Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Viertes Capitel.
den König von England zu excommuniciren, weil das Volk
sich alsdann gegen denselben empören würde. 1 Aber auch
ohnedieß ward England durch diese Sache so lebhaft in sich
selbst beschäftigt, daß es an den allgemeinen Verwickelun-
gen zunächst wenig Theil nehmen konnte.



Hatte der Kaiser Frankreich und den Papst zum Frie-
den genöthigt, so behielt er auch in Bezug auf England
freie Hand. Eben darauf kam es ihm jetzt vor allem an.
Er trug Sorge auch noch eine andre Streitigkeit zu besei-
tigen, die im entfernten Orient zwischen Castilien und Por-
tugal ausgebrochen war. Beide Kronen glaubten Anspruch
auf den Besitz der Molukken machen zu dürfen, und hat-
ten militärische Besatzungen dahin gesendet. Zwischen diesen
war es dort zu lebhaften und mörderischen Feindseligkeiten
gekommen, die schon in den Eingebornen den Gedanken
erweckten, die Einen so gut wie die Andern zu verjagen.
Noch kannte man nicht die volle Bedeutung dieser Inseln.
Carl V entschloß sich seine Ansprüche fallen zu lassen. Die
Portugiesen kauften ihm dieselben um 350000 Duc. ab,
und machten sich anheischig, ihm diese Summe in kurzen
Fristen zu bezahlen. 2

Carl war nunmehr entschlossen, wenn wir nicht sagen
wollen zur Vollführung weiterer Plane, doch gewiß zu
vollständigerer Ergreifung seiner großen Stellung, sich nach

1 Vgl. die Auszüge aus dem Schreiben von Chapuis an Carl
in Hormayrs Archiv 1810 p. 131. Der Joncquim, dessen dort ge-
dacht wird, ist wohl kein anderer als der Genuese Johann Joachim,
der auch sonst oft vorkommt.
2 Herrera Historia de las Indias Diec. IIII, lib. V, p. 117.

Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel.
den König von England zu excommuniciren, weil das Volk
ſich alsdann gegen denſelben empören würde. 1 Aber auch
ohnedieß ward England durch dieſe Sache ſo lebhaft in ſich
ſelbſt beſchäftigt, daß es an den allgemeinen Verwickelun-
gen zunächſt wenig Theil nehmen konnte.



Hatte der Kaiſer Frankreich und den Papſt zum Frie-
den genöthigt, ſo behielt er auch in Bezug auf England
freie Hand. Eben darauf kam es ihm jetzt vor allem an.
Er trug Sorge auch noch eine andre Streitigkeit zu beſei-
tigen, die im entfernten Orient zwiſchen Caſtilien und Por-
tugal ausgebrochen war. Beide Kronen glaubten Anſpruch
auf den Beſitz der Molukken machen zu dürfen, und hat-
ten militäriſche Beſatzungen dahin geſendet. Zwiſchen dieſen
war es dort zu lebhaften und mörderiſchen Feindſeligkeiten
gekommen, die ſchon in den Eingebornen den Gedanken
erweckten, die Einen ſo gut wie die Andern zu verjagen.
Noch kannte man nicht die volle Bedeutung dieſer Inſeln.
Carl V entſchloß ſich ſeine Anſprüche fallen zu laſſen. Die
Portugieſen kauften ihm dieſelben um 350000 Duc. ab,
und machten ſich anheiſchig, ihm dieſe Summe in kurzen
Friſten zu bezahlen. 2

Carl war nunmehr entſchloſſen, wenn wir nicht ſagen
wollen zur Vollführung weiterer Plane, doch gewiß zu
vollſtändigerer Ergreifung ſeiner großen Stellung, ſich nach

