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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Friede von Cambray.

Auch mit England ward in Cambray unterhandelt.
Heinrich VIII hatte jedoch zuletzt an dem Kriege so wenig
ernstlichen Antheil genommen, daß sein Friede nur als ein
Anhang zu dem französischen erschien; in der englischen Ge-
schichte wird er kaum erwähnt. Es war schon genug, daß
Frankreich die Schulden, welche der Kaiser bei dem König
contrahirt hatte, von jenen zwei stipulirten Millionen zu
zahlen übernahm. 1

Nichts desto minder hatte die Wendung der Dinge
den größten Einfluß auf England, sie rief eine Catastro-
phe hervor, die für den Augenblick und für immer von
unberechenbarer Wirkung gewesen ist.

Wir wissen, unter welcher Conjunctur politischer Um-
stände der englische Hof die Idee der Ehescheidung des Kö-
nigs gefaßt hatte.

Im Anfang des Jahres 1528 hoffte Wolsey alles
von dem Einfluß des französischen Hofes auf den römischen
Stuhl und von dessen Dankbarkeit und Rücksicht für Eng-
land. Der Papst war im Grunde der Meinung, der Kö-
nig würde am besten thun, wenn er ohne so viel zu fra-
gen eine zweite Frau nähme, und alsdann den apostolichen
Stuhl zu richterlicher Entscheidung auffordere; 2 der Geist

1 Vgl. Commissio ad tractandum de jocalibus recipiendis
bei Rymer VI, II, 19. "cum oratoribus sagt Franz I -- Angliae
regis, pro omnibus obligationibus absque pignore contractis con-
venimus.
2 Casalis 13 Jan. 1513 bei Fiddes p. 461. Quia nullus do-
ctor in mundo est, qui de hac re melius decernere possit, quam
ipse rex; itaque si in hoc se resolverint, ut pontifex credit, statim
committat causam
(in England), aliam uxorem ducat, litem se-
quatur, mittat pro legato.
9*
Friede von Cambray.

Auch mit England ward in Cambray unterhandelt.
Heinrich VIII hatte jedoch zuletzt an dem Kriege ſo wenig
ernſtlichen Antheil genommen, daß ſein Friede nur als ein
Anhang zu dem franzöſiſchen erſchien; in der engliſchen Ge-
ſchichte wird er kaum erwähnt. Es war ſchon genug, daß
Frankreich die Schulden, welche der Kaiſer bei dem König
contrahirt hatte, von jenen zwei ſtipulirten Millionen zu
zahlen übernahm. 1

Nichts deſto minder hatte die Wendung der Dinge
den größten Einfluß auf England, ſie rief eine Cataſtro-
phe hervor, die für den Augenblick und für immer von
unberechenbarer Wirkung geweſen iſt.

Wir wiſſen, unter welcher Conjunctur politiſcher Um-
ſtände der engliſche Hof die Idee der Eheſcheidung des Kö-
nigs gefaßt hatte.

Im Anfang des Jahres 1528 hoffte Wolſey alles
von dem Einfluß des franzöſiſchen Hofes auf den römiſchen
Stuhl und von deſſen Dankbarkeit und Rückſicht für Eng-
land. Der Papſt war im Grunde der Meinung, der Kö-
nig würde am beſten thun, wenn er ohne ſo viel zu fra-
gen eine zweite Frau nähme, und alsdann den apoſtolichen
Stuhl zu richterlicher Entſcheidung auffordere; 2 der Geiſt

1 Vgl. Commissio ad tractandum de jocalibus recipiendis
bei Rymer VI, II, 19. „cum oratoribus ſagt Franz I — Angliae
regis, pro omnibus obligationibus absque pignore contractis con-
venimus.
2 Casalis 13 Jan. 1513 bei Fiddes p. 461. Quia nullus do-
ctor in mundo est, qui de hac re melius decernere possit, quam
ipse rex; itaque si in hoc se resolverint, ut pontifex credit, statim
committat causam
(in England), aliam uxorem ducat, litem se-
quatur, mittat pro legato.
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[131/0147] Friede von Cambray. Auch mit England ward in Cambray unterhandelt. Heinrich VIII hatte jedoch zuletzt an dem Kriege ſo wenig ernſtlichen Antheil genommen, daß ſein Friede nur als ein Anhang zu dem franzöſiſchen erſchien; in der engliſchen Ge- ſchichte wird er kaum erwähnt. Es war ſchon genug, daß Frankreich die Schulden, welche der Kaiſer bei dem König contrahirt hatte, von jenen zwei ſtipulirten Millionen zu zahlen übernahm. 1 Nichts deſto minder hatte die Wendung der Dinge den größten Einfluß auf England, ſie rief eine Cataſtro- phe hervor, die für den Augenblick und für immer von unberechenbarer Wirkung geweſen iſt. Wir wiſſen, unter welcher Conjunctur politiſcher Um- ſtände der engliſche Hof die Idee der Eheſcheidung des Kö- nigs gefaßt hatte. Im Anfang des Jahres 1528 hoffte Wolſey alles von dem Einfluß des franzöſiſchen Hofes auf den römiſchen Stuhl und von deſſen Dankbarkeit und Rückſicht für Eng- land. Der Papſt war im Grunde der Meinung, der Kö- nig würde am beſten thun, wenn er ohne ſo viel zu fra- gen eine zweite Frau nähme, und alsdann den apoſtolichen Stuhl zu richterlicher Entſcheidung auffordere; 2 der Geiſt 1 Vgl. Commissio ad tractandum de jocalibus recipiendis bei Rymer VI, II, 19. „cum oratoribus ſagt Franz I — Angliae regis, pro omnibus obligationibus absque pignore contractis con- venimus. 2 Casalis 13 Jan. 1513 bei Fiddes p. 461. Quia nullus do- ctor in mundo est, qui de hac re melius decernere possit, quam ipse rex; itaque si in hoc se resolverint, ut pontifex credit, statim committat causam (in England), aliam uxorem ducat, litem se- quatur, mittat pro legato. 9*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/147>, abgerufen am 21.11.2024.