariſchen Richtung angehört und ſelbſt an einigen der erſten Poetenſchulen unterrichtet hatte. Über- haupt wirkte alles zuſammen, alles war einmüthig: der Rath rühmte bei Hof, nie habe er eine gehorſamere Ge- meine gehabt. 1 — Geſchah das nun von denen, welche Podiebrad bekämpft hatten, was ließ ſich von ſeinen An- hängern erwarten? Noch war ſein Geſchlecht in Schleſien ſehr mächtig. Der Sohn ſeines Sohnes, Herzog Carl, beherrſchte Münſterberg, Öls, Frankenſtein; der Sohn ſei- ner Tochter, Herzog Friedrich II von Liegnitz hatte da- mit Brieg und Wolau vereinigt. Man kann denken, welche Geſinnung ſie hegten. Herzog Carl wünſchte das Anden- ken ſeines Großvaters von Luther rehabilitirt zu ſehen. Her- zog Friedrich ließ ſich von ſeinem Adel und ſeinen Städ- ten leicht bewegen, ihnen freiere Religionsübung zuzuge- ſtehn; allmählig ward er ſelbſt von dem wärmſten Reli- gions- 1 Die Jahrbuͤcher der Stadt Breslau von Nicolaus Pol Bd III, die Jahre 1521—1527. Gegen die glaubwuͤrdige Erzaͤh- lung dieſes einfachen Chroniſten nehmen ſich die Erzaͤhlungen von Bu- kiſch, der daraus ſchoͤpfte, oft wie eine ſchlechte Carikatur aus.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/474>, abgerufen am 29.11.2024.