1 Vgl. die Auszuͤge aus dem Schreiben von Chapuis an Carl
in Hormayrs Archiv 1810 p. 131. Der Joncquim, deſſen dort ge-
dacht wird, iſt wohl kein anderer als der Genueſe Johann Joachim,
der auch ſonſt oft vorkommt.
2 Herrera Historia de las Indias Diec. IIII, lib. V, p. 117.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0156" n="140"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nftes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
den König von England zu excommuniciren, weil das Volk<lb/>
&#x017F;ich alsdann gegen den&#x017F;elben empören würde. <note place="foot" n="1">Vgl. die Auszu&#x0364;ge aus dem Schreiben von Chapuis an Carl<lb/>
in Hormayrs Archiv 1810 <hi rendition="#aq">p.</hi> 131. Der Joncquim, de&#x017F;&#x017F;en dort ge-<lb/>
dacht wird, i&#x017F;t wohl kein anderer als der Genue&#x017F;e Johann Joachim,<lb/>
der auch &#x017F;on&#x017F;t oft vorkommt.</note> Aber auch<lb/>
ohnedieß ward England durch die&#x017F;e Sache &#x017F;o lebhaft in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;chäftigt, daß es an den allgemeinen Verwickelun-<lb/>
gen zunäch&#x017F;t wenig Theil nehmen konnte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Hatte der Kai&#x017F;er Frankreich und den Pap&#x017F;t zum Frie-<lb/>
den genöthigt, &#x017F;o behielt er auch in Bezug auf England<lb/>
freie Hand. Eben darauf kam es ihm jetzt vor allem an.<lb/>
Er trug Sorge auch noch eine andre Streitigkeit zu be&#x017F;ei-<lb/>
tigen, die im entfernten Orient zwi&#x017F;chen Ca&#x017F;tilien und Por-<lb/>
tugal ausgebrochen war. Beide Kronen glaubten An&#x017F;pruch<lb/>
auf den Be&#x017F;itz der Molukken machen zu dürfen, und hat-<lb/>
ten militäri&#x017F;che Be&#x017F;atzungen dahin ge&#x017F;endet. Zwi&#x017F;chen die&#x017F;en<lb/>
war es dort zu lebhaften und mörderi&#x017F;chen Feind&#x017F;eligkeiten<lb/>
gekommen, die &#x017F;chon in den Eingebornen den Gedanken<lb/>
erweckten, die Einen &#x017F;o gut wie die Andern zu verjagen.<lb/>
Noch kannte man nicht die volle Bedeutung die&#x017F;er In&#x017F;eln.<lb/>
Carl <hi rendition="#aq">V</hi> ent&#x017F;chloß &#x017F;ich &#x017F;eine An&#x017F;prüche fallen zu la&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
Portugie&#x017F;en kauften ihm die&#x017F;elben um 350000 Duc. ab,<lb/>
und machten &#x017F;ich anhei&#x017F;chig, ihm die&#x017F;e Summe in kurzen<lb/>
Fri&#x017F;ten zu bezahlen. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">Herrera Historia de las Indias Diec. IIII, lib. V, p.</hi> 117.</note></p><lb/>
          <p>Carl war nunmehr ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wenn wir nicht &#x017F;agen<lb/>
wollen zur Vollführung weiterer Plane, doch gewiß zu<lb/>
voll&#x017F;tändigerer Ergreifung &#x017F;einer großen Stellung, &#x017F;ich nach<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0156] Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel. den König von England zu excommuniciren, weil das Volk ſich alsdann gegen denſelben empören würde. 1 Aber auch ohnedieß ward England durch dieſe Sache ſo lebhaft in ſich ſelbſt beſchäftigt, daß es an den allgemeinen Verwickelun- gen zunächſt wenig Theil nehmen konnte. Hatte der Kaiſer Frankreich und den Papſt zum Frie- den genöthigt, ſo behielt er auch in Bezug auf England freie Hand. Eben darauf kam es ihm jetzt vor allem an. Er trug Sorge auch noch eine andre Streitigkeit zu beſei- tigen, die im entfernten Orient zwiſchen Caſtilien und Por- tugal ausgebrochen war. Beide Kronen glaubten Anſpruch auf den Beſitz der Molukken machen zu dürfen, und hat- ten militäriſche Beſatzungen dahin geſendet. Zwiſchen dieſen war es dort zu lebhaften und mörderiſchen Feindſeligkeiten gekommen, die ſchon in den Eingebornen den Gedanken erweckten, die Einen ſo gut wie die Andern zu verjagen. Noch kannte man nicht die volle Bedeutung dieſer Inſeln. Carl V entſchloß ſich ſeine Anſprüche fallen zu laſſen. Die Portugieſen kauften ihm dieſelben um 350000 Duc. ab, und machten ſich anheiſchig, ihm dieſe Summe in kurzen Friſten zu bezahlen. 2 Carl war nunmehr entſchloſſen, wenn wir nicht ſagen wollen zur Vollführung weiterer Plane, doch gewiß zu vollſtändigerer Ergreifung ſeiner großen Stellung, ſich nach 1 Vgl. die Auszuͤge aus dem Schreiben von Chapuis an Carl in Hormayrs Archiv 1810 p. 131. Der Joncquim, deſſen dort ge- dacht wird, iſt wohl kein anderer als der Genueſe Johann Joachim, der auch ſonſt oft vorkommt. 2 Herrera Historia de las Indias Diec. IIII, lib. V, p. 117.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/156
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/156>, abgerufen am 24.11.2024.