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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Viertes Capitel.
nur noch mit Haß und Verachtung; an eine Aussöhnung
mit demselben war nicht weiter zu denken. Papst Clemens
VII gerieth in Ingrimm, wenn er daran dachte. Hatte
man doch unter andern die Geschichte von seiner unächten
Geburt wieder hervorgezogen; man sagte, er habe gar nicht
das Recht gehabt, den päpstlichen Stuhl zu besteigen; man
nannte ihn dort nicht mehr Papst. 1 In sehr aufgeregter
Stimmung traf ihn einst der englische Gesandte. Clemens
sagte, er wolle lieber der Caplan, ja der Stallknecht des
Kaisers seyn, als sich von seinen ungehorsamen Untertha-
nen beschimpfen lassen. 2 Mit der Unmöglichkeit das Joch ab-
zuwerfen, das man ihm auflegte, verband sich in ihm Rach-
sucht und Ehrgeiz, die er auf eine andere Weise nicht be-
friedigen konnte.

Am 29. Juni kam der Friede zwischen dem Kaiser und
dem Papst zu Barcellona zu Stande. Der Papst fand sich
in die Herrschaft des Kaisers in Italien. Er erneuerte die
Belehnung mit Neapel und hob den dafür herkömmlichen
Zins auf; die Darbringung des Zelters war das einzige
was er sich vorbehielt. Auch bestand er nicht mehr gera-
dezu auf die Aufrechthaltung Sforza's in Mailand. Er
gab zu, daß ein förmliches Gericht über Schuld oder Unschuld
desselben entscheiden solle. Schon genug, daß dann der
Kaiser bei der neuen Besetzung des Herzogthums nicht ohne
seine Zustimmung verfahren zu wollen erklärte. Den kaiserli-
chen Truppen bewilligte er freien Durchzug von Neapel nach
Toskana oder der Lombardei. Dagegen versprach der Kai-

1 Varchi Storia Fiorentina 208. Jovius Historiae 27, 45.
2 Casalis bei Herbert 233.

Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel.
nur noch mit Haß und Verachtung; an eine Ausſöhnung
mit demſelben war nicht weiter zu denken. Papſt Clemens
VII gerieth in Ingrimm, wenn er daran dachte. Hatte
man doch unter andern die Geſchichte von ſeiner unächten
Geburt wieder hervorgezogen; man ſagte, er habe gar nicht
das Recht gehabt, den päpſtlichen Stuhl zu beſteigen; man
nannte ihn dort nicht mehr Papſt. 1 In ſehr aufgeregter
Stimmung traf ihn einſt der engliſche Geſandte. Clemens
ſagte, er wolle lieber der Caplan, ja der Stallknecht des
Kaiſers ſeyn, als ſich von ſeinen ungehorſamen Untertha-
nen beſchimpfen laſſen. 2 Mit der Unmöglichkeit das Joch ab-
zuwerfen, das man ihm auflegte, verband ſich in ihm Rach-
ſucht und Ehrgeiz, die er auf eine andere Weiſe nicht be-
friedigen konnte.

Am 29. Juni kam der Friede zwiſchen dem Kaiſer und
dem Papſt zu Barcellona zu Stande. Der Papſt fand ſich
in die Herrſchaft des Kaiſers in Italien. Er erneuerte die
Belehnung mit Neapel und hob den dafür herkömmlichen
Zins auf; die Darbringung des Zelters war das einzige
was er ſich vorbehielt. Auch beſtand er nicht mehr gera-
dezu auf die Aufrechthaltung Sforza’s in Mailand. Er
gab zu, daß ein förmliches Gericht über Schuld oder Unſchuld
deſſelben entſcheiden ſolle. Schon genug, daß dann der
Kaiſer bei der neuen Beſetzung des Herzogthums nicht ohne
ſeine Zuſtimmung verfahren zu wollen erklärte. Den kaiſerli-
chen Truppen bewilligte er freien Durchzug von Neapel nach
Toskana oder der Lombardei. Dagegen verſprach der Kai-

1 Varchi Storia Fiorentina 208. Jovius Historiae 27, 45.
2 Casalis bei Herbert 233.
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[120/0136] Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel. nur noch mit Haß und Verachtung; an eine Ausſöhnung mit demſelben war nicht weiter zu denken. Papſt Clemens VII gerieth in Ingrimm, wenn er daran dachte. Hatte man doch unter andern die Geſchichte von ſeiner unächten Geburt wieder hervorgezogen; man ſagte, er habe gar nicht das Recht gehabt, den päpſtlichen Stuhl zu beſteigen; man nannte ihn dort nicht mehr Papſt. 1 In ſehr aufgeregter Stimmung traf ihn einſt der engliſche Geſandte. Clemens ſagte, er wolle lieber der Caplan, ja der Stallknecht des Kaiſers ſeyn, als ſich von ſeinen ungehorſamen Untertha- nen beſchimpfen laſſen. 2 Mit der Unmöglichkeit das Joch ab- zuwerfen, das man ihm auflegte, verband ſich in ihm Rach- ſucht und Ehrgeiz, die er auf eine andere Weiſe nicht be- friedigen konnte. Am 29. Juni kam der Friede zwiſchen dem Kaiſer und dem Papſt zu Barcellona zu Stande. Der Papſt fand ſich in die Herrſchaft des Kaiſers in Italien. Er erneuerte die Belehnung mit Neapel und hob den dafür herkömmlichen Zins auf; die Darbringung des Zelters war das einzige was er ſich vorbehielt. Auch beſtand er nicht mehr gera- dezu auf die Aufrechthaltung Sforza’s in Mailand. Er gab zu, daß ein förmliches Gericht über Schuld oder Unſchuld deſſelben entſcheiden ſolle. Schon genug, daß dann der Kaiſer bei der neuen Beſetzung des Herzogthums nicht ohne ſeine Zuſtimmung verfahren zu wollen erklärte. Den kaiſerli- chen Truppen bewilligte er freien Durchzug von Neapel nach Toskana oder der Lombardei. Dagegen verſprach der Kai- 1 Varchi Storia Fiorentina 208. Jovius Historiae 27, 45. 2 Casalis bei Herbert 233.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/136>, abgerufen am 21.11.2024.