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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Schlesien.
gionseifer ergriffen: 1 er faßte die Absicht, eine neue evan-
gelische Universität zu errichten, und nur die in seinem Ge-
biete eintretenden Irrungen des Schwenkfeldianismus hin-
derten eine großartigere Organisation. 2 Eben damals hatte
Markgraf Georg von Brandenburg Jägerndorf erworben,
und ließ auch bier, wie sich versteht, der Lehre freien Lauf.
Der junge Herzog Wenzel Adam von Teschen ward gleich
in den neuen Meinungen aufgezogen. Alle dem setzte sich
nun weder die geistliche noch die weltliche Gewalt ernstlich
entgegen. Der Bischof von Breslau, Jacob von Salza
sah sehr wohl, daß das Christenthum nicht in ein paar
Cerimonien mehr oder weniger bestehe. Am Hofe König
Ludwigs fand die Lehre mächtige Beschützer. Von König
Ferdinand sahen wir, daß er die religiösen Forderungen, die
man ihm bei seiner Wahl stellte, wenigstens nicht zurück-
weisen durfte; und wenn er gleich zuweilen sehr eifrig lau-
tende Mandate erließ, so war er doch nicht im Stande,
ihnen Nachdruck zu verleihen. Die Breslauer stellten
ihm einst die Unmöglichkeit, zu den alten Gebräuchen zurück-
zukehren, so lebhaft vor, daß er selbst nicht mehr darauf
zu dringen wußte: "nun wohl," sagte er endlich, "hal-
tet nur Friede und glaubt wie ihrs gegen Gott und den
Kaiser verantworten könnt." 3 Er erstreckte gleichsam die
Zugeständnisse des Reiches auch auf diese seine besondern
Landsassen. So bildete sich zuerst in Schlesien die Ver-
fassung aus, die hernach wie anderwärts, so besonders in

1 Des Erlauchten etc. Herzog Friedrichs II Grundursach und
Entschuldigung auf etlicher Verunglimpfen bei Schickfuß S. 65.
2 Thebesii Liegnitzische Jahrbücher III, 29.
3 Nic. Pol III, 52.
Ranke d. Gesch. II. 30

Schleſien.
gionseifer ergriffen: 1 er faßte die Abſicht, eine neue evan-
geliſche Univerſität zu errichten, und nur die in ſeinem Ge-
biete eintretenden Irrungen des Schwenkfeldianismus hin-
derten eine großartigere Organiſation. 2 Eben damals hatte
Markgraf Georg von Brandenburg Jägerndorf erworben,
und ließ auch bier, wie ſich verſteht, der Lehre freien Lauf.
Der junge Herzog Wenzel Adam von Teſchen ward gleich
in den neuen Meinungen aufgezogen. Alle dem ſetzte ſich
nun weder die geiſtliche noch die weltliche Gewalt ernſtlich
entgegen. Der Biſchof von Breslau, Jacob von Salza
ſah ſehr wohl, daß das Chriſtenthum nicht in ein paar
Cerimonien mehr oder weniger beſtehe. Am Hofe König
Ludwigs fand die Lehre mächtige Beſchützer. Von König
Ferdinand ſahen wir, daß er die religiöſen Forderungen, die
man ihm bei ſeiner Wahl ſtellte, wenigſtens nicht zurück-
weiſen durfte; und wenn er gleich zuweilen ſehr eifrig lau-
tende Mandate erließ, ſo war er doch nicht im Stande,
ihnen Nachdruck zu verleihen. Die Breslauer ſtellten
ihm einſt die Unmöglichkeit, zu den alten Gebräuchen zurück-
zukehren, ſo lebhaft vor, daß er ſelbſt nicht mehr darauf
zu dringen wußte: „nun wohl,“ ſagte er endlich, „hal-
tet nur Friede und glaubt wie ihrs gegen Gott und den
Kaiſer verantworten könnt.“ 3 Er erſtreckte gleichſam die
Zugeſtändniſſe des Reiches auch auf dieſe ſeine beſondern
Landſaſſen. So bildete ſich zuerſt in Schleſien die Ver-
faſſung aus, die hernach wie anderwärts, ſo beſonders in

1 Des Erlauchten ꝛc. Herzog Friedrichs II Grundurſach und
Entſchuldigung auf etlicher Verunglimpfen bei Schickfuß S. 65.
2 Thebeſii Liegnitziſche Jahrbuͤcher III, 29.
3 Nic. Pol III, 52.
Ranke d. Geſch. II. 30
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[465/0475] Schleſien. gionseifer ergriffen: 1 er faßte die Abſicht, eine neue evan- geliſche Univerſität zu errichten, und nur die in ſeinem Ge- biete eintretenden Irrungen des Schwenkfeldianismus hin- derten eine großartigere Organiſation. 2 Eben damals hatte Markgraf Georg von Brandenburg Jägerndorf erworben, und ließ auch bier, wie ſich verſteht, der Lehre freien Lauf. Der junge Herzog Wenzel Adam von Teſchen ward gleich in den neuen Meinungen aufgezogen. Alle dem ſetzte ſich nun weder die geiſtliche noch die weltliche Gewalt ernſtlich entgegen. Der Biſchof von Breslau, Jacob von Salza ſah ſehr wohl, daß das Chriſtenthum nicht in ein paar Cerimonien mehr oder weniger beſtehe. Am Hofe König Ludwigs fand die Lehre mächtige Beſchützer. Von König Ferdinand ſahen wir, daß er die religiöſen Forderungen, die man ihm bei ſeiner Wahl ſtellte, wenigſtens nicht zurück- weiſen durfte; und wenn er gleich zuweilen ſehr eifrig lau- tende Mandate erließ, ſo war er doch nicht im Stande, ihnen Nachdruck zu verleihen. Die Breslauer ſtellten ihm einſt die Unmöglichkeit, zu den alten Gebräuchen zurück- zukehren, ſo lebhaft vor, daß er ſelbſt nicht mehr darauf zu dringen wußte: „nun wohl,“ ſagte er endlich, „hal- tet nur Friede und glaubt wie ihrs gegen Gott und den Kaiſer verantworten könnt.“ 3 Er erſtreckte gleichſam die Zugeſtändniſſe des Reiches auch auf dieſe ſeine beſondern Landſaſſen. So bildete ſich zuerſt in Schleſien die Ver- faſſung aus, die hernach wie anderwärts, ſo beſonders in 1 Des Erlauchten ꝛc. Herzog Friedrichs II Grundurſach und Entſchuldigung auf etlicher Verunglimpfen bei Schickfuß S. 65. 2 Thebeſii Liegnitziſche Jahrbuͤcher III, 29. 3 Nic. Pol III, 52. Ranke d. Geſch. II. 30

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/475>, abgerufen am 29.11.2024.