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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Zweites Capitel.
noch immer genoß die Hanse den größten Theil ihrer Pri-
vilegien im Ausland: Venedig stellte nach dem Frieden sei-
nen Markt wieder her; allein der Glanz dieses Betriebes
erbleichte doch verglichen mit dem Aufschwung welchen seit
der Entdeckung beider Indien der überseeische Verkehr nahm.
Große Handelshäuser von Oberdeutschland setzten sich mit
Lissabon in unmittelbare Berührung; oder sie hatten an
den westindischen Unternehmungen der Spanier Antheil.
Antwerpen kam hauptsächlich mit dadurch empor, daß es
die Niederlage für diesen deutsch-überseeischen Handel bildete.

In Deutschland war jedoch nicht Jedermann hiemit
zufrieden. Die Strenger-gesinnten mißbilligten die Einfüh-
rung neuer Genüsse und neuer Bedürfnisse; Andre beklag-
ten, daß man so viel Geld aus dem Land gehen lasse;
fast Alles war mißvergnügt, daß man die Waaren so un-
gebührlich theuer bezahlen müsse. Besonders in den Jah-
ren 1516 bis 1522 bemerkte man ein allgemeines Steigen
in den Preisen derselben. Das Pfund Zimmet, langer oder
kurzer, war um mehr als einen Gulden; der Centner Zucker
von 12 auf 20 G.: einige ostindische Gewürze waren auf
das Vierfache ihres früheren Preises gestiegen. 1 Es mochte

1 Aus einem Gutachten des kleinen Ausschusses über die Mo-
nopolien 1523 (Fr. A.) entnehme ich folgende Tabelle. Z. B.
der beste Safran, catalonischer,
der 1516 3 G. 6 Kr. gekostet, kostet 1522 4 G. 15 Kr.

geringerer 1519 2 G. 21--27 Kr. -- -- 4 G.
Negelein 1512 19 Schill. -- -- 2 G.
langer Zimmet 1516 1 G. 18 Kr. -- 1518 2 G. 3 Ort
kurzer -- 1515 3 Ort. -- 1519 1 G. 21 Kr.
Muscatnuß 1519 27 Kr. -- 1522 3 G. 28 Kr.
Muscatblüth 1518 1 G. 6 Kr. -- -- 4 G. 6 Kr.
bester Pfeffer (in der Haut) 1518 18 Kr. -- -- 32 Kr.

Drittes Buch. Zweites Capitel.
noch immer genoß die Hanſe den größten Theil ihrer Pri-
vilegien im Ausland: Venedig ſtellte nach dem Frieden ſei-
nen Markt wieder her; allein der Glanz dieſes Betriebes
erbleichte doch verglichen mit dem Aufſchwung welchen ſeit
der Entdeckung beider Indien der überſeeiſche Verkehr nahm.
Große Handelshäuſer von Oberdeutſchland ſetzten ſich mit
Liſſabon in unmittelbare Berührung; oder ſie hatten an
den weſtindiſchen Unternehmungen der Spanier Antheil.
Antwerpen kam hauptſächlich mit dadurch empor, daß es
die Niederlage für dieſen deutſch-überſeeiſchen Handel bildete.

In Deutſchland war jedoch nicht Jedermann hiemit
zufrieden. Die Strenger-geſinnten mißbilligten die Einfüh-
rung neuer Genüſſe und neuer Bedürfniſſe; Andre beklag-
ten, daß man ſo viel Geld aus dem Land gehen laſſe;
faſt Alles war mißvergnügt, daß man die Waaren ſo un-
gebührlich theuer bezahlen müſſe. Beſonders in den Jah-
ren 1516 bis 1522 bemerkte man ein allgemeines Steigen
in den Preiſen derſelben. Das Pfund Zimmet, langer oder
kurzer, war um mehr als einen Gulden; der Centner Zucker
von 12 auf 20 G.: einige oſtindiſche Gewürze waren auf
das Vierfache ihres früheren Preiſes geſtiegen. 1 Es mochte

1 Aus einem Gutachten des kleinen Ausſchuſſes uͤber die Mo-
nopolien 1523 (Fr. A.) entnehme ich folgende Tabelle. Z. B.
der beſte Safran, cataloniſcher,
der 1516 3 G. 6 Kr. gekoſtet, koſtet 1522 4 G. 15 Kr.

geringerer 1519 2 G. 21—27 Kr. — — 4 G.
Negelein 1512 19 Schill. — — 2 G.
langer Zimmet 1516 1 G. 18 Kr. — 1518 2 G. 3 Ort
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Muscatnuß 1519 27 Kr. — 1522 3 G. 28 Kr.
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[42/0052] Drittes Buch. Zweites Capitel. noch immer genoß die Hanſe den größten Theil ihrer Pri- vilegien im Ausland: Venedig ſtellte nach dem Frieden ſei- nen Markt wieder her; allein der Glanz dieſes Betriebes erbleichte doch verglichen mit dem Aufſchwung welchen ſeit der Entdeckung beider Indien der überſeeiſche Verkehr nahm. Große Handelshäuſer von Oberdeutſchland ſetzten ſich mit Liſſabon in unmittelbare Berührung; oder ſie hatten an den weſtindiſchen Unternehmungen der Spanier Antheil. Antwerpen kam hauptſächlich mit dadurch empor, daß es die Niederlage für dieſen deutſch-überſeeiſchen Handel bildete. In Deutſchland war jedoch nicht Jedermann hiemit zufrieden. Die Strenger-geſinnten mißbilligten die Einfüh- rung neuer Genüſſe und neuer Bedürfniſſe; Andre beklag- ten, daß man ſo viel Geld aus dem Land gehen laſſe; faſt Alles war mißvergnügt, daß man die Waaren ſo un- gebührlich theuer bezahlen müſſe. Beſonders in den Jah- ren 1516 bis 1522 bemerkte man ein allgemeines Steigen in den Preiſen derſelben. Das Pfund Zimmet, langer oder kurzer, war um mehr als einen Gulden; der Centner Zucker von 12 auf 20 G.: einige oſtindiſche Gewürze waren auf das Vierfache ihres früheren Preiſes geſtiegen. 1 Es mochte 1 Aus einem Gutachten des kleinen Ausſchuſſes uͤber die Mo- nopolien 1523 (Fr. A.) entnehme ich folgende Tabelle. Z. B. der beſte Safran, cataloniſcher, der 1516 3 G. 6 Kr. gekoſtet, koſtet 1522 4 G. 15 Kr. geringerer 1519 2 G. 21—27 Kr. — — 4 G. Negelein 1512 19 Schill. — — 2 G. langer Zimmet 1516 1 G. 18 Kr. — 1518 2 G. 3 Ort kurzer — 1515 3 Ort. — 1519 1 G. 21 Kr. Muscatnuß 1519 27 Kr. — 1522 3 G. 28 Kr. Muscatbluͤth 1518 1 G. 6 Kr. — — 4 G. 6 Kr. beſter Pfeffer (in der Haut) 1518 18 Kr. — — 32 Kr.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/52>, abgerufen am 24.11.2024.